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Der Traum vom Anderssein

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Gaya

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New PostErstellt: 31.05.05, 21:49  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

11. Teil

Vier Wolfshunde brachen durchs Gebüsch und gingen knurrend auf Cassie und Anna los. Bevor sie den Beiden jedoch zu nahe kamen, wurden sie zurückgerufen. Hinter den Hunden tauchten die Jungs auf, die die Mädchen schon im Camp gesehen hatten. Ohne viele Worte geleiteten die Jungen die Beiden und deren Tiere zurück ins Camp, wo sie bereits von Amira erwartet wurden.

 

Amira, Anna und Cassie saßen den Nachmittag über – bei einigen Tassen Tee – beisammen und plauderten darüber, woher sie kamen und wohin sie wollten. Als es langsam Abend wurde, wurde Cassie unruhig. „Keine Angst, hier im Camp droht euch keine Gefahr“, versuchte Amira sie zu beruhigen, „sie sind keine so blutrünstigen, menschenfressenden Bestien, wie es die Werwölfe in so manchem Film waren. Keine dieser merkwürdigen, sich auf zwei Beinen fortbewegenden Wolfs-Mensch-Mischwesen... Ich möchte sie nicht zu sehr verharmlosen, doch sie würden nie jemandem im Camp etwas zuleide tun.“  „Aber was ist mit -“  „Euren Freundinnen werden sie auch nichts tun, sollten diese in der Nähe sein.“  Cassie war noch nicht völlig beruhigt, doch Remus näherte sich ihnen und unterbrach sie. „Möchtest du uns begleiten, Schwester?“ wandte er sich an Anna und streckte ihr seine Hände entgegen. Anna zögerte nicht lange und fasste seine Hände, worauf Remus sie an sich zog. „Gern“ hauchte sie. Die ganze Zeit über konnte sie ihren Blick nicht von seinen Augen abwenden. Cassie glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Ohne sie weiter zu beachten, verließ Anna Arm in Arm mit Remus das Lager, einige andere Tribe-Mitglieder folgten ihnen.

 

Mittlerweile war der Mond aufgegangen und leuchtete hell über dem Lager. Wolfsrufe hallten durch den Wald. Cassie saß noch immer am Feuer und schaute in den Wald. Sie hoffte, dass Anna wusste, was sie tat. „Anna weiß, was sie tut.“ Amira, die kurz in ihrem Wohnwagen verschwunden war, war mit einem Paar Decken zurückgekehrt, von denen sie eine Cassie gab. Erstaunt sah Cassiopeia das Mädchen an. „Woher weißt du...?“  „Die Gabe der Verwandlung ist nicht unsere einzige Fähigkeit.“  „Können alle -“  „Nein“, meinte Amira lächelnd, „nur ein kleiner Teil.“  „Von wem habt ihr sie?“  „Von meiner Großmutter. Sie verstand viel von Magie.“  Amira begann zu kichern. „Entschuldige, aber das muß sich ja fast schon nach dem Märchen vom Rotkäppchen anhören.“  Cassie schmunzelte, aber sie traute den Dakern noch immer nicht völlig. Doch das würde sie Amira ganz bestimmt nicht wissen lassen.

 

„Warum stört es dich so, dass Remus mit Anna unterwegs ist? Es hat nichts damit zu tun, was er ist, richtig?“  Cassie blickte zu Amira, einen Augenblick sahen sie sich schweigend an. Dann erhob sich Amira, griff in einen kleinen Lederbeutel, der am Gürtel ihres Rockes hing, holte scheinbar etwas heraus und warf es ins Feuer. Das Feuer loderte hell auf, eine große Rauchsäule stieg gen Himmel.  Plötzlich hatte es den Anschein, als tauchten zwei gelbe Augen im Rauch auf... der dichte, weiße Qualm formte sich zu einem Kopf... Es war der Kopf eines Tigers. Nun manifestierte sich auch der Rest des Körpers. Der Tiger erhob seine Pranken vor Cassies Augen zum Sprung. Er machte einen Satz nach vorn, dann wendete er den Kopf, bog geschmeidig seinen Körper um die Rauchsäule und schien sich mit ihr nach oben zu winden. Bald war er nicht mehr zu sehen. Das Feuer wurde wieder schwächer, nur noch eine kleine Rauchfahne stieg davon empor.  Cassie wusste, was es mit der Erscheinung auf sich hatte, verlor jedoch kein Wort darüber. Allerdings fragte Amira sie auch nicht danach. Stattdessen bot sie ihr an, in ihrem Wagen zu übernachten.

 








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Gaya

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New PostErstellt: 31.05.05, 21:54  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

12. Teil

Mitten in der Nacht schwoll das Geheul der Wölfe urplötzlich an und ließ Cassie aus dem Schlaf schrecken. Doch da war noch ein anderes Geräusch, das ihre Aufmerksamkeit weckte. Es war weder wölfisch noch menschlich. Cassie verließ den Wohnwagen und schaute sich um. Einige Daker waren ebenfalls bereits draußen und versuchten herauszubekommen, was los war.  Da war das Geräusch wieder. Es hörte sich ganz nach einer Raubkatze an. Was es für eine war, wusste Cassiopeia nicht. Nur eines wusste sie ganz sicher: es war kein Vertreter der Gattung Panthera leo oder tigris. Deren Laute kannte sie gut.

Ein großer, weißer Schatten huschte am Rand der Lichtung vorbei und ward schnell wieder spurlos verschwunden, noch bevor Cassie hatte erkennen können, was es war. Im Camp herrschte Aufregung. Weitere Daker hatten ihre Wagen und Zelte verlassen. Niemand wusste, was vor sich ging.  Amira trat an Cassies Seite. Der Schmerzensschrei von einem der Wölfe hatte sie aus dem Wagen gelockt.  Auf einmal spürte Cassie die Anwesenheit einer starken Macht. Instinktiv drehte sie sich um – und entdeckte den weißen Schatten am anderen Ende der Lichtung. Diesmal verharrte er einen Moment, gerade so lange, dass ihn die Daker nicht zu fassen bekamen. Nun erkannte Cassie, worum es sich handelte. Unmerklich nickte sie in seine Richtung. Amira schaute sie fragend an, doch ihr war klar, dass sie keine Antwort bekommen würde.  Wieder verschwand der Schatten und Cassie wusste, dass er zumindest in dieser Nacht nicht zurückkehren würde. Ein kleinerer, dunkler Schatten folgte ihm einen Augenblick später.

„Der Spuk ist vorbei“, meinte sie daher ruhig und Amira stimmte ihr zu. Sicherheitshalber suchte Cassie den Wald mit Hilfe ihrer Fähigkeiten aus dem Camp heraus noch einmal ab und stellte beruhigt fest, dass alle Wölfe wohlauf zu sein schienen. Sie teilte es Amira mit, die es daraufhin ihrem Tribe berichtete.  Bis auf ein paar Wachen zogen sich die Daker wieder in die Zelte und Wagen zurück. So manchem fiel das Schlafen nach der Aufregung nicht leicht, doch bald lag wieder Ruhe über dem Camp.

 

Als der Morgen graute, kehrten Anna und die anderen ins Lager zurück. Einer der Jungen humpelte leicht, aber keiner war ernstlich verletzt. Sie wurden bereits sehnsüchtig erwartet und mit Fragen überhäuft. Gespannt lauschten Cassie und die Daker, welche die Nacht im Camp verbracht hatten, den Erzählungen der anderen.  Sie berichteten alle von einer großen, schwarzen Katze, die plötzlich aufgetaucht war. Die Katze war den Wölfen zu nahe gekommen, weshalb diese sie angegriffen hatten.  Mit einem Mal hatte jedoch eine unerklärliche Kraft die Wölfe zurückgedrängt und so der Katze zur Flucht verholfen. Weder die Daker noch Anna hatten dafür eine Erklärung.

 

Ånna war hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie herausbekommen, was das für eine seltsame Kraft gewesen war und was es mit der Katze auf sich hatte, andererseits wollte sie gerne noch bei den Dakern bleiben. Sie unterhielt sich mit Cassie darüber. „Vielleicht war es ja Phantom?“ meinte Cassie. „Nein, es war kein Leopard, da bin ich mir sicher“, erwiderte Anna. Sie kannte die Laute von ‚Phantom’ – dem schwarzen Panther eines Bekannten – gut genug. „Eher ein Jaguar“, fuhr sie fort. „Hier? In Ungarn?“ „Das ist es ja, was mich wundert. Vor allem, da diese Tiere gewöhnlich nicht in Zirkussen oder von Privatpersonen gehalten werden. Wo sollte er also herkommen?“  Sie diskutierten noch eine Weile, bis es Cassie irgendwie gelang, Anna zu überzeugen, nicht kopflos irgendwelchen Phantomen hinterherzujagen. Anna wiederum schaffte es, Cassie zu überreden, noch ein wenig zumindest in der Nähe der Daker zu bleiben. Sie entschlossen sich, ein Stück weiterzuziehen und die anderen Hexen zum Camp zu lotsen. Amira erklärte sich damit einverstanden, sie freute sich sogar über weitere Gäste.

Anna überlegte, wie sie den anderen eine Nachricht zukommen lassen konnte. Jay C war noch zu weit entfernt. Als sie Remus sah, kam ihr eine verrückte Idee – doch dazu musste sie in ihre Dimension zurück. „Kannst du ein Tor nach Hause öffnen?“ fragte sie ihre Freundin. Als Cassie nickte, erzählte sie ihr, was sie vorhatte. Zu ihrer Überraschung gelang es ihr, Cassies Zustimmung zu bekommen. Noch erstaunlicher fand sie es, dass Cassie sich freiwillig bereit erklärte, selbst durch das Tor zu gehen. Dankbar umarmte Anna sie, bevor sie das Tor aus purer, magischer Energie öffnete und hindurchschritt. Nun konnte Anna nur noch hoffen, dass Johanna mitspielte.  Bereits wenig später kehrte Cassie mit Rosalie, der Schleiereule, auf dem Arm zurück.

 








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New PostErstellt: 01.06.05, 23:39  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

13. Teil

Noch einmal durchquerten die Mädchen ein waldiges Gebiet – vermutlich das vorerst letzte für längere Zeit, denn dahinter begann die Puszta – die ungarische Steppe. Sie ritten einen schmalen Pfad entlang, immer tiefer in den Wald hinein, bis sie zu einer Gabelung kamen. Dort blieben sie stehen und sahen sich um. Welchem Weg sollten sie folgen? Es gab zwar einen Wegweiser, doch der half ihnen auch nicht weiter, vor allem, da keine von ihnen ungarisch konnte. „Welchen Weg sollen wir nehmen?“ fragte Cheyenne. „Es dämmert bereits.“ „Keine Ahnung“, antwortete Maeve. „Was wir bräuchten, wäre ein Zeichen“, meinte Hope. Plötzlich wurden Jay C, der Falke, und Una, die Rabenkrähe, unruhig und zappelten auf Maeves und Chenoas Armen. „Was ist denn, JC, ist dort irgendetwas?“ fragte Maeve den Falken. Er gab einen kurzen Schrei von sich. Auf einmal hörten die Mädchen über sich einen Ruf, fast wie eine Antwort auf JC’s Ruf. Im nächsten Augenblick landete fast völlig lautlos eine Eule auf dem linken Pfeil des Wegweisers. Mit großen Augen blickte sie zu den Mädchen, dann drehte sie ihren Kopf zum linken Weg und setzte anschließend ihren Flug fort. Einen Moment lang herrschte Stille, dann fragte Alisha: „Meint ihr, das war...“ „Ich glaub schon“, wurde sie von Cheyenne unterbrochen. „Ja“, meinte Maeve zustimmend. „Hope, da hast du dein Zeichen.“ Maeve zwinkerte ihr zu. Dann gings weiter – auf dem linken Weg.

Nach nur wenigen Metern sahen sie plötzlich einen flackernden Lichtschein zwischen den Bäumen vor sich. Sie waren scheinbar nicht die einzigen hier im Wald. Je näher sie der Stelle kamen, desto deutlicher waren auch Stimmen zu hören. Mit einem Mal begannen die Pferde zu wiehern... was mit Gewieher von anderen Pferden aus der selben Richtung, woher die Stimmen kamen, beantwortet wurde. Angst überkam sie - vor allem die jüngeren Mädchen. „Vielleicht hätten wir doch lieber den anderen Weg nehmen sollen!?“ meinte Lily. „Keine Angst, es wird schon richtig sein. Sonst hätte sie uns nicht hergeführt.“ „Und wenn sie es doch nicht war?“ „Sie wars“, sagte Maeve zuversichtlich und lächelte.

***

„Zigeuner-Gold klimpert und glitzert nicht – es glänzt in der Sonne und wiehert im Dunkeln.“

Die Mädchen erreichten eine große Lichtung, auf der ein Camp – bestehend aus alten Wohnwagen und Zelten – errichtet war. Am Rand grasten einige Ponys und auch größere, kräftige Pferde, die wohl als Zugtiere eingesetzt wurden. In der Mitte des Lagers saßen einige Kinder und Jugendliche beinahe jeden Alters und wärmten sich an einem Lagerfeuer. Der Frühling zog langsam ins Land, doch die Nächte konnten noch immer eisig sein.
Ein Mädchen, etwa 17 Jahre alt, in einen dicken Umhang gehüllt, unter dem ein Stück von ihrem Flickenrock zu sehen war, hatte sich erhoben und kam nun auf Maeve und die anderen, die mittlerweile von ihren Pferden gestiegen waren, zu. „Hallo“, meinte Maeve freundlich, „entschuldigt bitte, wir wollen euch nicht stören, wir suchen nur einen Platz für die Nacht.“ „Hallo. Ihr könnt gerne hier bleiben, es ist ja schon dunkel. Wir haben nichts gegen Gäste.“ Sie zeigte zu den anderen am Feuer und fuhr fort: „Wir sind Traveller und gehören zum Daker-Tribe. Wir haben gerade unser Winterquartier verlassen, um wieder durchs Land zu ziehen. Ich heiße Amira. Und wer seid ihr?“ „Wir sind die Nereiden“, antwortete Chenoa. Dann stellten sich die Mädchen kurz vor.
Überraschend meinte das Traveller-Mädchen: „Wir haben übrigens eine gemeinsame Freundin. Sie hat uns gesagt, dass ihr kommen würdet.“ Die Mädchen lachten. Sie konnten sich gut vorstellen, wen Amira meinte. „Ist sie hier?“ fragte Caprice neugierig. „Nein. Aber ich glaube, sie ist noch in der Nähe. Allerdings weiß ich nicht, wo.“ Caprice war fast ein wenig enttäuscht, doch das hielt nicht lange an. Nachdem Niamh den Wagen an eine geeignete Stelle gefahren hatte und sich die Mädchen um ihre Tiere gekümmert hatten, gesellten sie sich zu Amira und den anderen ans Feuer.
***
Einer der Jungs, sein Name war Lycaon, erzählte eine Geschichte.

„Ein Junge wurde im Alter von 10 Jahren von seiner Mutter zu seinem Onkel in den Wald geschickt. Der Onkel beschloß, den Jungen an ein abenteuerliches Leben zu gewöhnen und so zogen sie den ganzen Sommer durch den Wald und überfielen Männer, um sie zu berauben.
So geschah es eines Tages, als sie auszogen Beute zu machen, dass sie ein Haus fanden. In dem Haus befanden sich 2 Männer mit dicken Goldringen, die schliefen. Über ihren Köpfen hingen Wolfsfelle. Die Männer waren verwunschene Königssöhne, die als Wölfe leben mussten. Nur alle fünf Tage konnten die Prinzen aus ihrem Wolfsfell schlüpfen.
Der Onkel und der Junge schlüpften in das Wolfsfell und sie verwandelten sich augenblicklich in Wölfe. Sie heulten und sie verstanden gegenseitig ihr Geheul. Von nun an mussten sie als Wölfe durch die Wälder ziehen. Erst als sie es schafften, an einem fünften Tag aus den Wolfsfellen zu schlüpfen, entkamen sie ihrem Wolfsdasein.“


Kaum hatte Lycaon seine Erzählung beendet, ertönte ganz in der Nähe das schaurige Heulen eines Wolfes. „Der Junge oder sein Onkel?“ fragte eines der Kinder. Die Kids mussten lachen. Noch immer heulte der Wolf, doch es klang noch näher als zuvor. Während ein paar kleinere Kinder ängstlich dreinblickten, blieben die älteren des Daker-Tribes völlig gelassen. Beinahe ebenso gelassen blieben auch die Tiere der Daker und auch die der Nereiden. Die Pferde schauten kurz in die Richtung, aus der das Heulen kam, schnaubten einmal und widmeten sich dann wieder dem Fressen.
Caprice, die beinahe wie gebannt ebenfalls in die Richtung blickte, meinte plötzlich mit einem verschmitzten Lächeln:

„Und die Moral von der Geschicht:
Mädchen, weich vom Wege nicht!
Bleib allein und halt nicht an.
Traue keinem fremden Mann.
Geh nie bis zum bittren Ende,
Gib dich nicht in fremde Hände.
Deine Schönheit zieht sie an,
und ein Wolf ist jeder Mann.
Merk dir eines:
In der Nacht
ist schon mancher Wolf erwacht.
Weine um sie keine Träne,
Wölfe haben scharfe Zähne!“








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New PostErstellt: 01.06.05, 23:46  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

14. Teil

Bis tief in die Nacht saßen die Nereiden zusammen mit Amira und ein paar weiteren Mädchen am Feuer und unterhielten sich. Lycaon hatte zusammen mit seinem Bruder Cuon und einigen anderen Dakern kurz vor Mondaufgang das Camp verlassen. Ein wenig abseits saß eine kleine Zahl weiterer Daker und sah argwöhnisch zu den Fremden. Auf einmal meinte Amira freudig zu den Gästen: „Ich kann die Zukunft vorhersagen. Interessiert?“ Die Nereiden blickten einander fragend an. Schließlich nickte Cheyenne und nach kurzem Zögern stimmten auch die anderen zu. Amira lief schnell zu ihrem Wagen und kam kurz danach mit einer Kristallkugel zurück. Sie setzte sich im Schneidersitz wieder ans Feuer und schaute beschwörend in die Kugel. Mit einem Mal begann die Kugel zu glühen. „Ihr habt eine lange Reise hinter euch“, begann das Traveller-Mädchen. „Eine sehr lange Reise“, stimmte Hope zu. „Und ihr habt noch eine sehr lange Reise vor euch“, fuhr Amira fort. „Eine nicht ganz ungefährliche Reise, Viele Abenteuer, aber auch Gefahren warten noch auf euch, bevor ihr euer Ziel erreicht. Die Sterne stehen jedoch gut, so dass eure Suche von Erfolg gekrönt sein dürfte.“

„Was siehst du sonst noch?“ wollte Ally wissen. „Siehst du auch noch etwas Genaueres?“ fragte Caprice. „Moment. Ja, da ist etwas. Ich sehe... ein Gebäude, ein großes, altes Gebäude. Es ist von Wiesen und Wasser umgeben. Und da ist... etwas mystisches... aaahhh“ Amira schrie auf und ließ die Kugel fallen. „Was ist?“ fragte Maeve besorgt. „Sorry, ich hab mich nur etwas erschrocken, weil plötzlich eine große Fledermaus auf mich zukam. Da war irgendetwas... etwas...unheimliches an dem Tier.“ „Vielleicht war es ja ein Vampyrus?“ meinte Chenoa. Maeve warf ihr einen leicht ärgerlichen Blick zu. „Ich rede von einer Vampirfledermaus. Was dachtest denn du?“ Maeve antwortete ihr nicht. Chenoa konnte sich auch so denken, was sie dachte. Sie mussten vorsichtig sein, um nicht zuviel zu verraten. Das konnte alles gefährden!

„Es ist schon spät. Ich glaub, wir sollten langsam schlafen gehen“, meinte Niamh in ruhigem Ton. Müde nickten ihr die restlichen Nereiden zu. Auch Amira und die letzten noch wachen Daker nickten ihr müde zu und wünschten allen eine gute Nacht. Dann begaben sie sich in ihre Wagen und Zelte. Die Jüngsten der Nereiden begaben sich zusammen mit Cheyenne ebenfalls in ihr Zelt, welches Niamh und Lily während Amiras Zukunftsvorhersage aufgebaut hatten. Die übrigen legten sich mit ihren Schlafsäcken und Decken ans Feuer. Die Hunde schlossen sich ihnen an. Als Tara sich an ihr Frauchen schmiegte und dabei halb auf ihr lag, fragte sich Maeve, ob sie die Dogge nicht besser bei nächster Gelegenheit gegen einen Yorkshire-Terrier eintauschen sollte.

Schon bald lag friedliche Stille über dem Camp.








