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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 

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Gast
New PostErstellt: 26.03.07, 07:43     Betreff: Begleiteter Umgang aus Sicht der öffentlichen Jugendhilfe Antwort mit Zitat  

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Sydow: Der begleitete Umgang nach § 1684 BGB i.V. mit § 18 SGB VIII aus der Sicht der öffentlichen Jugendhilfe

FPR 2002 Heft 06 228

Der begleitete Umgang nach § 1684 BGB i.V. mit § 18 SGB VIII aus der Sicht der öffentlichen Jugendhilfe*

Diplomlehrerin und Sozialpädagogin Iris Sydow, Meiningen

I. Kontexte der richterlichen Anordnung des begleiteten Umgangs und Auswirkungen auf den Bereich der Jugendhilfe

Zielgruppe des begleiteten Umgangs sind einerseits Kinder und Jugendliche, andererseits aber auch Eltern Minderjähriger oder andere in § 1685 BGB genannte umgangsberechtigte Dritte, die vom Kind getrennt leben und nicht allein in der Lage sind, Umgangskontakte anzubahnen oder diese am Wohl des Kindes orientiert einvernehmlich miteinander zu regeln.

Die Ziele des begleiteten Umgangs umfassen die Förderung des Wohls der betroffenen Kinder und Jugendlichen, hier insbesondere ihre Identitätsfindung. Der begleitete Umgang soll dazu beitragen, Ängste der Kinder abzubauen, die emotionalen und sozialen Beziehungen und Bindungen der Kinder und Jugendlichen zu den Umgangsberechtigten und -verpflichteten zu erhalten oder wiederherzustellen und zu entwickeln.

Beim begleiteten Umgang handelt es sich in der Regel nicht um eine auf Dauer angelegte Leistung.

Ein weiteres Ziel ist deshalb die Befähigung der Umgangsbeteiligten, den Umgang mit dem Kind künftig auch ohne Begleitung verantwortungsvoll am Wohl des Kindes orientiert durchzuführen.

Zur Klärung, ob der begleitete Umgang dem Kindeswohl entspricht, hört das Familiengericht gem. § 49a I FGG vor einer Entscheidung in jedem Einzelfall die MitarbeiterInnen des Jugendamts.

Den MitarbeiterInnen der öffentlichen Jugendhilfe obliegt dabei die Verantwortung, aus fachlicher Sicht zu prüfen, ob es sich beim begleiteten Umgang um eine geeignete Maßnahme handelt oder nicht. Sie unterstützen das Familiengericht beim Finden einer dem Wohl des Kindes entsprechenden Entscheidung aus fachlicher Sicht.

Die Mitwirkungsverantwortung im familiengerichtlichen Verfahren ergibt sich für die MitarbeiterInnen des Jugendamtes ausschließlich aus § 50 SGB VIII.

Die Anordnung eines begleiteten Umgangs kann immer nur dann erfolgen, wenn seine Umsetzung dem Wohl des Kindes entspricht.

Unverzichtbar ist an dieser Stelle die Einbeziehung der betroffenen Kinder, die Klärung des Kindeswohls und des Kindeswillens. Im Umgangsstreit auszusprechende Entscheidungen dürfen nicht über „die Köpfe der Kinder“ hinweg getroffen werden.

Kinder fühlen sich oft als die Schuldigen im Trennungs- und Scheidungsprozess der Eltern. Ihre Nichtbeteiligung an der Klärung von Umgangsregelungen würde sie oft erneut zum „Verlierer in eigener Sache“ werden lassen. Hier obliegt der Kinder- und Jugendhilfe die Verantwortung, ihrem eigenen Namen und Anspruch gerecht zu werden und Kindern und Jugendlichen zu helfen.

Darüber hinaus ist im Vorfeld durch die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe zu prüfen, inwieweit die Eltern oder andere Umgangsberechtigte unter fachlicher Begleitung bereit sind, die Umgangsgestaltung vorrangig am Kindeswohl auszurichten und inwiefern ihre Bereitschaft besteht, an einer positiven Veränderung der aktuellen, belastenden Umgangssituation mitzuwirken.

