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BatB-Fanfic "Schicksalhafte Erinnerungen"

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Kathrin

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New PostErstellt: 05.07.05, 09:09  Betreff: BatB-Fanfic "Schicksalhafte Erinnerungen"  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Titel: Schicksalhafte Erinnerungen
Autor: Kathrin
Altersfreigabe: frei
Rechte: Die Charaktere dieser Geschichte gehören Ron Koslow and the Witt Thomas Produktion. Die Geschichte entstand aus reinem Spaß an der Serie und am Schreiben. Sie dient nicht zu kommerziellen Zwecken. Mein einziger Lohn sind hoffentlich viele nette Feedbacks
Kategorie: Beauty and the Beast - Abenteuer
Inhalt: Joe erinnert sich an ein Erlebnis aus seiner Jugend
Kommentar: So könnte doch vielleicht ein Wunsch von Catherine in Erfüllung gehen.
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Schicksalhafte Erinnerungen

***

 Spätsommer 1969:  

Der wolkenlose Himmel und die schon recht warmen Sonnenstrahlen am Morgen versprachen einen schönen Tag. Die kleinen, hübschen Reihenhäuser mit gepflegtem Rasen, welche eigentlich eher in ein Kleinstadtbild als in das einer Großstadt wie New York passten, standen friedlich und verschlafen nebeneinander. Die Jalousien in den meisten Häusern waren noch heruntergelassen, und keine Menschenseele war zu sehen. Nur im Haus der Maxwells herrschte reges Treiben und die Kinder machten sich für die Schule fertig.

"Joe, bitte beeile dich ein bisschen. Deine Schwester ist schon gegangen und du hast noch nicht einmal gefrühstückt."

Wie auf Kommando kam im Obergeschoss ein vierzehnjähriger Junge angerannt, stürmte die Treppe hinunter, nahm die letzten fünf Stufen mit einem Satz und erschien sogleich bei seiner Mutter in der Küche.

"Mom, entschuldige", versöhnend drückte er ihr einen Kuss auf die Wange. "Ich musste nur noch meinen Baseballschläger holen." Nebenbei schob der Junge sich schnell ein Frühstücksbrot in den Mund und griff nach seiner Schultasche. "Ist Dad schon von der Nachtstreife zurück?"

Gespielt vorwurfsvoll warf Mutter Maxwell Joe einen strengen Blick zu. "Nein, und wenn du nicht bald gehst, kommst du zu spät zur Schule."

Den Baseballschläger in der einen Hand, seine Tasche in der anderen, stand Joe in der Tür. "Sag' Dad, er darf das Spiel heute Nachmittag nicht verpassen. Es ist wichtig, denn dieses Jahr zeigen wir den Ohio Grizzleys, wer die Champions sind!"

Leicht gab die Mutter ihm einen Klaps auf das Hinterteil und wies nach draußen. "Er vergisst es bestimmt nicht und nun los, verschwinde endlich." Lächelnd schaute sie ihrem Ältesten nach. Er war ein aufgeweckter Bursche und an diesem Spiel lag ihm so viel. Sie wusste, der Junge würde einmal den richtigen Weg gehen. Doch im Moment machte sie sich eher Sorgen um ihren Mann, der schon längst vom Polizeinachtdienst hätte zu Hause sein müssen.

 *** 

Keiner der Teenager zeigte an diesem Tag rechten Elan in der Schule. Fast alle waren in Gedanken bei dem bevorstehenden Baseballspiel ihrer High-School-Mannschaft. Die N.Y.-Tigers gegen die Ohio Grizzleys. Im Vorjahr hatten sie ganz knapp verloren, und dieses Mal wollten sie das Heimspiel zu ihren Gunsten entscheiden.

Aufgeregt schaute Joe immer wieder in die Zuschauerreihen, aber leider konnte er seinen Vater nirgends entdecken. Ziemlich enttäuscht spielte er mit seiner Mütze, bis plötzlich ein gleichaltriges Mädchen hinter ihm auftauchte.

"Na, du machst ja nicht gerade den glücklichsten Eindruck. Wenn ihr das Spiel heute gewinnen wollt, müsst ihr auch daran glauben." Leslie, die Tochter des Trainers, hatte schon seit längerer Zeit ein Auge auf Joe geworfen, und sie war ihm auch nicht gleichgültig.

Verlegen lächelte er dem schlanken, hübschen Mädchen mit den hellen Augen zu. "Wir werden heute gewinnen und diesen Grizzleys das Fürchten lehren."

