Beauty and the Beast FORUM
Alles rund um die TV-Serie "Die Schöne und das Biest"
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eine neue familie

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sheena
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 06.11.09, 23:19  Betreff: eine neue familie  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

meine geistigen ergüsse sind unter www.fanfiction.de zu finden.





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Gaya

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New PostErstellt: 06.11.09, 23:25  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

Wo findet man dich denn da?

Darfst deine geistigen Ergüsse aber auch gern hier posten. 


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Kathrin

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New PostErstellt: 06.11.09, 23:29  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

Ich habe die Story auch gerade gesucht und HIER gefunden

***
Kathrin



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Meine FANFIC-Bibliothek
http://www.fanfiktion.de


[editiert: 06.11.09, 23:30 von Kathrin]
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Gaya

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New PostErstellt: 06.11.09, 23:36  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

ah, danke. 


Noch wer, der Stories nach Cathys Tod schreibt und die 3. Staffel somit nicht verdrängt...?

Ich sollte mich auch endlich mal wieder bei ff.de einloggen und weiterschreiben. Bin nach dem Festplattencrash noch nicht wieder dazu gekommen. *schäm*



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sheena
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 07.11.09, 18:07  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

gibts denn leute, die so schreckliche folgen verdrängen können? ich kanns leider nicht, hat mir zu weh getan. wenn ich die heut einlege, bin ich meist hinterher immer noch total groggy.

die story umfasst inzwischen 30 seiten. soll ich die hier wirklich posten?





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Gaya

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New PostErstellt: 07.11.09, 18:20  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

Es gibt etliche Fans (außerhalb D, hierzulande gibts ja fast kein Fandom mehr, hats den Anschein.) die die 3. Staffel konsequent ignorieren. Ich sag nur "Classic Alliance".   Für die ist Cathy niemals gestorben und lebt glücklich und zufrieden mit Vinnie & Klein Jacob.

Wenn du dich hier ein wenig einliest, wirst du merken, dass hier welche sind, die die 3. Staffel mögen. (*hustfastmehralsdieerstenbeidenhust*) *unschuldigzurDeckeschau*


Tu dir keinen Zwang an. 30 Seiten oder mehr, ist doch egal. Hier freut sich so mancher über neuen Lesestoff und nicht jeder schaut zu ff.de.



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sheena
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New PostErstellt: 07.11.09, 18:35  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

dann mach ich das häppchenweise. heute kapitel 1.

Name der Fanfiction: Eine neue Familie
Autor: sheena
Raiting: frei
Anmerkungen: Die Story spielt ca. fünf Jahre nach Catherines Tod. Es geht um eine junge Frau, die vor ihrem gewaltätigen Mann flieht und durch Zufall in die Tunnelgemeinde gerät.
Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an der TV-Serie "Beauty and the Beast" gehören Ron Koslow and the Witt Thomas Produktion. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spass geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu lebenden und toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.


1. Kapitel - Kalter Feierabend

Es war spät und dunkel geworden. Stella fror und hatte das Bedürfnis nach einer heißen Suppe, einem heißen Bad oder etwas Ähnlichem, was sie ihre blaugefrorenen Hände und Füße wieder fühlen ließ. Der alte, längst ausgediente und verschlissene Mantel konnte ihr diesen Komfort leider nicht mehr bieten. In der Sohle des rechten abgelaufenen Schuhs war ein Loch und vom anderen hatte sie den Schnürsenkel verloren. Die wollenen Strümpfe, die sie zusammen mit anderen alten Klamotten irgendwo aus einem Altkleidercontainer gefischt hatte, waren löchrig. Der Schal, den sie sich zum Schutz vor der Kälte um den Kopf gewickelt hatte, war einst eines ihrer Lieblingsstücke gewesen. Vor 10 Jahren lag er einmal unter dem Weihnachtsbaum, aber inzwischen hatte er seine beste Zeit hinter sich gebracht und spendete kaum noch Wärme.

Langsam ebbte die Menschenmenge in der Fußgängerzone immer mehr ab. Seit dem Sonnenuntergang, der um diese Jahreszeit immer zeitiger zu beobachten war, kam niemand mehr zu der jungen Frau und wollte sich eine viertel Stunde Zeit nehmen, um sich von ihr porträtieren zu lassen. Kein Wunder – bei dem Wetter! Also packte sie ihre Utensilien zusammen. Es hatte keinen Sinn mehr, sich noch länger umsonst dieser eisigen Kälte auszusetzen. Der Weg zu ihrem Unterschlupf war auch noch zurückzulegen. Also musste sie sich noch mindestens eine dreiviertel Stunde gedulden, um an einen Becher heißes Wasser zu kommen. Mehr würde die 32-jährige wohl heute in ihrem neuen Zuhause nicht vorfinden. Die wenigen Geldstücke, die sie an diesem kalten Novembertag für ein paar Skizzen von den Passanten bekommen hatte, würden nicht einmal für eine anständige Mahlzeit am Imbissstand reichen. Aber der gutmütige Chinese, der vorn an der Ecke seinen winzigen Laden betrieb, würde ihr sicher für ein paar Cents einen Brühwürfel und vielleicht sogar ein paar Instantnudeln überlassen. Der wusste selbst, wie entsetzlich Hunger und Kälte schmerzen konnten. Schon komisch, dass immer die Armen den Armen helfen und von dem Wenigen, was sie besitzen, auch noch abgeben., dachte sie. Von denen, die es sich leisten konnten, zu helfen, gab es nur wenige hier in New York, die es auch wirklich taten. Stella war jedenfalls bisher noch keiner von denen über den Weg gelaufen, geschweige denn, war einer bei ihr stehen geblieben. Sicher, ab und zu hatte sie schon ziemlich gut betuchte Leute gezeichnet, die dann aber am Ergebnis, mehr oder weniger grundlos, herummäkelten und ihr nur Pennys für ihre Arbeit vor die Füße warfen. Sie hatte auch schon beobachtet, dass diese Leute die Zeichnungen achtlos zusammenfalteten und in ihre Taschen stopften. Wer weiß, wo die Blätter landeten, wenn diese Banausen erst zu Hause angekommen waren. Dabei hatte sie, nach Meinung früherer Freunde, der Familie und ihren alten Lehrern, wirklich Talent.

Wenn Stella sich auch manchmal leid tat, so war sie doch der Meinung, dass es ihr im Gegensatz zu dem kleinen Bettler, an dem sie auf ihrem Heimweg immer vorbeikam, noch recht gut ging, denn sie hatte eine Behausung gefunden. Der arme Kerl aber, er mochte etwa 11 Jahre alt sein, schlief  in einer Seitenstraße in einer Höhle aus Pappkartons. Er erinnerte sie mit seinem blonden, zerzausten Haar, der Stupsnase und der Zahnlücke an ihren eigenen Sohn, als der im Alter des kleinen Bettlers war. Aber das war schon lange her. Sie hatte schon überlegt, ob sie diesem kleinen verdreckten Kerl anbieten sollte, bei ihr „einzuziehen“. Aber sie hatte beobachtet, dass der Bengel auch ganz gern mal lange Finger machte, da hatte sie es lieber gelassen.

Plötzlich wurde es sehr windig, was die einschneidende Kälte noch unerträglicher machte. Stella wickelte sich noch fester in ihren Mantel ein, der um ihre schmale Gestalt schlackerte, klemmte sich ihren Skizzenblock vor die Brust und fing an zu rennen, um warm zu werden.

Mit klammen Fingern öffnete sie die Ladentür von Mr. Chan und ihr wehte ein wohlig-warmer Luftzug entgegen. Es duftete nach Tee, Gewürzen und Räucherstäbchen. Sie schlüpfte hinein und schloss schnell die Tür hinter sich. Aus dem Hinterzimmer drangen leise Stimmen und fremdartige, meditative Musik. Die Ladenglocke hatte allerdings ihr Eintreten angekündigt und daraufhin erschien ein etwa 40jähriger Chinese im Verkaufsraum. Als er sie erblickt, lächelte er und nickte freundlich. Seine Augen strahlen Wärme und Güte aus. Durch sein Lächeln nahmen seine Gesichtzüge etwas Verschmitztes und Schelmisches an. Man konnte nicht anders als zurückzulächeln. „Hallo, Mrs. Kent!“, begrüßte er sie leise. „Ich heute leider sehr wenig Zeit für Sie. Hinten sitzen Kunde und warten auf Akupunktur. Aber ich haben etwas für Sie!“ Er griff unter den Ladentisch und holte einen, in Packpapier eingewickelten Gegenstand hervor.

„Das Hühnersuppe! Haben ältere Schwester gekocht. Ist gut bei diesem Wetter! Ich noch ein paar Nudeln dazugelegt. Laufen schnell nach Hause und machen das heiß, damit Sie nicht krank werden!“ Er zwinkerte ihr zu und schob das dick eingepackte Gefäß über den Ladentisch. Sie umfasste, erstaunt und beinahe zärtlich, das Päckchen mit beiden Händen und spürte einen Rest Wärme, der durch das Packpapier drang. Am liebsten hätte sie sich ihre chinesische Kostbarkeit unter den Mantel gestopft, um diese Wärme an ihrem Körper zu spüren. Aber sie wollte auf keinen Fall auch nur einen Tropfen ihres Geschenkes verschütten. Es war kaum zu fassen, dass dieser fremde Mann ihr so ein, für sie so wertvolles, Geschenk machte. Sie sah ihn mit ihren großen blauen Augen dankbar an und sagte leise: „Oh, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr. Chan. Das wäre aber nicht nötig gewesen. Sagen Sie bitte Ihrer älteren Schwester vielen Dank!“ Er tätschelte ihr den Handrücken und meinte: „Doch, doch. Ist nötig!“ Ohne auf ihre Antwort zu warten, legte er seine Handflächen aneinander, hob sie vor die Brust und verneigte sich, wie es asiatische Sitte ist, vor Stella: „Bitte beehren Sie mich bald wieder!“ Sie konnte nur noch einmal gerührt „Vielen Dank, Mr. Chan!“ sagen, dann war er auch schon wieder im Hinterzimmer verschwunden. Stella nahm ihr Päckchen an sich und verließ widerwillig den kleinen Laden, hinaus in die eisige Kälte.

Nach 10-minütigem, unfreiwilligem Jogging, das sie sich antat, um warm zu werden, erreichte sie das alte Abrisshaus, von dem aus sie in ihren Unterschlupf gelangte. Es ging eine steile, bröckelnde Steinsteppe hinab, durch verwinkelte Kellergänge bis zu einer eisernen Klappe im Boden. Es machte ihr jedes Mal Schwierigkeiten, dieses schwere Ding hoch zu wuchten, aber sie musste da durch, um über eine lange metallene Leiter in die Katakomben unter der Stadt zu gelangen. Hier war es wenigstens nicht mehr so windig. Dadurch verlor die eisige Kälte etwas ihre Schärfe. Stella tastete nach der alten Petroleumlampe, die sie irgendwo gefunden hatte und hier versteckte, wenn sie die Tunnel verließ. Sie fand sie, entzündete die kleine Flamme und leuchtete den vor ihr liegenden Gang aus, um sich zu orientieren. Die Gänge waren niedrig und eng, aber bei ihren 1,60 cm Körperlänge kaum ein Problem. Während sie nun etwas langsamer den bereits gewohnten Weg durch die unterirdischen Gänge Richtung ihres Unterschlupfs ging, musste sie grinsend an ihren Ex-Mann David denken, der sich hier unten sicherlich eine Beule nach der anderen geholt hätte. Der war gut einen Kopf länger als sie gewesen und brachte damals mindestens doppelt so viel auf die Waage. Seine massige Statur war furchteinflößend. Diese körperliche Überlegenheit hatte er sie in den letzten Monaten ihrer Ehe mehrmals spüren lassen. Aber nicht nur diesen Vorteil hatte er eingesetzt, um ihr zu zeigen, wer der Herr im Hause war. Und das war der Grund, weswegen sie sich nicht schämte, als sie sich dabei ertappte, schadenfroh bei dem Gedanken an Beulen und Schrammen auf seinem Kopf zu lächeln. Denn das, was er ihr angetan hatte, war bei Weitem schmerzhafter und qualvoller gewesen und sollte um einiges härter bestraft werden als mit ein paar lausigen Blessuren.

Ein Zischen riss Stella aus ihren Gedanken. Sie war bei dem Dampfrohr angekommen, an dem sie nach links abbiegen musste, um an die alte Leiter zur nächsten, tiefergelegenen Ebene zu gelangen. Sie kletterte vorsichtig das morsche Ding hinab und achtete darauf, nicht auf die zweite Sprosse zu treten. Auch wenn Stella nur noch fünfzig mickrige Kilo wog - diese angebrochene Holzstrebe würde ihr Gewicht nicht mehr aushalten und sie würde schneller unten landen, als ihr lieb wäre. Heil unten angekommen, wandte sich nach rechts.

Plötzlich war ihr, als hätte sie einen Schatten gesehen. Sie blieb wie angewurzelt stehen, blies die Lampe aus und lauschte mit angehaltenem Atem. Bisher war ihr hier noch nie jemand begegnet. Sie wusste, dass hier unten noch andere Obdachlose Zuflucht gesucht und gefunden hatten. Allerdings war sie immer bemüht, nicht von denen, die, wie sie, hier unten lebten, bemerkt zu werden. Ihrer Meinung nach auch bisher mit Erfolg. Oder sollte sie sich getäuscht haben? Stella hatte die Anderen schon öfter von ihrem Schlupfwinkel aus beobachtet. Es waren überwiegend Kinder, die sich nahe bei ihrer Höhle aufhielten und Verstecken spielten. Ab und zu hatte sie die mahnende Stimme einer Frau gehört, die die Kinder zu sich rief und dann mit ihnen schimpfte. Wenn das passierte, hatte Stella danach immer ein bis zwei Wochen Ruhe.

Ihre Behausung lag allerdings noch mindestens fünf Fußminuten tiefer in den Tunneln. Sollte sich eines dieser Kinder wirklich soweit, bis hierher, gewagt haben? Sie stand immer noch wie festgewachsen, starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit und lauschte. Nichts. Langsam löste sie sich aus ihrer Starre und setzte leise und behutsam einen Fuß vor den anderen, um ja kein unnötiges Geräusch zu machen. So schob sie sich langsam, Schritt für Schritt, bis zum nächsten Durchgang und lugte vorsichtig um die Ecken. Erst nach links, dann nach rechts. Wieder nichts. Alles war ruhig, sie vernahm nur das leise Zischen der altersschwachen Dampfleitungen. Nach einigem Zögern entzündete Stella wieder die kleine Funzel und leuchtete die Gänge aus. Dann wagte sie sich vorwärts, immer darauf gefasst, plötzlich irgendjemandem gegenüber zu stehen. Sie atmete erleichtert auf, als sie dann endlich unbehelligt und unentdeckt ihren Unterschlupf erreicht hatte.




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schneeeule
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New PostErstellt: 07.11.09, 19:00  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen


Super, wenn Du Deine Geschichte hier postest. Ich lese sehr gern Fanfiktion und Deine gefällt mir sehr gut




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sheena
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 07.11.09, 19:15  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

wirklich? auch wenn es nicht explizit um vincent geht? gut, dann mach ich weiter. freut mich, wenn es euch gefällt. aber wenn ihr ungereimtheiten entdeckt, bitte ich um meldung.

2. Kapitel - Flucht und Ankunft

Stellas Versteck musste vor vielen Jahren einmal so etwas wie eine Geräte- und Versorgungskammer gewesen sein. Als sie den kleinen, ca. acht Quadratmeter großen Verschlag mit der kaputten Tür vor vier Monaten auf der Flucht vor den Schlägern ihres Ex-Mannes fand, standen Schippen, Spitzhacken, Eimer und ähnliches Gerät mehr hier herum. Einiges davon konnte sie, als sie wieder fähig war, klar zu denken, gut gebrauchen. In einem der Eimer fing sie Wasser auf, das aus einer Leitung tropfte. Es war kalt, frisch und schmeckte sogar. Einen anderen Eimer hatte sie zu einem Feuerbecken umfunktioniert. Ein paar alte herumliegende Metallstäbe dienten als Grill- und Abstellrost und zum feuern benutzte sie die eh schon bröckelnden Holzgriffe der Werkzeuge sowie alte zersplitterte Bohlen. Um nicht auf der nackten Erde liegen zu müssen, hatte sie alte Holzkisten mit dem Boden nach oben aneinandergestellt und Dachpappe, die aufgerollt in einer Ecke stand, sowie alte Feuerwehrdecken darauf gelegt.

Bevor sie allerdings in der Lage gewesen war, sich so einzurichten, hatte sie, ihrem Gefühl nach, mindestens zwei Tage lang im Schneidersitz auf irgendwelchen schmutzigen Kohlensäcken in der Finsternis gehockt und sich nicht hinaus gewagt. Die brutalen Handlanger Davids kannten kein Mitleid und kein Erbarmen, das wusste sie aus Erfahrung. Sie war damals hier in ihrer Höhle bei jedem Geräusch zusammengezuckt und vor Angst fast gestorben. So nach und nach hatten sich aber der Verstand und der Körper gegen diese entsetzliche Furcht durchgesetzt. Sie hatte sich immer wieder gut zugeredet: Diese Trottel werden mich nicht finden! Ganz sicher nicht! Dazu sind die viel zu dumm! Nein, die finden mich nicht! Sie hatte schließlich mit einigen, eindeutig ihr gehörenden Kleinigkeiten wie Schlüsselanhänger, Zigarettenetui und Taschentuch mit ihren Initialen darauf eine falsche Fährte legen können, der die muskelbepackten Idioten auch prompt gefolgt waren. Inzwischen hatte sie sich in die andere Richtung aus dem Staub gemacht und war im erstbesten Haus verschwunden. In ihrer Panik war sie durch irgendwelche dunklen Keller und Gänge gerannt, ohne darüber nachzudenken, wie sie dort je wieder herausfinden sollte. Immer, wenn sie während ihrer kurzen Fluchtpausen ein verdächtiges Geräusch gehört hatte, war sie weiter in die Dunkelheit gestolpert, bis sie das Gefühl hatte, einigermaßen sicher zu sein. Und das war dann genau hier.

Nach zwei Tagen absoluter Unfähigkeit, klar zu denken oder logisch zu handeln hatte allerdings der Hunger angefangen, sie zu quälen und sie so aus ihrer Apathie geholt. Das Benzin in ihrem Feuerzeug war damals auch langsam zur Neige gegangen, sie hatte also irgendwas tun müssen, um irgendwie überleben zu können.

Wieder an die Oberfläche zu gehen und sich an die Polizei zu wenden kam für sie nicht in Frage, weil sie genau wusste, dass sie von dort keine Hilfe erwarten konnte. Ihr Ex hatte seine schmutzigen Pfoten in lukrativen, aber üblen Geschäften und überall gut bezahlte „Freunde“. Darüber Bescheid zu wissen und es nicht gut zu finden war ihr zum Verhängnis geworden. Irgendein korrupter Polizist hätte sie garantiert an ihn verraten und dann wäre ihr Tod sicher gewesen. Diese Schmach, dass er seine Frau nicht unter Kontrolle hatte und sie ihm weggelaufen war, hätte er niemals auf sich sitzen lassen. Diese Variante hatte sie also verwerfen müssen, wenn sie weiterleben wollte. Und so war sie auf die Idee gekommen, sich hier unten einzurichten.

Zwischen all dem sie umgebenden Gerümpel hatte sie auch die alte Petroleumlampe gefunden und einen riesigen Kanister mit dem entsprechenden Brennstoff. Ein bisschen Glück musste der Mensch ja schließlich auch mal haben! Als erstes hatte sie sich also um Beleuchtung gekümmert. Der nächste Punkt war die Sicherheit, wofür eine der herumliegenden Eisenstangen ideal geeignet war. So ausgestattet war sie auf eine mehrstündige Erkundungstour in die nähere Umgebung ihres Verstecks gegangen.

Es hatte auch nicht lange gedauert, bis sie in eine Gegend gekommen war, die sie meinte zu kennen. Ihr ausgezeichnetes fotografisches Gedächtnis war diesmal dabei ein großer Vorteil gewesen. Sie hatte die alte Leiter wiedergefunden, deren zweite Sprosse von oben etwas angeknackst war und sich nach diesem kleinen Erfolgserlebnis wieder auf den Rückweg gemacht. Am zweiten Tag hatte sie es bereits geschafft, den Weg zurück an die Oberfläche zu finden. Als sie zum ersten Mal wieder ins Tageslicht getreten war, hatte ihr ein schmerzhafter Lichtstrahl  die Tränen in die Augen getrieben. Doch dieser Schmerz war nichts im Vergleich zu dem gewesen, der seit einigen Tagen in ihrem Magen gewühlt hatte. Sie war damals auf der Suche nach Nahrung durch die Straßen gewandert und so irgendwann bei Mr. Chan gelandet. Vor seinem Geschäft war sie dann aus Schwäche zusammengebrochen. Der hilfsbereite, gutmütige Chinese hatte ihr mit einer Tasse heißem Tee und ein paar Bananen wieder auf die Beine geholfen. Als Stella einigermaßen zu Kräften gekommen war und sich auf den Rückweg machen wollte, hatte er sie nicht ohne eine riesige Tüte mit Früchten, Keksen, Milch und Tee gehen lassen. Es war ihr sehr peinlich gewesen, dass sie die Lebensmittel nicht bezahlen konnte. Sie hatte nur eine Kreditkarte besessen, aber die war natürlich inzwischen von David gesperrt worden. Um sich bei Mr. Chan zu bedanken, hatte sie ihm angeboten, bei ihm zu arbeiten. Doch eine Angestellte hatte er sich nicht leisten können oder wollen. So hatte sie ihn dann um ein Blatt Papier sowie einen Bleistift gebeten und ihn zum Dank mit geschickter Hand porträtiert. Dieses Machwerk hing nun eingerahmt in seinem Hinterzimmer. Er hatte ihr geraten, sie solle sich mit ihrem Talent doch in der Fußgängerzone Geld verdienen. Sie hatte damals erschrocken den Kopf geschüttelt und es für eine verrückte Idee gehalten. Doch da es das Einzige war, was sie wirklich gut beherrschte, hatte sie all ihren Mut zusammengenommen und sich auf „Kredit“ von Mr. Chan einen Skizzenblock sowie diverse Bleistifte besorgen lassen.  Mit diesen Utensilien und einem kleinen Klapphocker hatte sich Stella dann neben einem Kosmetikgeschäft niedergelassen. Die Geschäftsinhaberin war allerdings absolut nicht damit einverstanden gewesen und hatte mit der Polizei gedroht. Das war natürlich das allerletzte, was  passieren durfte, also war sie zu einem Spielzeuggeschäft umgezogen. Zuerst ist sie natürlich kaum beachtet worden und so hatte sie still vor sich hin gezeichnet, was ihr gerade vor die Augen kam. Aber ab und zu waren doch einige Passanten, besonders Kinder und ältere Damen, stehen geblieben und hatten ihre kleinen Kunstwerke bewundert. Und so war Stella dann doch zu etwas Geld gekommen, um ihre Schulden bei Mr. Chan bezahlen zu können. Doch damals war es warm gewesen, die Leute hatten gute Laune und Zeit. Jetzt im Spätherbst bei dem ungemütlichen Wetter mochte sich natürlich keiner in die Kälte stellen und warten, bis sie ihr Kunstwerk beendet hatte.




[editiert: 07.11.09, 19:15 von sheena]
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sheena
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 07.11.09, 19:24  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

3. Kapitel – Arme und reichte Jungen

In der winzigen Behausung angekommen, legte Stella ihre Sachen beiseite und machte Feuer in ihrem provisorischen Kamin, um ihr Geschenk aufzuwärmen. Sie stopfte einen der Kohlensäcke in den Spalt unter der Tür, damit es nicht gar so sehr zog.  Dann hockte sie sich auf ihren „Diwan“, starrte in die kleine Flamme und dachte über den huschenden Schatten nach. War es wirklich eines dieser Kinder gewesen oder vielleicht nur ein Tier? Während ihrer Überlegungen löste sie den Schal von ihrem Kopf. Zum Vorschein kam eine fast weißblonde Haarpracht, die ihr in weichen Wellen fast bis zur Hüfte reichte und ihre skandinavische Herkunft verriet. Sie schlüpfte aus den kaputten Schuhen, zog die Beine auf ihr Bett, versteckte die kalten Füße unter ihrem langen Mantel und zog sich eine der alten muffigen Feuerwehrdecken über die Schultern. Während sich ihr Süppchen langsam erwärmte, blätterte sie in ihren Skizzen herum. Immer wieder wanderte ihr Blick zu der Zeichnung, die sie von dem kleinen, etwa fünfjährigen Jungen mit den großen strahlendblauen Augen, dem rotbraunen Wuschelkopf und der merkwürdig zusammengestellten Kleidung angefertigt hatte. Er trug keine normale Jacke, sondern eine Art Steppweste, die nicht geknöpft, sondern mit kleinen Lederschnüren zugebunden war. Darunter sah man einen viel zu großen, sehr dicken Rollkragenpullover, der aus verschieden Wollresten gestrickt worden zu sein schien. Zum Schutz vor der Kälte trug er dicke Fausthandschuhe und eine dunkelblaue Wollmütze mit großer Bommel. Damit ihm die zu langen Ärmel seines Pullovers nicht über die Hände rutschten, hatte man zur Befestigung weiche Lederschnüre um seine Unterarme gewickelt. Die kleinen Füße steckten in kniehohen Stiefeln, deren Schäfte vermutlich aus einer alten Felljacke zusammengebastelt worden waren. Diese waren ebenfalls mit Lederschnüren umwickelt worden, damit sie ihm nicht herunterrutschen.

Er hatte vor diesem Spielzeugladen gestanden und war ganz in die Auslagen vertieft, so dass sie ihn unauffällig beobachten konnte. Irgendwann war ein älteres Mädchen aufgetaucht, die ein ähnliches Outfit trug. Sie war wohl schon eine geraume Zeit auf der Suche nach dem Jungen gewesen, denn sie hatte erleichtert aufgeatmet, als sie ihn dort mit leuchtenden Augen vor dem Schaufenster stehen sah. Die etwa 13-jährige hatte den Kleinen kurz in den Arm genommen, leise, aber zärtlich mit ihm geschimpft und ihn dann, trotz seines jammernden Protestes, mit sich genommen.


Stella tat der Kleine immer noch ein bisschen leid, weil es ganz so aussah, als wenn auch er immer nur die Verlockungen des Lebens ansehen, aber nie besitzen durfte. Und dann wurde dieses Vergnügen auch noch abgebrochen, bevor er sich hatte satt sehen können. Armer kleiner Kerl, dachte Stella. Wenn ich doch nur so könnte, wie ich gern wollte! seufzte sie leise in sich hinein. Du wüsstest sicher auch die kleinsten Geschenke zu schätzen. Wenn ich dagegen an meinen Sohn denke – der war schon im Kleinkindalter mit nichts zufrieden. Ganz der Papa!  Es war völlig egal gewesen, was man dem Kind schenkte, nach zwei Minuten war es uninteressant und landete in der nächsten Ecke. Manches hatte der Junge nicht einmal ausgepackt. Er ließ sich durch kaum etwas begeistern. Spielzeug, Bücher, Musikinstrumente - nichts interessierte ihn. Sein Vater hatte ihn sehr zeitig an seinem Computer herumspielen lassen. Damit konnte sich das Kind stundenlang beschäftigen. Er bekam dann auch mit fünf Jahren seinen eigenen kleinen Kindercomputer. Aber der war nach zwei Wochen schrottreif, weil das Ding natürlich viel primitiver war als der seines Daddy's. Also flog das Gerät, weil es Jared's Ansprüchen nicht genügte, in einem Wutanfall durch die Gegend. Erst als er alt genug für einen richtigen Computer war, konnte man ihm mit teurer Technik und Unmengen von Spielen ein kleines Lächeln abringen. Allerdings musste es immer das Teuerste sein. Als Jared in der vierten Klasse war, glich sein Kinderzimmer bereits einem Flugzeugcockpit.

Es fing langsam in dem kleinen Raum an, verführerisch zu duften. Stella kramte ihren alten Plastiklöffel hervor und rührte vorsichtig in dem Töpfchen. Sie schüttete eine handvoll Instantnudeln in die Brühe und rührte weiter, bis die Nudeln bissfest waren. Sie nahm einen alten Fetzen zur Hand, um sich nicht zu verbrennen, hielt sich das Töpfchen unters Kinn und löffelte langsam, mit geschlossenen Augen die Suppe. Dabei dachte sie lächelnd und dankbar an Mr. Chan und seine ältere Schwester. Stella fühlte, wie die heiße Flüssigkeit ihre Speiseröhre entlang hinunter zum Magen rann und sich die Wärme von dort aus über den gesamten Körper bis in die Finger- und Zehenspitzen verteilte. Ein herrliches Gefühl! Es war das Köstlichste, was sie in den letzten Tagen zu sich genommen hatte. Diese Suppe hatte nur einen winzigen Fehler – sie war viel zu schnell aufgegessen! Sie seufzte vor Behaglichkeit. Endlich mal wieder mit halbwegs vollem Magen und warmen Füßen ins Bett! Sonst hatte sie ja immer nur das gegessen, was andere nicht mehr wollten. Meistens kaltes und teilweise überlagertes oder vertrocknetes Zeug, dass ihr mitleidige Seelen heimlich aus den Hintertüren der Restaurants zusteckten.

Stella stellte das kleine leere Gefäß auf den Boden, kippte auf ihrem Lager einfach zur Seite und genoss das warme Gefühl. Sie sah noch einen Moment den langsam verlöschenden Flammen in ihrem Ofen zu und war kurz darauf eingeschlafen.


 

 



[editiert: 07.11.09, 19:32 von sheena]
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schneeeule
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 07.11.09, 19:41  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

Bis jetzt ist die Geschichte noch ganzschön traurig.
Aber ich hab sie ja schon etwas weiter gelesen, im Fanfiktion.net. Da schau ich jeden Tag nach ob es weiter geht.

Jedenfalls ist sie schön zu lesen




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sheena
Tunnelexperte


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New PostErstellt: 08.11.09, 12:38  Betreff: Re: eine neue familie  drucken  weiterempfehlen

ich fürchte, sie wird auch nicht sehr viel lustiger werden.  tut mir leid. aber vllt. fällt mir ja später noch was fröhlicheres ein.

4. Kapitel – Auf der Suche nach Wärme

Stella wurde durch ein ungewohntes Geräusch geweckt. Da war noch etwas anderes als nur das inzwischen vertraute Knacken der Dampfleitungen, das Tropfen des Wassers sowie das Klopfen an die Rohre, von dem sie bisher nicht herausgefunden hatte, wodurch es verursacht wurde. Es schien ihr, als wäre es eigentlich gar kein richtiges Geräusch, sondern mehr eine Luftbewegung gewesen. Oder ein Traum? Sie blieb bewegungslos liegen und lauschte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Ihr Herz klopfte rasend, als hätte sie gerade einen Sprint hinter sich. Ganz vorsichtig tastete sie nach der Eisenstange, die sie immer neben sich bereit liegen hatte. Nach zehn atemlosen Minuten, in denen sie nichts weiter als Knacken, Klopfen, Zischen sowie das stete leise Tröpfeln wahrnahm, gab sie ihre angespannte Haltung auf und setzte sich tief durchatmend auf. Langsam beruhigte sich ihr Herz wieder. Stella suchte nach den Zündhölzern, fand sie am Kopfende und machte Licht. Sie schlich an die Tür, öffnete sie einen winzigen Spalt und lauschte noch einmal angestrengt. Alles war ruhig. Nichts schien verdächtig. Stella atmete erleichtert auf, schüttelte über sich selbst den Kopf und schloss leise wieder die Tür. Wie spät war es eigentlich und wie lange hatte sie geschlafen? Sie kramte in ihren Manteltaschen nach der alten Armbanduhr. Das Uhrglas war auf der Flucht zerbrochen, aber ansonsten funktionierte sie noch. Es war gerade 5.45 Uhr. Noch viel zu früh zum Aufstehen! Aber an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Doch oben war es noch dunkel und es würde sich nicht lohnen, sich schon wieder für Nichts und wieder Nichts kalte Füße zu holen. Nicht einmal Mr. Chan würde jetzt schon geöffnet haben. Was sollte sie also dort? Hier unten war es allerdings im Moment auch nicht gerade warm. Und da sie so aus dem Schlaf aufgeschreckt war, zitterte sie am ganzen Körper.  Es war dummerweise auch kein Brennholz mehr in dem Kämmerchen zu finden, denn das hatte sie am Abend zuvor aufgebraucht. 

Aber Stella fiel etwas anderes ein: der Plastiksack in der Ecke! Er war voll mit alten Bekleidungsstücken, die sie sich vorgestern von einigen Müllplätzen zusammengesucht hatte. Zu Beginn ihrer Zeit als freiwillige Obdachlose war es ihr sehr schwer gefallen, getragene Kleidung anzuziehen. Doch was blieb ihr weiter übrig? Als sie floh, war Sommer gewesen und sie hatte damals nur ein leichtes Kleid und Pumps getragen. Aber in den Kellern, in denen sie sich versteckt hatte, war es auch bei 32° C ziemlich frisch gewesen. Als die Nächte dann anfingen, empfindlich kalt zu werden, musste sie sich überwinden. Dazu kam noch, dass mit der Zeit Schmutz und Schweiß deutliche Spuren auf dem Kleid hinterlassen hatten. Es war einfach für ein Leben in den Tunneln nicht gemacht. Stella hatte begonnen, sich auf der Suche nach geeigneterer Kleidung auf den Hinterhöfen herumzudrücken und war ziemlich schnell fündig geworden. Sie staunte, was die Leute alles so wegwarfen und wurde sich bewusst, dass sie bis vor ein paar Wochen auch dazugehört hatte. Mittlerweile hatte sie herausgefunden, auf welchen Höfen und Müllplätzen die brauchbarsten Dinge zu finden waren. Allerdings musste man entweder schnell laufen können und durfte keine Angst vor Hauswarten und Hunden haben oder man musste hübsch sein und gut schmeicheln können. Letzteres setzte sie des Öfteren ein, um einige der Hausmeister dazu zu bringen, ihr das eine oder andere Stück zu überlassen.  

Stella konnte sich erinnern, letztens eine alte Jogginghose gefunden zu haben. Sie musste in diesem Sack sein! Wieso bin ich nicht gestern schon auf die Idee gekommen? überlegte sie und wühlte in Kleidern herum. Und tatsächlich – da war das ausgebeulte Ding. Sie war unten an den Hosenbeinen etwas ausgefranst und roch muffig. Aber Stella hatte es sich schon längst abgewöhnt, in Bezug auf Aussehen und Geruch der Kleidung wählerisch zu sein. Diesen Luxus konnte man sich in so einer Situation einfach nicht leisten, obwohl sie immer bemüht war, halbwegs sauber zu wirken. Sie zog die Hose über die fadenscheinigen Strümpfe und sorgte mit einem Bindfaden dafür, dass das viel zu große Kleidungsstück nicht sofort wieder von ihrem zierlichen Körper rutschte. Stella sah an sich herunter und schüttelte den Kopf. Das war mit Sicherheit ein lächerlicher Anblick. Egal, unter dem langen Mantel würde es niemand sehen. Es achtete ja sowieso niemand auf sie. Die Zeiten, in denen sie mit Schönheit und Eleganz die Blicke auf sich zog, waren längst vorbei. Aber sich wie ein Eskimo einzumummeln konnte keine endgültige Lösung sein. Sie musste unbedingt wieder auf die Suche nach Brennholz gehen. Nicht nur, um sich wärmen, sondern auch, um wenigsten Wasser heißmachen zu können. Außerdem konnte sie dann auch Petroleum sparen. 

Sie hängte sich eine alte Schultasche über die Schulter, griff ihre Lampe sowie die Eisenstange und verließ den kleinen Verschlag. Da in Richtung Ausgang schon alles Holz, was dort herumgelegen hatte, aufgebraucht war, wollte Stella es diesmal in der anderen Richtung versuchen. Sie verspürte nämlich nicht die geringste Lust, eine halbe Stunde bis an die Oberfläche zu wandern und sich für die Holzsuche der Kälte auszusetzen. Allerdings kannte sie sich in den tieferen Gängen noch nicht so gut aus. Aber ihr fotografisches Gedächtnis und die Eisenstange, mit der sie Zeichen in den Boden ritzen konnte, würden ihr dabei helfen, wieder zurückzufinden. So machte sie sich also vorsichtig und neugierig auf den Weg.

Die junge Frau war noch gar nicht lange unterwegs, da fand sie auch schon, wonach sie suchte: einen Stapel alter, unbrauchbar gewordener Holzkisten, morsch und teilweise schon zerbrochen. Das war mindestens Vorrat für eine Woche! Da würde sie wohl einige Mal hin- und her laufen müssen, um das alles in ihr Versteck zu bringen. Stella lächelte und machte sich daran, ein paar Kisten zu zertreten, um das Material besser transportieren zu können. Sie stopfte, soviel sie tragen konnte, in die alte Tasche und machte sich auf den Rückweg. 

Als sie sich ihrer Unterkunft näherte, beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl, eine seltsame Beklemmung, die sie sich nicht erklären konnte. Es war die gleiche ungute Ahnung, die sie damals empfand, als sie feststellte, dass David dahinter gekommen war, dass sie seine miesen Geschäfte durchschaut hatte. Noch bevor er sie zur Rede gestellt hatte, wusste sie, dass er es wusste.  Zu allem Überfluss kannte er auch ihre Fähigkeit, alles, was sie jemals gesehen hatte, haarklein wiedergeben zu können. Er war einst stolz darauf gewesen und hatte immer gern mit der Gabe seiner jungen Frau angegeben. Bis sie ihm unbequem wurde. Da fing er an, sie zu bedrohen und diesen Drohungen mit körperlicher Gewalt Nachdruck zu verleihen. Monatelang hatte sie es ertragen, ertragen müssen, weil sie niemanden hatte, an den sie sich hätte wenden können. Außerdem war sie der Meinung gewesen, dass auch ihr Sohn Schutz vor dem Vater brauchte, bis sie bemerkte, dass der 13-jährige Jared mit Haut und Haaren für seinen Dad eingenommen war. Er vergötterte David, folgte ihm auf Schritt und Tritt, ahmte ihn nach und tat alles, um ihm zu gefallen. Als der Junge sah, wie sein Vater sie behandelte, dauerte es nicht lange und er hatte allen Respekt vor ihr verloren. Der Teenager fing an, mit ihr in dem gleichen verachtenden Ton zu reden und sie bewusst zu beleidigen wie es sein Vater tat.  Der gab ihm dabei auch noch Rückendeckung und entschuldigte es mit der Pubertät. Eines Tages vergriff sich Jared an ihrer Handtasche, um sich die Kreditkarte zu nehmen. Er versuchte nicht einmal, es zu verheimlichen.  Als sie von ihm mit Nachdruck die Herausgabe verlangte, lachte er sie aus.  Dann machte sie den Fehler, ihm die Karte aus der Hand reißen zu wollen – da schlug er zu! In diesem Moment wurde ihr endgültig schmerzhaft klar, dass sie den Sohn an den Vater verloren hatte. Aber nicht der heiße Schmerz auf ihrer Wange war es, der ihr zu schaffen machte, sondern der Schmerz im Herzen, feststellen zu müssen, dass dieses einst so liebe Kind nicht wieder zu erkennen war. Sie konnte es nicht fassen und überlegte lange, wann und wo sie etwas hätte anders machen müssen. Aber der Übergang war so schleichend gekommen, dass es einen direkten Moment vermutlich gar nicht gab. 

Als Stella bewusst geworden war, dass sie nun nichts mehr besaß, überhaupt nichts mehr, was ihr noch wichtig war und sie hier halten konnte, fasste sie den Entschluss, sich scheiden zu lassen, nach Europa zurückzugehen und dort neu anzufangen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass David darüber ganz anders dachte, obwohl er offensichtlich gar nichts mehr für sie empfand. Sie wusste viel zu viel und darüber hinaus konnte sein männliches Ego es nicht zulassen, als Eheversager vor seinen Freunden und Geschäftspartnern dazustehen.  So fing er also an, sie einzusperren und von seinen Schlägern überwachen zu lassen. Stella hatte mehrere Versuche gestartet, zu entkommen. Die beiden Muskelprotze hatten sie aber immer wieder gefunden und eingefangen. Jedes Mal rastete David völlig aus und prügelte sie windelweich. Danach hatte er ihr im Ehebett auf äußerst brutale Weise gezeigt, welche ihr Pflichten als seine Ehefrau waren. Allerdings hatte er es nach ihrem letzten Ausbruchsversuch zu arg getrieben und ihr mit seinen Schlägen und Tritten sehr schwere innere Verletzungen zugefügt. Sogar sein Hausarzt, der sonst immer auf seiner Seite stand und ihre Verletzungen als Lappalien herunterspielte, hatte aufgegeben und zu ihrem Glück dafür gesorgt, dass David es zuließ, sie in’s  St. Sinai Hospital einliefern zu lassen. Vermutlich hatte der alte Quacksalber Angst vor David und den Behörden bekommen, sollte sie ihm unter den Händen wegsterben. Die Ärzte hatten sie mehrere Stunden operieren müssen, um ihr Leben zu retten. Zur Erinnerung trug sie nun für den Rest ihres Lebens eine riesige Narbe auf dem Bauch. Für die Ärzte hatte sie selbstverständlich einen „Unfall“ gehabt, an dem sie natürlich selbst Schuld gewesen war. Aber dieser Aufenthalt im Krankenhaus war ihr Glück im Unglück, denn sie hatte von dort in einem unbeobachteten Moment fliehen können. Allerdings war ihr Verschwinden nicht allzu lange unentdeckt geblieben und die Männer hatten sie durch halb New York gehetzt. Bis hierher!

5. Kapitel - Neugier 

Stella öffnete, so vorsichtig und leise es bei diesem baufälligen Ding möglich war, die Tür zu ihrem Kämmerchen. Aber da war natürlich niemand, alles war ruhig und dunkel. Erleichtert machte sie sich daran, ein Feuer in Gang zu bringen, um sich Wasser kochen zu können. Sie brauchte was Warmes. Ein Kaffee wäre jetzt herrlich, dachte sie sehnsüchtig. Mit Milch und ganz viel Zucker. Dazu ein Schokocroissant! Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, hielt sie die kalten Hände über das Feuer. Ihr Blick viel auf die Zeichnungen. Irgendetwas war anders. Stella zog nachdenklich die Stirn kraus und überlegte, was es war. Da fiel ihr wieder ein, dass sie am Abend zuvor als Letztes das Bildnis von dem süßen Jungen angesehen hatte. Es hatte auf dem kleinen Papierstapel ganz obenauf gelegen, das wusste sie genau! Jetzt war da das Gesicht des jungen Studenten aus Frankreich zu sehen, der ihr statt Geld einen seiner Burger schenkte und dann das Bild gar nicht haben wollte.  Wo aber war die Zeichnung von dem Kleinen? Sie blätterte alles nochmals durch. Nichts! Es war verschwunden! Womöglich hatte sie es versehentlich mit ihrem langen Mantel von der Kiste gewischt, die als Tischchen diente. Stella suchte den ganzen Raum ab, aber sie fand es nirgendwo. Es blieb verschwunden. Ob sich ihre komische Ahnung bestätigte? War vielleicht doch jemand hier gewesen? Aber wer klaute denn eine Bleistiftzeichnung? Sie blätterte nochmals alles durch und – fand das Bild! Es lag ganz zu unterst! Ich glaube, ich werde langsam verrückt! Ständig glaube ich, mich würde jemand verfolgen! dachte sie und strich sich mit der Hand über die Stirn, als würden dadurch diese unangenehmen Gedanken verschwinden.  

Da hörte Stella es vor der Tür rascheln! Ein Reflex ließ sie nach der Eisenstange greifen und sich in die Ecke hinter der Tür hocken. „Wer ist da?“. Natürlich bekam sie keine Antwort, aber ihr war so, als höre sie ein leises unterdrücktes Kichern. Das konnten nur diese Kinder sein! Sie mussten ihr Versteck entdeckt haben. Stella riss beherzt die Tür auf. „Was wollen Sie von mir?“ fragte sie laut in die Dunkelheit. Sie musste sich große Mühe geben, das Zittern in ihrer Stimme nicht hören zu lassen. Wieder kam keine Antwort. Sie huschte in den kleinen Raum zurück, schlug die Tür hinter zu und lehnte sich dagegen, als würde sie dadurch verhindern können, dass doch jemand zu ihr eindrang. Also doch! dachte sie. Ich bin doch noch nicht irre. Hier war tatsächlich jemand drin und hat in meinen Zeichnungen gewühlt! Ob es wirklich nur Kinder waren? Wenn ja, wieso trieben die sich denn schon zu so früher Stunde hier herum? Es war gerade erst 7:30 Uhr! Aber ein Erwachsener hätte vermutlich versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Warum sonst hätte er sich zu solch einer Zeit auf den Weg zu ihr machen sollen? Oder nicht? Sie war völlig durcheinander. Was mache ich denn jetzt? Umziehen? Aber wohin denn? Kann ich sicher sein, dass sie mich nicht auch woanders finden? Die wohnen sicher schon viel länger hier unten als ich und kennen sich bei Weitem besser aus. Der Gedanke daran, aus ihrem kleinen Unterschlupf wieder ausziehen zu müssen, um weiterhin ihre Ruhe haben zu können, war ihr mehr als lästig. Inzwischen hatte sie soviel Kram zusammengeschafft, dass es sehr mühselig wäre, es an einen anderen Ort zu schleppen. Andererseits wäre es ja vielleicht gar nicht schlecht, jemanden in der Nähe zu wissen, der einem im Notfall helfen konnte. Man müsste nur herausfinden, mit wem man es wirklich zu tun hatte. Waren es gute Menschen? Wer Kinder bei sich hat, konnte doch eigentlich nur gut sein, oder nicht? Sie schüttelte innerlich den Kopf und musste an David und Jared denken. Die beiden waren alles, aber bestimmt keine guten Menschen! Wenn Stella herausfinden wollte, wer da um ihr Kämmerchen schlich, sich ihre Sachen ansah und zu wem derjenige gehörte, würde sie sich wohl überwinden und den Kontakt suchen müssen. 

Stella machte sich aber zunächst einmal „Frühstück“. Sie goss das inzwischen kochende Wasser in die alte Blechdose, die ihr als Tasse diente und gab einige Krümel Tee dazu. Langsam trank sie dieses leicht angefärbte Wasser, damit der Magen endlich ein wenig Ruhe gab. Sie schaute noch einmal in der Kiste nach, die sie für Vorräte, wenn sie denn mal welche hatte, benutzte. Aber da fand sich absolut nichts Nahrhaftes mehr. Nicht einmal ein alter Keks. Stella seufzte. War es schon wieder Zeit zum Betteln gehen? Oh, wie sie das hasste! Sie zählte die Geldstücke nach, die sie noch übrig hatte. 6 Cent und ein Knopf! Großartig! Gedankenverloren kaute sie an einer trockenen Nudel und fragte sich, ob sie den Winter auf diese Weise überleben würde. Es musste etwas passieren, das stand fest. Die Idee, mit den Anderen Kontakt aufzunehmen, setzte sich immer mehr in ihrem Kopf fest. Wenn die schon länger so lebten, dann wussten die vielleicht noch andere Möglichkeiten, sich Nahrung zu besorgen als an den Hintertüren der Restaurants zu betteln. Aber würden die ihre Quellen preisgeben und mit ihr teilen? Und waren die legal? Sie würde auf keinen Fall straffällig werden wollen! Dann war da noch die Frage, wie und wo sie die Anderen finden würde. Sollte sie ihnen erst einmal nachschleichen und beobachten oder gleich offen auf sie zugehen? In Anbetracht dessen, dass die hier eingedrungen waren und in ihren Sachen rumgewühlt hatten, konnte es ja möglich sein, dass die bösartig waren. Andererseits hatten sie nichts zerstört oder gestohlen. Sie hatten ihr auch nicht aufgelauert, um ihr etwas anzutun. Stella seufzte. Zögernd stellte sie die geleerte Büchse beiseite und begann, die alte Tasche neu zupacken, diesmal mit Skizzenblock und Stiften. Ebenso steckte sie ihre Handtasche ein, die sie bei der Flucht noch bei sich hatte. Der Inhalt konnte durchaus nützlich sein. Sie löschte das kleine Feuer, nahm Lampe sowie Eisenstange und machte sich auf den Weg. 

Stella wollte zuerst den Weg nehmen, der sie zu den alten Holzkisten geführt hatte. Aber dann dachte sie, dass das unsinnig wäre. Da sie den Unbekannten vorhin nicht begegnet war, mussten die aus einem anderen Gang gekommen sein. Der Weg, den sie benutzt hatte, wurde von einem anderen, kleineren Tunnel gekreuzt. Doch welcher der beiden Abzweige war denn nun der richtige? Sie entschied sich kurzerhand für den linken, aber nach einer viertel Stunde wurde der Gang immer niedriger und enger. Selbst sie, die relativ klein und zierlich war, musste sich schon in gebückter Haltung hindurchzwängen. Plötzlich war vor ihr eine Wand. Hier war also Endstation. Stella schnaufte enttäuscht und machte kehrt. Als sie am Ausgangpunkt angekommen war und nun den vor ihr liegenden Tunnelgang weitergehen wollte, stolperte sie über ein kleines Päckchen, das genau in der Mitte der Kreuzung lag. Erstaunt wollte sie danach greifen, zuckte dann aber zurück und schaute mit pochendem Herzen in jeden der Gänge. Aber da war niemand!  Es musste aber in der Zwischenzeit jemand hier gewesen sein, denn das Päckchen hatte vorher nicht dort gelegen. Das hätte sie bemerkt! Ob das eine Falle war? Stella fühlte sich plötzlich beobachtet und sehr unbehaglich. Vorsichtig stieß sie mit der Eisenstange an das, was da vor ihr lag. Es war eine Papiertüte mit irgendetwas darin. Sie wartete einen Moment, ob sich irgendwo etwas regen würde. Aber es explodierte nichts und es schlang sich auch nicht plötzlich ein Strick um sie, keine Falltür öffnete sich unter ihr und es schrillten auch keine Alarmglocken. Als all ihre schlimmen Erwartungen ausblieben, fing sie an, so lange mit der Stange an der Tüte herumzustochern, bis das Papier zerriss und etwas über den Boden rollte. Mit der Lampe beleuchtete sie dieses verdächtige Etwas. Sie konnte ihr Glück kaum fassen – ein Apfel und ein Stück trockenes Brot! Stella vergaß jede Vorsicht, ließ die Stange fallen, hockte sich auf den Boden und stopfte sich gierig das Brot in den Mund. Natürlich war das keine gute Idee, denn sie verschluckte sich daran und musste heftig husten. Sie brauchte eine Weile, um sich von dem Hustenanfall zu erholen. Als das Atmen wieder leichter fiel, versuchte Stella es noch einmal – diesmal allerdings mit  kleinen Stückchen und langsamem, gründlichem Kauen, um diese Mahlzeit so lange wie nur möglich genießen zu können. Sie lehnte sich an die kalte Wand, schloss selig die Augen und lächelte. Plötzlich kam ihr ein unangenehmer Gedanke: Was, wenn das hier jemand  verloren hat? Hoffentlich hab ich  jetzt niemandem etwas weggegessen? Könnte aber auch sein, dass meine „Schatten“ es absichtlich hier hinterlassen haben. Extra für mich? Na, wie auch immer – ich bin demjenigen jedenfalls sehr dankbar. Stella räusperte sich und rief ein lautes „Danke!“ in die Tunnel! Sie lauschte einen Moment lang, ob sie Antwort bekommen würde. Als sich wiederum nichts Außergewöhnliches tat, rappelte sie sich wieder auf und klopfte überflüssigerweise den Staub vom Mantel. Der Apfel verschwand in der Tasche. Für später, dachte sie, wer weiß, wann ich mal wieder so ein Glück habe! Dann betrat sie den nächsten Gang. 

Dieser Weg war bedeutend bequemer zu passieren. Es fiel ihr auf, dass sich in Kopfhöhe zwei Rohre durch diesen Tunnel zogen. Ab und zu hörte man dieses helle Klopfen, wie Stella es schon bis in ihr Versteck gehört hatte, nur viel deutlicher. Nach 10 Minuten musste sich die junge Frau erneut zwischen zwei Wegen entscheiden. Es schien ihr richtig zu sein, weiterhin den Rohren zu folgen. Die Durchgänge, die in unregelmäßigen Abständen rechts und links abzweigten, gähnten ihr wie riesige Mäuler entgegen. Bildete sie sich das ein oder wurde es dort vorn heller? Tatsächlich – je tiefer man in’s Innere vordrang, desto mehr wich die Dunkelheit. Da war auch ein Rauschen zu vernehmen, das immer stärker wurde. Sie überlegte, ob sie dem nachgehen sollte, aber dann würde sie den Weg mit den Rohren verlassen müssen. Die verschwanden nämlich im letzten der Durchgänge, die sie passieren mussten. Stella wählte das Licht, denn sie würde die Rohre auf dem Rückweg schon wieder finden. Wo wäre ich wohl jetzt, wenn ich den gleichen Weg an der Oberfläche zurückgelegt hätte? Nach meinen schmerzenden Füßen zu urteilen, wäre das sicher schon Alaska! Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte Stella, dass sie schon fast anderthalb Stunden unterwegs war. Bei dem Gedanken daran, dass der gleiche Weg ja noch einmal zurückgelegt werden musste, um wieder „nach Hause“ zu kommen, stöhnte sie leise. Daran hätte ich schon viel eher denken müssen! Aber erst will ich noch wissen, was da vorn so rauscht und woher das Licht kommt!  

Während Stella bisher immer bergab gegangen war, ging ihr Weg plötzlich in eine Steigung über und es wurde extrem eng. Sie musste auf allen Vieren kriechen, um den Anstieg zu bewältigen. Es war überaus anstrengend und schweißtreibend, aber sie musste unbedingt wissen, was da vorn war. Die Öffnung, durch die das Licht fiel, war nicht mehr weit entfernt. Sie hielt inne und lauschte wieder. Da waren Stimmen! Ja, helle Kinderstimmen! 



[editiert: 08.11.09, 13:10 von sheena]
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