Ungeeignete Fallkonstellationen sind gegeben, wenn die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe feststellen, dass der Kontakt zwischen dem Kind und dem Umgangsberechtigten dem Wohl des Kindes widerspricht oder wenn trotz intensiver Motivierungsarbeit keine Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten bei der Lösung der Umgangskonflikte besteht.

Es obliegt den Fachkräften der Jugendhilfe nicht, die Eltern zur Kooperation zu zwingen. Auch und gerade im Zusammenhang mit dem begleiteten Umgang besteht in der Jugendhilfe das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Eltern müssen die Bereitschaft zur Mitarbeit haben oder offen für eine entsprechende Motivierung und spätere Kontakte sein.

Zwischen dem Umgangsrecht eines Kindes und der Wahrnehmung der Umgangspflicht bestehen häufig noch gravierende Widersprüche. Es kommt noch immer zur Umgangsvereitelung durch einzelne Elternteile. Diesen Widersprüchen kann im Bereich der Jugendhilfe gegenwärtig ausschließlich mit Mitteln der Beratung begegnet werden. Dieses Mittel reicht leider nicht in jedem Fall aus, um das Wohl einzelner Kinder zu sichern. Die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe sollten an dieser Stelle prüfen, ob die Umgangsvereitelung einer missbräuchlichen Ausübung der elterlichen Sorge entspricht.

Bei Vorliegen einer solchen Kindeswohlgefährdung sollte die Möglichkeit einer Einleitung entsprechender familiengerichtlicher Schritte zur Veränderung der elterlichen Sorge, öfter als bisher geprüft, und durch die Fachkräfte der Jugendhilfe in Anspruch genommen werden. In diesen Fällen ist von § 50 III SGB VIII Gebrauch zu machen, um gerichtliche Maßnahmen im Sinn der Regelungen aus §§ 1666 und 1666a BGB anzuregen.

Die fachliche Einschätzung, ob der begleitete Umgang die geeignete Methode ist, ist unabhängig von der gerichtlichen Entscheidung zu finden und durch die MitarbeiterInnen der Jugendhilfe entsprechend ins familiengerichtliche Verfahren einzubringen.

Die Fachkräfte sollten gekoppelt an ihre fachliche Einschätzung Aussagen zur Gestaltung, der Durchführung, der Häufigkeit der Kontakte sowie der voraussichtlichen Dauer der Begleitung treffen.

Wird gegen eine entsprechende fachliche Darstellung der Fachkräfte der Jugendhilfe durch das Familiengericht begleiteter Umgang angeordnet, wurde in der Vergangenheit in der Praxis wiederholt beobachtet, dass die Vermittlungsbemühungen der Fachleute im Umgangskonflikt scheiterten und die Betroffenen erneut emotionales Leid ertragen müssen.

II. Möglichkeiten der Kommunikation im Umgangsverfahren

Die Jugendhilfe verfügt mit dem in § 36 SGB VIII verankerten Hilfeplanverfahren über eine gesetzlich vorgeschriebene Methode der Kommunikation, die sich bei der Bearbeitung vieler, auch strittiger und kritischer Fälle im Bereich der Hilfe zur Erziehung bewährt hat.

Partizipation von Kindern und Eltern im Rahmen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII erfolgt als Interaktion und Aushandlung zwischen Gleichberechtigten. In diesen Gesprächen erfolgt der Austausch verschiedener Sichtweisen zu bestehenden Problemen und Fragestellungen als Grundlage für die spätere Bearbeitung und Lösung der Konflikte.

Hilfeplanung und Hilfeerbringung sind nur dann wirklich erfolgreich, wenn Kinder und Eltern tatsächlich beteiligt werden. Wenn die Betroffenen ernsthaft an der Bearbeitung ihrer Probleme beteiligt und dabei durch Fachkräfte begleitet werden, entstehen oft überraschende Ergebnisse und kreative Lösungen, die an den Möglichkeiten und Ressourcen der Betroffenen orientiert sind.

Kooperative Hilfeplanung erfordert von den Fachkräften oft einen Perspektivwechsel von rein expertenbestimmter Diagnostik zu einem beteiligungsoffenen Aushandlungsprozess. Veränderungsprozesse, die sich auch auf strukturelle Elemente beziehen, benötigen Zeit und verlangen von den beteiligten Menschen die Bereitschaft, gewohnte Arbeitsweisen kritisch zu prüfen und sich für Neuerungen zu öffnen. Dialogorientierung spielt hierbei die zentrale Rolle. So erhalten alle Beteiligten die Möglichkeit, sich aktiv und partnerschaftlich in den Prozess einzubringen und damit ihrer Verantwortung besser gerecht zu werden.

Die im Rahmen der Hilfeplanung angewandte Methode der Kommunikation zwischen den verschiedenen Beteiligten sollte auch in den strittigen Verfahren des begleiteten Umgangs im Sinne einer Metakommunikation zur beteiligungsorientierten Prozesssteuerung genutzt werden. Dieses Vorgehen fördert Transparenz und Rollenklarheit, klärt für die Beteiligten den Verlauf des Verfahrens. Es ermöglicht verbindliche Verfahrensabsprachen und hat das Ziel, bereits zu Beginn des Verfahrens günstige Realisierungsbedingungen für den Grundsatz des Vorrangs von außergerichtlicher Beratung vor gerichtlicher Entscheidung zu schaffen.

Die Möglichkeit einer entsprechenden Herangehensweise hat der Gesetzgeber im Rahmen von §§ 52 und 52a FGG vorgesehen. In einem frühen ersten Termin soll durch das Familiengericht auf das Einvernehmen der Beteiligten hingewirkt und im Umgangsstreit vermittelt werden.

III. Der mitwirkungsbereite Dritte

Eine wesentliche Grundlage der Umsetzung der Anordnung des begleiteten Umgangs ist gem. § 1684 BGB ein „mitwirkungsbereiter Dritter“.

Eine durch FamilienrichterInnen getroffene Entscheidung, begleiteten Umgang durchzuführen, bindet die Mutter, den Vater, andere Umgangsberechtigte und das Kind oder den Jugendlichen. Das Gericht kann jedoch das Jugendamt oder einzelne Fachkräfte aus öffentlichen oder freien Trägern der Jugendhilfe nicht bindend verpflichten, im begleiteten Umgang als mitwirkungsbereite Dritte mitzuwirken.

Eine Tätigkeitsverpflichtung außerhalb des familiengerichtlichen Verfahrens im Bereich der Beratung und Unterstützung im Umgangsverfahren ergibt sich für den Bereich der Jugendhilfe ausschließlich auf der Grundlage des § 18 SGB VIII und kann nicht durch das Familiengericht ohne Anhörung oder gegen den Willen des Dritten ausgesprochen werden.

Personen oder Institutionen, die den Umgang begleiten sollen, müssen in jedem Einzelfall ihre Mitwirkungsbereitschaft signalisiert haben.

Im Rahmen der Gewährleistungspflicht müssen die öffentlichen Träger der Jugendhilfe die Soll-Leistung des § 18 SGB VIII beachten. Wenn kein anderer Dritter zur Übernahme der Aufgabe der Umgangsbegleitung bereit ist und die Anspruchsberechtigten ihren Rechtsanspruch gegenüber dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe geltend machen, ergibt sich für das Jugendamt ausschließlich gem. § 18 III 3 und 4 SGB VIII eine Tätigkeitsverpflichtung.

Häufig bestehen zwischen den Parteien des Umgangsstreits zum Teil massive Kommunikationsprobleme. Sie versuchen, die Fachleute der verschiedenen Professionen für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Treten dann im familiengerichtlichen Verfahren Kommunikations- oder Abstimmungsprobleme auf, werden die Parteien versuchen, diese (ähnlich wie im Bereich der Hilfen zur Erziehung) für sich zu nutzen.

Um Störungen zwischen den Fachleuten der verschiedenen Professionen so gering wie möglich zu halten, sei nochmals auf die Möglichkeit der Gestaltung des familiengerichtlichen Verfahrens in Anlehnung an das Hilfeplanverfahren verwiesen. Teilnehmer dieses Verfahrens soll auch der mitwirkungsbereite Dritte sein.

In einer solchen Aushandlung kann erarbeitet werden, wer welche Aufgaben und Verantwortungen übernimmt, wer was bis wann klärt und bearbeitet, aber auch wer wann wen worüber und auf welchem Weg informiert.

Die so durch und mit allen Beteiligten im Familiengericht gemeinsam erreichte Transparenz und Rollenklarheit ist ein erster Schritt in Richtung möglicher weiterer Vereinbarungen. Sie verhindert gleichzeitig die den Fachleuten nur zu gut bekannten späteren Streitigkeiten - auch in Fragen der Verantwortung und des Informationsflusses. Alle Beteiligten wissen von Anfang an voneinander und kennen sowohl ihre eigenen Aufgaben und Verantwortungsbereiche als auch die der anderen.

Die Ergebnisse der Aushandlung können Bestandteil des richterlichen Beschlusses sein. Sie werden somit verbindlich und nachvollziehbar für alle.

IV. Anforderungen an den mitwirkungsbereiten Dritten

Mitwirkungsbereiter Dritter kann den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend eine den Streitparteien oder dem Kind vertraute, nahe stehende Person sein, ebenso wie ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein, die dann jeweils bestimmen, welche Person die Aufgabe wahrnimmt.

Aus fachlichen Überlegungen ergibt sich, dass es sich bei diesem mitwirkungsbereiten Dritten um eine Fachkraft mit psychologischen, sozialpädagogischen aber auch ausgewählten juristischen Kenntnissen handeln sollte.

Nur bei Anwendung und Umsetzung der Kenntnisse aus diesen Bereichen scheint es möglich, in den vorliegenden, oft hoch strittigen Einzelfällen aktiv im begleiteten Umgang tätig zu werden und mehr als ein passiver Beobachter oder „Aufpasser“ zu sein, der seine Diensträume zur Durchführung der Umgangskontakte zur Verfügung stellt.

Zur Umsetzung des hohen fachlichen Anspruchs an begleiteten Umgang durch Fachkräfte der Jugendhilfe ist die Beratung und Unterstützung der Umgangsberechtigten im Sinn gezielter Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der einzelnen Umgangskontakte erforderlich. Diese Einzelschritte müssen sowohl mit den Eltern oder anderen Umgangsberechtigten als auch mit den Kindern planvoll und zielgerichtet gegangen werden und würden Laien in diesem qualitativen Anspruch in der Regel überfordern.

Eltern und Kinder sollen durch die Begleitung zunehmend befähigt werden, Umgangskontakte planvoll und konfliktbewusster vorzubereiten, zu gestalten und auszuwerten. Sie sollen durch Beratung und Unterstützung in einer Anfangsphase (wieder) lernen, miteinander zu reden und zu handeln. Sie müssen aber auch befähigt werden, Umgangskontakte in Zukunft ohne die fachliche oder gerichtliche Begleitung allein und am Wohl des Kindes orientiert zu planen und zu gestalten.

Der in der Vergangenheit häufig praktizierte Ansatz eines einmaligen Gesprächs oder eines ausschließlich nach den Vorstellungen der mitwirkungsbereiten Dritten gestalteten Umgangskontakts in bereitgestellten Amtsräumen entspricht nicht mehr den Anforderungen nach In-Kraft-Treten des neuen Kindschaftsrechts.

Der Beratungsansatz muss künftig sowohl im Beratungs- als auch im Entscheidungsstadium verstärkt prozesshaft, ressourcen- und lösungsorientiert ausgerichtet sein, um mit den Betroffenen zum Wohl der Kinder im Gespräch zu bleiben, bzw. die Eltern zu befähigen, Konflikte auf der Paarebene getrennt von der Elternebene lösen zu können.