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New PostErstellt: 10.07.05, 21:56  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

15. Teil

Auch in dieser Nacht war Anna wieder als ‚Lupina’ mit Remus und den anderen unterwegs. Cassie gefiel das zwar nicht sonderlich, doch sie wusste, dass sie Anna nicht davon abzuhalten vermochte. Anna brauchte keine Kräfte, um zu wissen, was Cassie daran störte. Die Kalderash fürchtete, dass Anna ihre Freundschaft –ihre Liebe- zu Ben aufs Spiel setzte – für jemanden, mit dem sie eh nicht zusammenbleiben konnte, nicht zusammenbleiben durfte. Bei all dem, was Cassiopeia mit Ben verband, wollte sie einfach nicht, dass ihm wehgetan wurde. Annas Gefühle fuhren im Augenblick Achterbahn. Ihr Verstand sagte ihr, dass die Zeit mit Remus nicht von langer Dauer war, doch ihr Herz sagte etwas anderes. Ihr Herz? Nein, es war wohl eher die Wölfin in ihr.
Lupina lief in die Nacht hinaus. Diese letzten (Vollmond-) Stunden mit Remus wollte sie noch einmal genießen.

Sie war schon einige Zeit mit den anderen Wölfen unterwegs, als sie einen Ruf vernahm, der sie innehalten ließ.



***

Maeve wachte auf. Noch etwas schlaftrunken sah sie sich um. Es war noch immer Nacht. Wieso war sie aufgewacht? Sie wusste es zuerst nicht, aber dann merkte sie, dass Tara verschwunden war. Doch das war noch nicht alles. Die Pferde schnaubten wild und scharrten mit den Hufen. Im Schein des – nur noch geringen – Feuers konnte Maeve einige Schatten ausmachen. Mehrere Augenpaare leuchteten in der Dunkelheit auf. Das Feuer reichte nicht mehr aus, um genaueres sehen zu können. Maeve schloß einen Moment ihre Augen und als sie sie wieder öffnete, war das Grünbraun einem leuchtenden Goldbraun gewichen. Suchend blickte sie sich um und entdeckte ein Rudel Wölfe (oder doch Hunde?) das durchs Camp streifte.

Die Wölfe liefen – scheinbar auf der Suche nach Futter – teilweise dicht an ihr vorbei. Maeve versuchte ruhig zu bleiben und sich nichts anmerken zu lassen. Allerdings schienen sich die Tiere ohnehin nicht für sie oder die anderen zu interessieren. Einer der Wölfe blieb für einen Moment vor ihr stehen und schaute sie an, dann setzte er seinen Weg ungestört fort. Das Tier hatte eine große, auffällige Narbe im Gesicht.
Maeve entdeckte einen Wolf, der etwas abseits stand und schon eine ganze Weile in ihre Richtung blickte. Als sie seinem Blick auswich, bemerkte sie ihre Dogge, die unter einem Wagen – versteckt hinter einem der Räder – lag. ‚Ok, ich tausche dich gegen einen Yorkshire. Der ist zwar kleiner, aber nicht so ängstlich’, dachte sie. Dann sah sie sich wieder nach den Wölfen um, doch diese waren spurlos verschwunden.

Auf einmal vernahm sie ein leises Schluchzen. Vorsichtig stand sie auf und versuchte herauszubekommen, woher es kam. Je näher sie dem Wagen ihres Tribes kam, desto deutlicher wurde es. Auf dem Bock des Planwagens saß Alisha und weinte. Maeve setzte sich neben sie, legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter und fragte sie sanft: „Hey Ally, was ist denn los?“ „Ich...Ich vermisse meine beste Freundin“, brachte sie schluchzend hervor, „Ich war noch nie so lange von ihr getrennt. Wir sind doch wie Schwestern...“ „Ach Süße, du siehst sie doch bald wieder.“ „Aber ich hab solche Angst, dass ihr was passiert. Ausgerechnet jetzt, wo sie mich braucht, kann ich nicht bei ihr sein.“
Angesteckt von Allys Traurigkeit umarmte Maeve das Mädchen. Wie gerne hätte sie ihr geholfen. Plötzlich erstarrte Ally und schaute wie gebannt an Maeve vorbei. Überrascht drehte Maeve sich um und folgte Allys Blick. Mitten im Camp, keine fünf Meter entfernt, stand der Wolf, der vorher schon Maeve beobachtet hatte. Alisha sprang vom Wagen. Der Wolf rührte sich nicht von der Stelle – auch nicht, als Maeve vom Wagen stieg. Ally und das Tier sahen sich lange in die Augen, keiner der beiden bewegte sich. Mit einem Mal nickte das Mädchen und der Wolf tat es ihr gleich. Hatte er ihr nicht eben sogar zugezwinkert? Maeve war sich nicht ganz sicher.

Der Wolf drehte sich um und lief zurück in den Wald, Alisha folgte ihm. Maeve sah ihr noch eine zeitlang hinterher. Erst als sie ein helles Licht im Wald sah, wandte sie sich lächelnd ab und legte sich wieder schlafen. Die anderen Mädchen schienen von all dem nichts mitbekommen zu haben...




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New PostErstellt: 12.08.05, 23:19  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

16. Teil

In Begleitung der anderen kehrte Lupina ins Camp der Daker zurück. Auf der Suche nach der Person, die sie gerufen hatte, durchstreifte sie das Lager. Die Pferde – von Natur aus Fluchttiere – reagierten etwas nervös, beruhigten sich jedoch bald wieder. Lupina entging nicht, dass Maeve aufgewacht war, doch diese schien nicht zu merken, wer die Wölfin war.
Die Wölfe zogen sich an den Rand des Camps zurück, wo sich Lupina von ihnen verabschiedete. Während sie dablieb, kehrten die anderen in den Wald zurück. Lupina folgte der Stimme, die sie noch immer rief, bis zum Wagen der Nereiden. Wenige Meter davon entfernt blieb sie stehen. Ally saß weinend zusammen mit Maeve auf dem Kutschbock. „Kommst du?“ fragte die Wölfin lautlos per Gedankenkraft das kleine Mädchen. Ally sprang vom Wagen und ging auf Lupina zu. „Du hast meinen Ruf tatsächlich gehört?“ fragte Ally die Wölfin ebenso lautlos per Telepathie. „Aber ja. Also, was ist, soll ich dich zu ihr bringen?“ „Oh ja, bitte!“ Ally nickte. „Na dann komm“, meinte die Wölfin freudig nickend und lief zurück in den Wald, dicht gefolgt von Ally.

Sie führte das Mädchen zu ihrem und Cassies Lagerplatz, wo sie sich zurückverwandelte. Gemeinsam mit Cassie öffnete Anna sodann ein Tor in ihre Welt, durch das sie mit Ally / Abby schritt, um diese zu ihrer Freundin zu bringen, die sie so sehr vermisste. Das helle gelb-orange Licht des Tores , welches aus purer magischer Energie bestand, war im Dunkel der Nacht sicher weithin zu sehen, doch Anna hoffte, dass Remus und die anderen Wölfe, die noch immer durch den Wald strichen, Fremde fernhalten würden.
Abby blieb eine ganze Weile im Krankenhaus bei Charleen, bevor Anna sie wieder zurückbrachte. Abby selbst hatte darauf bestanden, da sie nun gesehen hatte, dass es ihrer Freundin gut ging. Die anderen schliefen noch tief und fest, als Abby / Ally ins Camp zurückkehrte.

***
Wieder einmal wurde Maeve von etwas feuchtem in ihrem Gesicht geweckt. Nur gehörte der „Waschlappen“ diesmal nicht den Zwillingen sondern zu ihrer Dogge Tara. Nachdem Maeve es geschafft hatte, Tara ein wenig zur Seite zu drücken, richtete sie sich auf. Dabei entdeckte sie die Twins, die laut kichernd und prustend an ihr vorbeiliefen. „Wartet mal“, rief Maeve ihnen hinterher. Isa und Ivy blieben stehen und drehten sich zu ihr um. Sie blickten ertappt drein. „Habt ihr die anderen geweckt?“ Leicht schuldbewußt nickten sie. „Keine Angst, ich will nicht schimpfen. Ich möchte nur wissen, ob ihr Ally auch geweckt habt.“ „Klar!“ riefen beide lachend, dann liefen sie weiter. Maeve lächelte zufrieden.

Nach und nach kamen alle in der Mitte des Platzes zum Frühstück zusammen. Caprice setzte sich neben Maeve. Leise flüsterte sie: „Hast du die Hunde gesehen?“ Als Maeve erstaunt zu ihr blickte, deutete Caprice zu einem der hinteren Wagen. Davor lagen vier Hunde, die einen sichtbar großen Wolfsanteil in sich trugen. Waren das etwa die Wölfe von letzter Nacht? Aber das waren doch noch mehr gewesen?
Ein großer, schlanker, etwa 16jähriger Junge nahm gegenüber von Maeve Platz. Er hatte lange, schwarze Haare mit einer weißen Strähne und trug einen abgenutzten, schwarzen Umhang. Sogleich fiel Maeve die große Narbe, die über seine ganze Wange reichte, auf. Bevor sie etwas sagen konnte, stellte Caprice die entscheidende Frage: „Daker – was bedeutet das eigentlich?“ „Die ‚Wolf-Gleichen’“, antwortete Amira, die neben dem Jungen saß, gelassen. Caprice grinste zu Maeve hinüber, die nun auch schmunzelte. „Jetzt wissen wir, wieso wir hierher geführt wurden.“ Amira grinste nun ebenfalls, hörte aber auf, als der Junge zu ihr blickte.

Nach dem Essen machten sich die Nereiden ans packen. Sie hatten schließlich noch einen weiten Weg vor sich. Noch einmal bedankten sie sich bei den Daker für deren Gastfreundlichkeit. „Tja, wisst ihr“, meinte Amira, „leider werden wir von den meisten gemieden. Es war schön, mal jemanden da zu haben, der keine Angst vor uns hat. Grüßt eure Freundinnen von uns, wenn ihr sie seht. Sie meinten, euch würde es hier bei uns gefallen und sie hatten recht, stimmts?“ „Ja“ kam es begeistert fast wie aus einem Mund. „Ich hab gleich gemerkt, dass eure Freundinnen die Wahrheit sagten. Doch ich konnte es nicht glauben, bis ich euch sah. Passt gut auf euch auf und vergesst uns nicht.“ „Euch vergessen? Bestimmt nicht“, erwiderte Cheyenne fröhlich. Schweren Herzens bestiegen sie die Pferde oder kletterten auf den Wagen und setzten die Reise fort.
Sie ließen den Wald hinter sich und durchquerten die nächsten Tage Ungarns Pußta.




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New PostErstellt: 05.09.05, 00:09  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

17. Teil

Nicht lange, nachdem die Nereiden aufgebrochen waren, packten auch die Daker ihre Habe zusammen und zogen weiter. Anna und Cassie schlossen sich ihnen an. Oder war es umgekehrt?  Die Beiden waren sich da nicht so ganz sicher.

***

 

Die Nereiden hatten fast die Grenze zu Österreich erreicht - gerade ritten sie durch ein scheinbar verlassenes Dorf - als Maeve den anderen plötzlich das Zeichen zum Anhalten gab. Schon seit sie in das Dorf gekommen waren, waren sie alle angespannt. Zur Sicherheit ritten sie (bis auf Maeve, die -gefolgt von Tara- einige Meter voraus ritt) eng beieinander. Jederzeit konnten sie auf einen fremden Tribe stoßen, Verstecke gab es hier genug. JC flatterte unruhig auf Maeves Hand und ihre Dogge knurrte ängstlich. Neugierig blickten sich die anderen Nereiden um. Wieso hatte Maeve angehalten?  Dann sahen sie es: Vor ihnen auf der Straße lag etwas, ein seltsames Bündel, welches den Weg versperrte. Vorsichtig ritt Maeve darauf zu, die anderen folgten ihr in einigem Abstand. Das Bündel entpuppte sich beim Näherkommen als ein Mensch, allem Anschein nach war es ein junges Mädchen. Maeve hielt einen Moment inne, blickte dann kurz zu JC und ließ den Falken fliegen. Der Falke kreiste ein paar mal über dem Mädchen, das scheinbar bewusstlos war, drehte dann ab und flog über Maeve (der er einen kurzen Blick zuwarf) ohne jedoch zu landen, stieg höher und verschwand in der Ferne.  Maeve sah sich zu Chenoa um, bat dann Hope, Tara festzuhalten, stieg anschließend von Lords Rücken und ging zu dem Mädchen. Sie kniete sich neben ihr nieder und fasste sie behutsam an der Schulter.  Blitzschnell, bevor Maeve reagieren konnte, drehte sich das Mädchen um, packte sie am Handgelenk, sprang auf die Beine und rief: „Ich hab sie!“  Eilends ka­men hinter den umliegenden Häusern einige Teenager hervor, den Nereiden eindeutig in der Anzahl überlegen.  Zwei kräftig aussehende Jungen packten Maeve an den Armen und zerrten sie nach vorne, wo alle Nereiden sie sehen konnten. Tara bellte kurz laut auf, fletschte die Zähne und knurrte die Fremden an, die die Nereiden umkreist hatten. Ein großer, dunkelhaariger Junge, anscheinend der Anführer, die Augen schwarz geschminkt und ein Totenkopf auf der Wange (wie es auch bei den anderen der Fall war), stellte sich neben die Jungen, die Maeve festhielten und rief den Nereiden zu: „Wenn ihr sie wiederhaben wollt, dann gebt uns all eure Vorräte und eure Pferde.“  Chenoa nickte den anderen Mädchen zu und stieg vom Pferd, während die anderen sichtlich geschockt im Sattel sitzen blieben.  Mit einem Wink des Anführers traten einige Jugendliche aus dem Kreis und griffen grob nach den Zügeln der Pferde. Ein besonders starker Junge ergriff ruppig Dreamdancers Führstrick, was dem Packpferd überhaupt nicht gefiel: Es legte die Ohren an, bäumte sich auf und versuchte, mit dem Kopf nach dem Jungen zu schlagen und zuzubeißen, worauf der Junge noch grober an dem Strick zerrte und ihm den Kopf runterriss. Dreamdancer gab sich widerwillig geschlagen und schaute den Jungen bedrohlich an.  Ein Mädchen und ein Junge sprangen auf den Wagen der Nereiden und inspizierten dessen Inhalt.  Ivy sah wütend zum Anführer. Ihre Augen begannen unheilvoll aufzuleuchten. „Nein, nicht!“ schrie Maeve, der Ivys Blick nicht entgangen war, und versuchte sich loszureißen. Die beiden Jungen traten ihr in die Kniekehlen, worauf Maeve nach vorn auf die Knie fiel (noch immer in festem Griff der Jungen).  Die Situation schien hoffnungslos.

- Fortsetzung folgt -




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[editiert: 29.09.05, 18:23 von Gaya]
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New PostErstellt: 29.09.05, 18:26  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

18. Teil

Anna genoss die Tage, die ihr noch mit Remus und den anderen blieben. Doch auch die schönste Zeit ging einmal zuende. Bald würden sie die österreichische Grenze erreichen, die die Daker nicht überschreiten wollten.  Remus hatte Anna von einem nicht ganz ungefährlichen, feindlichen Tribe erzählt, der an der Grenze sein Unwesen trieb.  Daher hatten die Da­ker ihr Lager in sicherer Entfernung aufgeschlagen.

Die Jungen wollten gerade zur Jagd aufbrechen, als Anna ein vertrautes Geräusch vernahm. Fast schon aus Reflex streckte sie ihren Arm aus, auf dem im nächsten Moment Jay C landete. Sie streichte ihm übers Gefieder, wobei sie ihm tief in die Augen sah. Jay zeigte ihr, was er gesehen hatte.  Anna brauchte Remus nur einen kurzen Blick zuwerfen, und er verstand.  Sogleich rief er zwei der Jungen, Lycaon und Cuon, zu sich um gemeinsam mit Anna den Nereiden zu Hilfe zu eilen.  Cassiopeia blieb derweil im Lager zurück.

***

Die Kids versuchten, die Nereiden von ihren Pferden und vom Wagen zu zerren, doch diese wehrten sich so gut es ging. Plötzlich unterbrach ein schriller Schrei, gefolgt von einem lauten Heulen, das Geschehen. Maeve suchte sogleich Augen­kontakt mit Chenoa, die ihr daraufhin zuzwinkerte. Etwas kam in hoher Geschwindigkeit vom Himmel auf Maeve zuge­schossen. Jay C fuhr seine Krallen aus und stürzte sich auf einen der beiden Jungen, die Maeve noch immer in ihrer Gewalt hatten. Er erwischte ihn am Kopf und ließ erst ab, als der Junge, vor Schmerzen schreiend, mit dem freien Arm nach ihm schlug. Auf einmal wurde der Kreis des feindlichen Tribes von drei schattengleichen Gestalten durchbrochen. Die Drei trugen lange, dunkle Umhänge, ihre Gesichter waren von Kapuzen verdeckt. Eine vierte, kleinere Gestalt tauchte wie ein Geist hinter ihnen auf. Es handelte sich eindeutig um einen Wolf. Ängstlich wichen einige der Teenager zurück. „Jetzt!“ rief Maeve mit einem leichten Lächeln. Schon im nächsten Augenblick nahmen die beiden Jungen unter Schmerzens­schreien ihre Hände von Maeves Armen und hielten sich die schmerzenden Hände. Fragend sahen sie sich an. Keiner von beiden wusste, was geschehen war.

Ivys Augen leuchteten erneut auf, ebenso Isas. Sie fixierten die Kids, die ihre Pferde hielten, worauf diese die Zügel losließen und wild herumzappelnd und schreiend davonliefen. Diejenigen des Tribes, die nicht ängstlich das Weite suchten, stürzten sich auf die Nereiden und die drei Fremden. Die drei verhüllten Gestalten griffen die Jugendlichen, die ihnen am nächsten waren, an und streckten sie gekonnt mit ein paar Schlägen nieder. Chenoa schickte gleich zwei Teens mit ihren Kung Fu-Kenntnissen zu Boden und dankte insgeheim ihrer „Lehrerin“, wo immer diese auch gerade sein mochte. Der Wolf – oder besser gesagt die Wölfin – brauchte meist nur Zähne fletschend und bedrohlich  knurrend auf die Feinde zuzustürzen, um diese in die Flucht zu schlagen. Maeve kümmerte sich um den Anführer. Sie standen sich Auge in Auge gegenüber, keiner bewegte sich. Mit einem Mal nahm das Gesicht des Jungen panische Züge an. „Hör auf! Hör sofort auf!“ schrie er gequält, dann sank er wimmernd auf die Knie.

Ein lautes, platschendes Geräusch ließ alle kurz innehalten und zu Niamh und dem Wagen blicken. Das Mädchen und der Junge, die auf den Wagen geklettert waren, saßen nun sichtlich geschockt, vor allem aber klitschnass – in großen Pfützen - hinter dem Wagen. In ihren Haaren klebten Algen. Niamh schaute leicht schuldbewußt zu Maeve, die bei dem Anblick lauthals lachen musste. Einige Mitglieder des feindlichen Tribes wollten noch immer nicht aufgeben. Als sich einer auf den größten der Fremden stürzte, ließ dieser ein unheimliches Heulen ertönen und schlug ihn mit einem kräftigen Schlag k.o.  „Ruf deine Leute lieber zurück und lasst uns und die Daker (wobei sie zu den drei Fremden blickte) in Zukunft besser in Ruhe, sonst garantiere ich für nichts.“, meinte Maeve zu dem noch immer wimmernden Anführer. Dieser nickte ver­schreckt und pfiff seine Leute – zumindest die, die dazu noch in der Lage waren - zurück. Die Bewußtlosen über den Schultern, verschwand der Tribe, ohne sich umzusehen, wieder hinter den Häusern.  Auch die Wölfin verschwand wieder, nachdem sie Maeve einen kurzen Blick zugeworfen hatte, fast genauso geisterhaft, wie sie erschienen war.




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[editiert: 31.10.05, 21:06 von Gaya]

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New PostErstellt: 31.10.05, 21:05  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

19. Teil

Glücklich lief Maeve zu ihren Freundinnen und den drei Gestalten. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass keiner ernsthaft verletzt war, wandte sie sich an die große Gestalt: „Danke, Remus, dass ihr uns geholfen habt. Ich war nicht si­cher, ob JC euch finden würde.“  Der Daker nahm die Kapuze ab, seine Augen leuchteten kurz goldgelb auf, dann nahmen sie wieder ihre eigentliche braune Farbe an. „Gern geschehen“ antwortete Remus freundlich, „wir sind gleich aufgebrochen, als wir es erfahren haben.“  Auch die anderen Beiden hatten ihre Kapuzen abgenommen.  „Unser Lager ist nicht weit von hier. Wenn ihr wollt, könnt ihr gerne mitkommen. Amira und einige der anderen würden sich sicher freuen, euch wiederzusehen“, sagte Cuon. „Danke, aber das geht leider nicht. Wir müssen weiter.“  „Schade. Aber wenn ihr wieder mal Hilfe braucht, könnt ihr auf uns zählen“, meinte Remus schmunzelnd an Maeve gewandt.  „Und wenn ihr Hilfe braucht, werden wir auch für euch dasein“, erwiderte sie zwinkernd.  Lycaon, Cuon und Remus begleiteten die Mädchen noch bis zur Grenze, dann verabschiedeten sie sich. Diesmal fiel der Abschied fast noch schwerer als beim ersten Mal.