"Aber... du hast doch irgend etwas?" Manchmal war sie mehr Trainer als ihr Vater; und durchdringend musterte das Mädchen Joe. "Sag schon."

"Ach, mein Dad hatte versprochen, bei dem Spiel heute dabei zu sein, aber ich konnte ihn noch nicht sehen."

Aufmunternd schubste sie ihn an.

Dann begann das Spiel und die Tigers ließen die Grizzleys gar nicht richtig zum Zuge kommen. Ehe man sich versah, führten sie 5:0. Einige Bälle wurden von Joe sogar fast bis hinter die Abgrenzung geschlagen, so dass er selbst über sich staunte. Am Ende verloren die Spieler aus Ohio 12:6 gegen die Tigers.

Obwohl Joe in diesem Augenblick sehr glücklich war; hatte er doch das ganze Spiel durch gehofft, seinen Vater zwischen all den Menschen zu entdecken. Er wusste, es musste ihn schon etwas sehr Wichtiges aufgehalten haben, wenn er nicht erschienen war und gerade das beunruhigte den Jungen.

Der Trainer lud im Anschluss seine gesamte Mannschaft zu einem zünftigen Festschmaus mit Cola und Hamburgern ein. Nur Joe entschuldigte sich, er müsse nach Hause. Bevor er ging, erhielt er von Leslie als Gratulation noch einen Kuss auf die Wange. Etwas verlegen errötete er und wendete sich schnell ab. 

*** 

Es war später Nachmittag, als Joe nach Hause kam. Sein erster Blick fiel auf ein fremdes Auto und einen Streifenwagen vor dem Haus seiner Eltern. Meist kam sein Vater doch mit der Bahn und dann zu Fuß von der Arbeit? Wobei er schon längst hätte daheim sein sollen? Irgendwie spürte Joe, dass etwas nicht stimmte. Mit einem flauen, angstvollem Gefühl in der Magengegend betrat er die Wohnung.

Stille bedeckte den Raum. Seine Mutter saß zusammengesunken, das Gesicht in den Händen vergraben, in einem Sessel. Neben ihr standen Steve Andrews, der Partner seines Vaters und noch zwei Männer; Polizisten in Zivil.

Joe warf fragende Blicke von einem zum anderen. Angst lag in seinen Augen. Ganz leise kam es über seine Lippen. "Mom, wo... wo ist Dad?"

Nur ein verhaltenes Schluchzen war zu vernehmen. Kurz hob sie den Kopf, um im nächsten Augenblick wieder Halt in ihren Händen zu suchen.

Steve Andrews trat ein paar Schritte auf den Jungen zu. Man merkte, dass es ihm schwer fiel, die richtigen Worte zu finden. "Joe, dein Vater wird nicht wiederkommen." Einen kurzen Moment hielt er inne, wie um selbst neu Kraft zu schöpfen. "Er... er ist tot Oh, es tut mir so schrecklich leid, Junge."

Aus Joes Gesicht wich jegliche Farbe. Sein Griff um den Baseballschläger, den er noch in der Hand hielt, wurde schmerzlich fester. Unter Tränen würgte er nur ein Wort hervor:  "Wie?"

"Ihm wurde aufgelauert. Jugendliche, eine Clique oder eine Bande nehmen wir an. Sie raubten ihm die Dienstwaffe, seine Uhr und haben ihn mit einem Messer verletzt. Die Typen haben ihn verbluten lassen. Joe, es tut mir leid..." Andrews hasste sich selbst für diese Schilderung, aber wie hätte er es dem Jungen sonst sagen sollen? Wie konnte man in solch einer Situation überhaupt passende und vor allem tröstende Worte finden?

Im ersten Moment stand Joe nur stumm da. So, als habe er alles, was Andrews sagte, gar nicht wahrgenommen, als sei das Ganze nur ein böser Traum. Erst die Stimme seiner Mutter holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Mit ausgestreckten Armen rief sie weinend seinen Namen. Doch Joe wollte nichts hören und nichts sehen. Blind vor Tränen rannte er zur Tür hinaus. Noch immer den Baseballschläger in der Hand lief er los, ohne stehen zu bleiben und ohne sich umzudrehen.

*** 

Langsam begann es zu dämmern, als Joe sich in einer Gegend wiederfand, die ihm bekannt und gleichzeitig unbekannt vorkam. Sein Weg hatte ihn unbewusst in die South Bronx geführt, dorthin wo man seinen Vater einfach sinnlos umgebracht hatte.

Ausgebrannte Autos und Häuser; