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Info an Arbeitgeber- wann?

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Hynreck Borchers
Mitglied

Beiträge: 2

New PostErstellt: 23.03.07, 19:41  Betreff: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Hallo,
hat einer von Euch eine Vorstellung ob und unter welchen Umständen eine Behinderung dem Arbeitgeber zu melden ist ?
Oder kann man dies zurückhalten bis es evtl. zu einer Kündigung kommt???
Vielen Dank für Eure Antwort...
Grüße

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Tom
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 23.03.07, 23:37  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hallo Hynreck

Grundsätzlich sind zwei Situationen bzw. Konstellationen zu unterscheiden:

  1. Ein schwerbehinderter Bewerber wird von seinem (potentiellen) Arbeitgeber explizit danach gefragt, ob bei ihm eine Schwerbehinderung vorliegt. Muss er wahrheitsgemäß darauf antworten? (Stichwort „Fragerecht“)

  2. Ein Bewerber oder bereits angestellter Arbeitnehmer ist oder wird schwerbehindert. Muss er dies, auch ohne explizit vom Arbeitgeber danach gefragt zu werden, dem Arbeitgeber offenbaren? (Stichwort „Offenbarungspflicht“)

Zu 1.:

In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wurde die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung eines Bewerbers bislang als zulässig angesehen. Nach Erlass der Richtlinie 2000/78/EG, die die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen einer Behinderung untersagt und der daraufhin erfolgten Einführung des § 81 Abs.2 SGB IX, wird dieses Fragerecht des Arbeitgebers jedoch überwiegend abgelehnt (Zur Problematik des Fragerechts vgl. BAG, EzA, § 123, 41; bejahend Schaub, NZA 2003, S.299 (301); ablehnend Messingschlager, NZA 2003, S.301ff.; Joussen, NJW 2003, 2857ff.; differenzierend dagegen Brors, Der Betrieb 2003, S.1734).

Folgt man der bisherigen Rechtsprechung, so ist die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers zulässig und muss von ihm wahrheitsgemäß beantwortet werden. Eine wahrheitswidrige Verneinung berechtigt den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung bzw. zur Anfechtung des (Arbeits-) Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Kenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft eines (potentiellen) Arbeitnehmers wird vor allem mit der rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite sowie den betrieblichen Auswirkungen begründet, die durch die Beschäftigung Schwerbehinderter entstehen (Anpassung des Arbeitsplatzes, Kündigungsfristen, Urlaub, etc.).

Auf den ersten Blick vergleichbar erscheint hier die Zulässigkeit der Frage nach der Schwangerschaft einer Bewerberin. Hier hat das BAG in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass diese Frage unzulässig ist. Grund: Es besteht kein berechtigtes Interesse des Arbeitsgebers an einer solchen Information, da die Schwangerschaft nur vorübergehende finanzielle Belastungen für den Arbeitgeber mit sich bringt und in § 611a BGB ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot normiert ist. Durch die Einführung des § 81 II SGB IX in ausdrücklicher Anlehnung an § 611a BGB hat der Gesetzgeber jedoch ein Benachteiligungsverbot auch für Schwerbehinderte normiert. Damit ist ein wichtiges Argument des BAG für die Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderung weggefallen. Es gibt jedoch nach wie vor Argumente, die für ein Fragerecht des Arbeitgebers sprechen (zum Folgenden vgl. http://www.arbeitsrecht.de/arbeitsre....php?navid=0):

  • Nach § 71 SGB IX hat der Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl an Schwerbehinderten zu beschäftigen. Tut er dies nicht, ist er zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Diese Regelung setzt die Kenntnis von der Schwerbehinderteneingenschaft des Arbeitnehmers voraus. Hat der Arbeitgeber seine Quote bislang nicht erfüllt, ist eine Diskriminierung gegenüber einem schwerbehinderten Bewerber kaum zu befürchten. Steht ihm das Fragerecht nicht zu, ist sogar der Fall denkbar, dass er - unwissend - die Quote erfüllt und auf Grund seiner Unkenntnis trotzdem Ausgleichszahlungen leistet.

  • Die öffentliche Hand sieht auf Grund ihrer besonderen Fürsorgepflicht die bevorzugte Einstellung behinderter Bewerber bei gleicher Qualifikation vor. Dies setzt die Kenntnis von der Schwerbehinderung voraus.

  • In Betracht kommen darüber hinaus Fälle, in denen der Arbeitgeber bei nachträglicher Kenntnis von der Behinderung den Arbeitsplatz aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht behindertengerecht ausgestalten kann. Damit ist weder dem Arbeitgeber noch dem Arbeitnehmer gedient.

  • Eine Ablehnung des Fragerechts bevorzugt ausschließlich die behinderten Bewerber, deren Behinderung nicht sichtbar ist und führt somit zu einer Ungleichbehandlung behinderter Menschen untereinander.

  • Fraglich ist, ob durch die Ablehnung des Fragerechts tatsächlich das u.a. mit dem Benachteiligungsverbot bezweckte Ziel des Gesetzgebers - eine Erhöhung der Einstellungsquote behinderter Menschen - eintreten würde. Die Gegner des Fragerechts gehen davon aus, dass der Arbeitgeber die Frage nach der Behinderung typischerweise nur stelle, um wirtschaftliche Nachteile und organisatorische Belastungen zu vermeiden. Dies unterstellt, ist schwerlich vorstellbar, dass ein Arbeitgeber beim Verdacht der Behinderung eines Bewerbers ohne Aufklärungsmöglichkeit diesen Bewerber einstellt, da für ihn die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Einstellung nicht überschaubar wären. Eine Erhöhung der Einstellungsquote behinderter Menschen wird sich deshalb eher durch finanzielle Förderung erreichen lassen.

Die genannten Argumente zeigen, dass der Gesetzgeber zur Förderung der Einstellung Schwerbehinderter einerseits die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung voraussetzt. Andererseits wird das Diskriminierungsverbot am ehesten durch die Unkenntnis des Arbeitgebers von der Behinderung gewährleistet. Dieses Dilemma scheint zurzeit nicht auflösbar zu sein. Eine verbindliche Klärung dürfte erst durch den nächsten vom BAG zu entscheidenden Fall zu erwarten sein.

Zu 2.:

Grundsätzlich ist kein Bewerber oder bereits angestellter Arbeitnehmer dazu verpflichtet, für ihn evt. ungünstige Umstände von sich aus mitzuteilen. Ausnahmsweise besteht eine Offenbarungspflicht jedoch dann, wenn die verschwiegenen Umstände die Erfüllung angemessener Leistungserwartungen unmöglich machen oder von ausschlaggebender Bedeutung für die Besetzung des Arbeitsplatzes sind. Schwerbehinderte Personen brauchen also nicht ungefragt auf ihre Behinderung hinzuweisen, solange sie die Anforderungen an den Arbeitsplatz erfüllen können oder bestimmte krankheitsbedingte Einschränkungen für den Betroffenen selbst oder für andere nicht zur Gefahr werden könnten. Das gilt zum Beispiel für das Arbeiten in großen Höhen, wie bei Bauarbeitern oder Dachdeckern, oder für die Ausführung von Tätigkeiten, die einen hohen Grad an feinmotorischer Kontrolle erfordern (z.B. Chirurgen beim Operieren).


Weitere Links zum Thema Schwerbehindertenrecht:

www.schwerbehinderung-aktuell.de

www.schwbv.de
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Hynreck Borchers
Mitglied

Beiträge: 2

New PostErstellt: 24.03.07, 12:11  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hallo Tom,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Für mich trifft Punkt 2 zu. Dann werde ich mir mal Gedanken machen, ob ich meinen Arbeitgeber 'einweihe'..., da ich hoffe,daß ich demnächst wieder in meinem Job arbeiten kann (bin z. Zt. krank).

Viele Grüße

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Andi
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 01.03.08, 00:54  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Die Frage des Arbeitgebers hat auch seinen Sinn. Es folgt eine Presse-Erklärung der Bundesagentur für Arbeit:

>>>>>schnipp>>>>>>

Presse Info 12-2008 vom 06.02.2008
Für Betriebe gilt Meldepflicht

Private und öffentliche Arbeitgeber, die im Jahresdurchschnitt 20 und mehr Mitarbeiter beschäftigen, sind gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wird diese Vorgabe nicht erreicht, muss eine Ausgleichsabgabe gezahlt werden.

Damit überprüft werden kann, ob die Beschäftigungsquote erfüllt ist, müssen die betroffenen Arbeitgeber bis spätestens 31. März der zuständigen Agentur für Arbeit ihre Beschäftigungsdaten anzeigen. Die Agentur Montabaur bittet darum, diese Frist unbedingt zu wahren. Wenn die Meldung zu spät oder unvollständig eingeht, gilt dies als Ordnungswidrigkeit, und es wird ein Bußgeld erhoben.

>>>>>schnapp>>>>>>

Im Klartext: ab einer bestimmten Betriebsgröße muss jeder Arbeitgeber fünf Prozent seiner Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen. Erfüllt er die Quote nicht, muss er blechen.
Zudem muss er selbständig melden - ansonsten Ordnungswidrigkeit.


[editiert: 01.03.08, 00:56 von Andi]
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Kerstin-78
Mitglied

Beiträge: 18
Ort: Rhein-Pfalz-Kreis

New PostErstellt: 25.07.08, 07:57  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hallo miteinander!
Hab mich grade gewundert, warum ihr von "müssen" sprecht, wenn's darum geht, den GdB dem Arbeitgeber zu melden. Es ist doch auch so, daß man Vorteile dadurch hat (besonderer Kündigungsschutz, mehr Urlaub),oder? Das war für mich eigentlich der alleinige Grund, einen Behindertenausweis zu beantragen, da ich ansonsten sowieso keine Vergünstigungen dadurch haben werde, da ich zwar 50% GdB, aber keine Merkzeichen zugesprochen bekommen habe.
Oder seh ich da jetzt was falsch?

Liebe Grüße, Kerstin



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Thorsten
Administrator

Beiträge: 1030
Ort: Lübeck


New PostErstellt: 25.07.08, 13:03  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hallo Kerstin,
Du siehst da nichts falsch. Der Ausdruck "müssen" wurde nur genommen, da in unserer Wirtschaft überwiegenderweise eine Behinderung als Manko dargestellt wird, die man sich (als Firma) eher nicht ans Bein bindet. Aber, wie gesagt, es gibt auch Ausnahmen. Meinen Arbeitsplatz habe ich wegen der Behinderung (dadurch Förderung an AG ;-) und weil mein Chef auch recht sozial eingestellt ist bekommen. Es steht schließlich nirgendwo geschrieben, das wir als Behinderte nicht leistungsfähig sein können.

Gruß
Thorsten



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Kerstin-78
Mitglied

Beiträge: 18
Ort: Rhein-Pfalz-Kreis

New PostErstellt: 25.07.08, 21:11  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hi Thorsten!

Stimmt, da hast Du schon recht, viele Arbeitgeber sehen die Behinderung sicher als Manko. Ich denke, wenn man sich irgendwo neu bewirbt, ist die Frage, ob man es melden muß, auf jeden Fall berechtigt. Wenn man aber, wie ich glücklicherweise, in einem festen Arbeitsverhältnis steht, solte man sich die Vorteile auf jeden Fall sichern.

Liebe Grüße, Kerstin



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sigrid
Mitglied

Beiträge: 180
Ort: Ludwigshafen


New PostErstellt: 03.08.08, 19:12  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Auch ich habe in einem festen Arbeitsverhältnis gestanden. Mir wurde gekündigt trotz Ausweis. Meine Fehler war das ich nicht gesagt habe einen Ausweis beantragt zu haben. Ich habe es erst gesagt als ich ihn hatte. Da sich dann die Kündigung und der Ausweis gekreuzt hatte konnte ich nichts mehr machen. Nur eine Verzögerung der Kündigungsfrist wäre möglich gewesen aber das wollte ich dann nicht mehr.

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Janne-C.
Mitglied

Beiträge: 42
Ort: Hamburg

New PostErstellt: 04.08.08, 23:59  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

    Zitat: Andi
    Die Frage des Arbeitgebers hat auch seinen Sinn. Es folgt eine Presse-Erklärung der Bundesagentur für Arbeit:

    >>>>>schnipp>>>>>>

    Presse Info 12-2008 vom 06.02.2008
    Für Betriebe gilt Meldepflicht

    Private und öffentliche Arbeitgeber, die im Jahresdurchschnitt 20 und mehr Mitarbeiter beschäftigen, sind gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wird diese Vorgabe nicht erreicht, muss eine Ausgleichsabgabe gezahlt werden.

    Damit überprüft werden kann, ob die Beschäftigungsquote erfüllt ist, müssen die betroffenen Arbeitgeber bis spätestens 31. März der zuständigen Agentur für Arbeit ihre Beschäftigungsdaten anzeigen. Die Agentur Montabaur bittet darum, diese Frist unbedingt zu wahren. Wenn die Meldung zu spät oder unvollständig eingeht, gilt dies als Ordnungswidrigkeit, und es wird ein Bußgeld erhoben.

    >>>>>schnapp>>>>>>

    Im Klartext: ab einer bestimmten Betriebsgröße muss jeder Arbeitgeber fünf Prozent seiner Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen. Erfüllt er die Quote nicht, muss er blechen.
    Zudem muss er selbständig melden - ansonsten Ordnungswidrigkeit.
Das ist vollkommen richtig allerdings sind die "Strafzahlungen" wohl weniger hoch als wenn man als Arbeitgeber den Kündigungsschutz und den Mehrurlaub als Richtgöße nimmt (je nach Gehalt).
Somit ist es zumteil lohnenswerter, aus Betriebswirtschaftlichersicht, Strafe zu Zahlen und keinen Schwerbehinderten einzustellen.
Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

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Eckhard
Mitglied

Beiträge: 148
Ort: Wetter Ruhr

New PostErstellt: 05.08.08, 11:01  Betreff: Re: Info an Arbeitgeber- wann?  drucken  weiterempfehlen

Hallo zusammen,

meine Frau ist im Personalwesen tätig und hatte mal folgende Info:

Die Ausgleichsabgabe für die Nichterfüllung der Quote bei den betrieblichen Schwerbehindertenarbeitsplätzen beträgt 105 € -260 € (je nach Betriebsgröße) pro Jahr und unbesetztem Arbeitsplatz, Betriebe unter 20 Mitarbeitern sind sogar ganz außen vor.

Das ist doch wohl lächerlich wenig, oder ????

Gruß Eckhard



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