***

 

Auch Anna und selbst Cassiopeia fiel der Abschied von den Dakern schwer. Gleich nach dem Sieg über den feindlichen Tribe war Lupina/Anna ins Camp zurückgekehrt und hatte Cassie und Amira davon berichtet. Es dauerte einige Zeit, bis auch Remus, Lycaon und Cuon wieder zurückgekehrt waren. Noch bis zum Einbruch der Dunkelheit blieben Anna und Cassie im Lager, dann brachen sie auf.  Im Mondenschein ritten sie zur Grenze. Schmunzelnd blickte Anna immer wieder zum Wegesrand. Im blassen Licht des Mondes waren dort – meist halb verborgen hinter Bäumen, die den Weg säumten - drei Schemen zu sehen, die neben den Pferden herliefen. Wer genau hinsah, oder wie die beiden Hexen selbst bei Dunkelheit wie am Tage sehen konnte, konnte erkennen, dass es sich um drei Wölfe handelte.  An der Grenze hielten die Mädchen kurz an, sahen sich noch einmal nach den Wölfen um, um ihnen Lebwohl zu sagen, und ritten dann weiter. Dass ihnen dabei zwei weitere Schatten – ein größerer und ein kleinerer - in einiger Entfernung folgten, bemerkten sie nicht...




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New PostErstellt: 20.11.05, 15:03  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

20. Teil

Österreich

Die Straßenränder waren gesäumt von vor sich hinrostenden Autowracks und Müll. Nur den Häusern sah man zum Teil  noch an, wie es hier früher – vor dem Virus – einmal gewesen sein musste.  Sicher führte Maeve die Nereiden durch die Stadt. Sie und Chenoa waren als einzige schon einmal hier gewesen, in früheren Zeiten.

Bei einem der Autos spielte eine Gruppe Kinder. Als sie die Nereiden entdeckten, hielten sie kurz inne, doch dann spiel­ten sie weiter. Maeve überlegte, anzuhalten, doch da die Kinder keinerlei Notiz mehr von den Fremden nahmen, ließ sie es.

 

Langsam ritten die Nereiden weiter durch die Straßen, auf der Suche nach einem geeigneten Quartier für die Nacht.  „Irgendwie fehlt hier was“, meinte Chenoa auf einmal.  „Stimmt“, antwortete Maeve, „schade eigentlich.“  Doch plötzlich hörte sie etwas verdächtiges und ließ die anderen anhalten.  Die Pferde und auch der Wagen standen ziemlich still in einer Reihe am Straßenrand, dennoch war der Hufschlag trabender Pferde zu hören. Zuerst recht leise, doch schon bald war das Geräusch deutlich zu hören – die Pferde mussten in der Nähe sein.  Lord begann zu wiehern, worauf aus der Ferne eine Antwort ertönte. Neugierig blickten sich alle um.  Dort, noch einige 100 Meter entfernt, erschienen zwei weiße Pferde, die vor eine Kutsche gespannt waren. In zügigem Trab kam sie schnell näher.  „Eine Kutsche!“ riefen die Twins gleichzeitig.  „Das ist ein Fiaker“, antwortete Chenoa fröhlich und sah zu Maeve, die grinste. Die Zwillinge schauten die Beiden verwirrt an. Während der Fiaker näher kam, erklärte Chenoa ihnen daher, was es damit auf sich hatte.

 

Dicht neben den Nereiden und ihren Tieren kam das fremde Gespann zum Stehen. Auf dem Kutschbock saß ein circa 14jähriges Mädchen, welches die ihm fremden Reiter freudig begrüßte.  „Entschuldigt, aber ich habe einfach schon lange keine anderen Reiter mehr gesehen“, erklärte sie ihre Freude, „und außer der alten Susi und dem nicht viel jüngeren Napoleon hier gibt es fast keine Pferde mehr in der Stadt. Ich heiße übrigens Sistina.“  „Hallo, ich bin Maeve. Weißt du vielleicht einen guten Platz, wo wir übernachten können?“  „Hm. Ja, ich glaub, ich hab da was“, meinte das Mädchen grinsend, „folgt mir einfach.“  Sie schnalzte einmal mit der Zunge und sagte dann an ihre Pferde gerichtet: „Los, ab nach Hause, ihr Beiden.“  Die beiden Pferde setzten sich sogleich in Bewegung, gefolgt von den Nereiden.

Maeve und Chenoa ritten an der Spitze ihres Tribes, dicht hinter dem Fiaker. Lachend tuschelten sie miteinander. Längst hatten sie eine Vermutung, wo es hin ging. Den anderen blieb das Verhalten der Beiden nicht unbemerkt. Da jedoch we­der Chenoa noch Maeve ihre Vermutung verrieten, blieb ihnen nur abzuwarten – und das gefiel ihnen gar nicht. Während Niamh sich interessiert umsah, hatten Ivy, Isa, Alisha und die anderen nur Augen für Sistina, Maeve und Chenoa. Wohin führte sie die Fremde? Ging es zu einem Reiterhof, einem alten Schuppen oder gar direkt in eine Falle?

 




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[editiert: 20.11.05, 15:06 von Gaya]

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New PostErstellt: 19.03.06, 23:19  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

21. Teil

Vor einem großen Torbogen stoppte Sistina. „Wir sind da“, rief sie den Mädchen zu, dann fuhr sie durch das Tor. Bevor Maeve ihr folgte, hielt sie einen Moment inne und betrachtete ehrfürchtig den Torbogen. Chenoa tat es ihr gleich und folgte ihr dann in langsamen Schritt in den Innenhof. Die anderen Nereiden passierten leicht zögernd ebenfalls das Tor – und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Das sieht ja fast aus wie eine Burg!“ rief Isa begeistert. Ihre Schwester stimmte ihr zu.  „Das ist die Stallburg der Wiener Hofreitschule“, freute sich Chenoa, die sich noch immer begeistert um­sah. „Stall...Burg?“ fragte Lily staunend.  „Ja. Hier lebten früher die berühmten Lipizzanerhengste. Leider sind ‚Susi’ und ‚Pluto’ – bei dem es sich um einen Wallach handelt - nun die einzigen Lipizzaner hier. Ehrlich gesagt sind sie auch die einzigen Pferde, welche hier überhaupt noch leben.“ Sistina war unbemerkt näher gekommen. Sie hatte den Fiaker in einer Ecke des Hofes abgestellt.  „Was ist aus den Hengsten geworden?“ wollte Alisha wissen. „Sie wurden gleich nach Ausbruch des Virus evakuiert. Damals wurden alle Veranstaltungen aus Angst vor Ansteckung eingestellt“, erklärte Sistina mit trauriger Stimme. Doch sie fasste sich schnell wieder und meinte etwas fröhlicher: „Sobald ich die Beiden ausgespannt habe, zeige ich euch, wo ihr eure Pferde unterstellen könnt.“

Kurz darauf führte Sistina ihre Pferde am Halfter in den Stall. Die Nereiden, die ihre Pferde vorerst im Hof zurück gelas­sen hatten, folgten ihr gespannt durch die Stallgasse.  Es hatte fast den Anschein, als seien alle nur kurz ‚ausgeflogen’: Die Boxen sahen noch beinahe wie neu aus, einige der Boxen waren eingestreut und an den Türen hingen noch die Na­menstafeln der berühmten Hengste. 