Kinder und Jugendliche sind durch den mitwirkungsbereiten Dritten noch stärker als bisher entsprechend ihrem Entwicklungsstand aktiv in dem Beratungs- und Entscheidungsprozess zu beteiligen, um Veränderungen in den Beziehungen zwischen ihnen und den Personen, die zum Umgang mit ihnen berechtigt und verpflichtet sind, tatsächlich ihrem Wohl entsprechend gestalten und umsetzen zu können. Veränderungen in familiären Gefügen sind - ähnlich wie im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung - nur dann in ihrer Langzeitwirkung positiv, wenn alle an der Entscheidung oder Erbringung einer Hilfe Beteiligten auch in deren Planungs- und Entscheidungsprozess einbezogen wurden.

Werden die Störungen in der Interaktion der Eltern oder zwischen Eltern und für das Kind wichtigen Umgangsberechtigten nicht vermindert oder behoben, hat dies oft massive, negative Langzeitwirkungen in der Entwicklung der Heranwachsenden. Diese Wirkungen werden oft erst Jahre später sichtbar. Häufig werden im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung Zusammenhänge zwischen dem aktuellen erzieherischen Bedarf und einer nicht verarbeiteten Trennung oder Scheidung deutlich.

Seit 1998 standen jeweils bei mehr als einem Viertel aller in den Erziehungsberatungsstellen des Freistaates Thüringen im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung gem. § 28 SGB VIII in ihrer Bearbeitung abgeschlossenen Fälle Gründe der Inanspruchnahme dieser Hilfe im Zentrum, die im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung standen. Zu diesen Fällen kommen noch jene hinzu, in denen die MitarbeiterInnen der Beratungsstellen direkt im Zusammenhang mit §§ 17 oder 18 SGB VIII tätig wurden.

V. Konzepte für begleiteten Umgang

Die Mitwirkung der Fachkräfte im begleiteten Umgang bindet umfangreiche personelle und zeitliche Ressourcen. Erfahrene Fachkräfte sprechen von einem Verhältnis von ca. sechs Stunden Vor- und Nachbereitung mit den verschiedenen Beteiligten zu einer Stunde Umgangskontakt.

Freie Träger der Jugendhilfe, die sich dieser Aufgabe stellen, sollten diese Tatsache ebenso beachten wie die verantwortlichen MitarbeiterInnen in der öffentlichen Jugendhilfe, die die Wahrnehmung dieser Aufgabe an freie Träger übertragen. Es ist davon auszugehen, dass ohne Ressourcenerweiterung, Verlagerung von Kapazitäten oder anderer Aufgaben Konzepte zum begleiteten Umgang nicht bedarfsentsprechend entwickelt oder nicht am Kindeswohl orientiert in die Praxis umgesetzt werden können.

Notwendig sind für die Zukunft Konzepte verschiedener Träger der Jugendhilfe zur Umsetzung des hohen fachlichen Anspruchs, aber auch zur Bereitstellung der entsprechenden Ressourcen und deren Einbindung in die regionale Jugendhilfeplanung.

Die Konzepte sollten insbesondere auch Aussagen zum Selbstverständnis, der Verfahrensgestaltung, der Einbeziehung der Umgangsberechtigten und Dritter, den Maßnahmen zur Qualitätssicherung und der Bedingungen unter denen begleiteter Umgang angeboten wird, enthalten.

Erforderlich ist bei der Konzepterarbeitung die Klärung der Frage, für welche Zielgruppe begleiteter Umgang angeboten wird und welche Ziele erreicht werden sollen.

Handelt es sich um Angebote:

- zur Neuanbahnung von Umgangskontakten,


- zum Schutz des Kindes vor vermuteten körperlichen oder seelischen Übergriffen,


- zum Schutz vor Kindesentführungen,


- des zur Verfügung Stellens eines „neutralen Bodens“ für die Umgangskontakte?

Diese Fragen sollten unter Beachtung der eigenen personellen, zeitlichen und räumlichen Bedingungen im Vorfeld der Verabschiedung des Konzepts durch den Anbieter der Leistung im sozialen Netz vor Ort und unter Einbeziehung verschiedener im Feld tätiger Fachkräfte der Jugendhilfe, des Familiengerichts und interessierter Familienanwälte diskutiert werden.

Die Verankerung des Konzepts in die Gesamtleistung eines freien Trägers muss unter Beachtung der Gewährleistungspflicht durch den öffentlichen Jugendhilfeträger und des Abschlusses von Leistungsvereinbarungen auf derörtlichen Ebene darüber hinaus mit dem kommunalen Jugendamt abgestimmt werden.

Zur Erarbeitung und Umsetzung eines dem Wohl der betroffenen Kinder und Jugendlichen entsprechenden Konzepts für den begleiteten Umgang sind die Vernetzung und enge Kooperation der Fachkräfte verschiedener Professionen unabdingbar. Dabei handelt es sich um die Fachkräfte aus den Jugendämtern, die MitarbeiterInnen der freien Träger, die den Umgangsprozess begleiten, und die Fachkräfte aus dem Bereich der Justiz. Hier sind die FamilienrichterInnen ebenso angesprochen wie die FamilienanwältInnen.

Bereits im Rahmen der Empfehlungen der Expertenkommission zum 10. Kinder- und Jugendbericht wurden nicht zuletzt aus diesem Grund eine entsprechende personelle Erweiterung von Beratungskapazitäten und die verstärkte Nutzung von Vernetzungen dringend gefordert.

VI. Finanzierung des begleiteten Umgangs

Für die Inanspruchnahme des begleiteten Umgangs werden von den Eltern, den Kindern und sonstigen umgangsberechtigten Personen unter Beachtung der §§ 90 und 91 SGB VIII keine Kostenbeiträge oder Gebühren erhoben. Die genannten Personen werden nicht zu den Kosten herangezogen.

Erfolgt die Umgangsbegleitung im Rahmen des § 18 SGB VIII, obliegt die Finanzierung der öffentlichen Jugendhilfe, da es sich um eine Leistung aus dem Katalog des Kinder- und Jugendhilferechts handelt.

Unproblematisch gestaltet sich die Finanzierung in der Regel, wenn die Umgangsbegleitung durch Mitarbeiterinnen des Jugendamts im Rahmen ihrer normalen Arbeitszeit erfolgt. Bei Tätigkeit außerhalb der Regelarbeitszeit sind auf kommunaler Ebene Fragen der Bezahlung der Fachkräfte ebenso zu klären wie Fragen der Versicherung.

Werden die Leistungen der Umgangsbegleitung durch freie Träger der Jugendhilfe erbracht, sind die Fragen der Finanzierung im Vorfeld mit der Abstimmung der Leistungsinhalte und der Konzepte auf kommunaler Ebene zu klären. Hier sollten auch Fragen der Versicherung beachtet und einbezogen werden. Freie Träger können die Umgangsbegleitung im Rahmen ihrer Regelleistung anbieten, die Finanzierung kann hier über eine Pauschalfinanzierung erfolgen. Darüber hinaus sind Finanzierungen über Fachleistungsstunden und andere individuelle Modelle unter Beachtung eines effektiven Einsatzes von Verwaltungsanteilen denkbar.

Problematischer ist die Finanzierung der Umgangsbegleitung durch Einzelpersonen zu sehen, die nicht MitarbeiterInnen eines öffentlichen oder freien Trägers sind. Hier müssen im Vorfeld der Umgangsbegleitung individuelle Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem mitwirkungsbereiten Dritten und dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe getroffen werden.

Ich hoffe, dass die Möglichkeit der Vernetzung zwischen den Fachkräften der verschiedenen Professionen und die Planung und Durchführung der Umgangsgestaltung unter Einbeziehung aller Beteiligten noch stärker ins Zentrum der Ausgestaltung des begleiteten Umgangs und der dazu notwendigen Konzepte gestellt werden.

*Die Autorin ist Diplomlehrerin, Sozialpädagogin, Supervisorin DGSv, Fortbildnerin und Organisationsberaterin. Sie war bis 1995 in einem kommunalen Jugendamt beschäftigt und arbeitete anschließend bis 2002 als Fachberaterin im Landesjugendamt Thüringen. Ab Juli 2002 wird sie in den Bereichen Supervision, Fortbildung und Organisationsberatung selbstständig tätig sein.



[editiert: 18.09.07, 13:52 von Admin]

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