Vor zwei Boxen im hinteren Bereich des Stalls hielt Sistina an und brachte die Lipizzanerstute und den Wallach hinein.  „Wir haben einige der Boxen zweckentfremdet, als Abstellkammer oder auch Schlafplatz, doch für eure Tiere werden die übrig gebliebenen leeren Boxen reichen. Stroh haben wir noch genug da.“  „Wir?“ fragte Caprice.  „Mein Tribe, die Maestoso Siglavys. Keine Angst, sie haben nichts gegen Besucher. Ihr seid auch nicht die ersten Fremden hier. Hier leben einige Tribes und auch Einzelgänger friedlich vereint unter den Dächern der Hofburg und angrenzenden Bauten. Wir alle leben in einer Zweckgemeinschaft und die Größe der Gebäude ermöglicht es uns, uns auch mal aus dem Weg zu gehen. Einige werdet ihr sicher noch kennenlernen. Die meisten meines Tribes sind allerdings gerade unterwegs und werden erst heute abend zurückkehren.“ 

Nachdem die Nereiden die Boxen für ihre Pferde hergerichtet, die Tiere hineingebracht und gefüttert hatten, verließen sie den Stall auf der Suche nach Sistina. Sie fanden sie nicht weit vom Stall, im Gespräch mit einem anderen Mädchen. Während das Mädchen im Gebäude verschwand, lief Sistina zu den Nereiden und zeigte ihnen das Nachtlager, das bereits für sie in der Nähe des Stalls hergerichtet worden war.

Bevor sie schlafen gingen, sahen die Mädchen – begleitet von Sistina – noch einmal nach den Pferden.

Sistina blieb reglos vor der Stallgasse stehen. „Was ist los?“  „Nichts. Es ist nur... Ich geniesse nur den Anblick. Schon viel zu lange war hier alles so leer. Es ist einfach ein wundervolles Gefühl, hier wieder andere Pferde zu sehen und zu hören... hier wieder Leben zu spüren.“ Sistina sog den Stallgeruch tief ein und ging dann freudestrahlend weiter.

In einer Box gegenüber der alten Lipizzanerstute bewegte sich etwas. „Das ist Mercurio, ein Junge aus meinem Tribe. Er schläft hier nachts.“ „Na hoffentlich stören ihn unsere Pferde nicht.“ „Nein, bestimmt nicht. Er liebt Pferde und vermisst sie hier genau so sehr wie ich“, erklärte Sistina, „allerdings ist er ziemlich schüchtern, weshalb er lieber hier im Stall als bei uns anderen ist.“ Daher ließen die Mädchen ihn in Ruhe.

Beim Rausgehen meinte Hope: „Unsere Pferde sind von den unterschiedlichsten Rassen, aber ein Lipizzaner ist nicht da­bei. Schade eigentlich.“

 




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[editiert: 19.03.06, 23:21 von Gaya]

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New PostErstellt: 20.05.06, 23:58  Betreff: Re: Der Traum vom Anderssein  drucken  weiterempfehlen

22. Teil

 

Cheyenne war die Erste, die früh am nächsten Morgen bemerkte, dass die Hälfte ihres Tribes verschwunden war. Während sie die Zwillinge mit den Hunden im Innenhof entdeckte, fehlte von Maeve, Chenoa und Niamh weiterhin jede Spur. Als die übrigen Verbliebenen aufgestanden waren, machten sie sich gemeinsam auf die Suche.  Sie trafen auf Sistina, die mit einem anderen Mädchen – welches sich Canissa nannte – gerade das Frühstück bereitete. Sie beruhigte die Mädchen und erklärte ihnen, dass die Vermissten ein paar Mitgliedern der Maestoso Siglavys bei etwas behilflich waren. Worum es sich dabei handelte, wollte sie jedoch nicht sagen.

 

Zum Mittagessen kamen die Drei zurück. Keine von ihnen sprach darüber, was sie den ganzen Morgen gemacht hatten. So sehr sich die anderen auch bemühten, sie schafften es nicht, Maeve, Chenoa oder Niamh auch nur ein Wort über ihr Tun zu entlocken. Am Nachmittag waren die Drei abermals fort. Da die anderen Nereiden keine Ahnung hatten, wohin die Mädchen gegangen waren und sie nicht die ganze Zeit in der Stallburg bleiben wollten, trieb es sie hinaus in die Stadt. Sistina begleitete sie ein Stück mit ihrem Fiaker, danach ritten sie alleine weiter. Zuvor gab Sistina ihnen jedoch noch eine Warnung mit auf den Weg: Sie sollten bis Einbruch der Dämmerung zurück bei der Stallburg sein, da sich des Nachts ein feindlicher Tribe in der Stadt herumtrieb - die „Ghosts“, wie alle sie nannten.  „Was wohl unsere ‚guten Geister’ machen?“ meinte Ally lachend. 

***

 

Auch Anna und Cassie hatten mittlerweile Wien erreicht. Für Beide war es unbekanntes Terrain – hier waren sie noch nie gewesen. Während sie durch die zumeist verlassenen Straßen ritten, bemerkten sie einen Jungen, der ihnen im Schatten der Häuser zu folgen schien. Glaubten sie zunächst noch an einen Zufall, wurde es ihnen bald zur Gewissheit. Hielten sie ihre Pferde an, blieb auch der Junge stehen und verschwand hinter einer Häuserecke. Ritten sie weiter, tauchte der Junge wieder auf.

 

An einer Straßenkreuzung nutzten sie schließlich ihre Chance: Schnell, bevor der Junge um die Ecke kam, sprang Cassie von Tir na n-Og’s Rücken und versteckte sich mit ihrem Rottweiler in einem Hauseingang. Anna ritt derweil mit dem Tinker an der Hand weiter.  Als der Junge an dem Haus vorbeikam, stellte Cassie ihn. Ertappt drehte er sich um und wollte das Weite suchen, doch ein knurrender Merlin hielt ihn davon ab.  Einen Moment später war auch Anna mit den Pferden und ihren Hunden zurück.  Gefragt, wieso er ihnen folgte, brachte der Junge nur einige gestammelte, unverständliche Worte hervor. Erst, als Cassie Merlin zu sich rief und diesen festhielt, meinte der Junge etwas gefasster: „Ich... Ich wollte euch nichts Böses...“ – was Anna ihm ohne weiteres glaubte, als sie ihn so dastehen sah, in seiner schlabberigen Kleidung, mit verstrubbelten Haaren. Gefährlich sah er wirklich nicht aus, das hätten Anna und Cassie auch gespürt.

Der Grund, weswegen er die Beiden verfolgt hatte, brachte Anna zum Schmunzeln. Versöhnend fragte sie ihn: „Wir haben noch keine Unterkunft für die Nacht. Weißt du vielleicht etwas?“  „Ja, sicher“, strahlte er, „mein Tribe wohnt nicht weit von hier. Für euch und eure Tiere finden wir dort noch einen Platz.“

 




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[editiert: 20.05.06, 23:59 von Gaya]

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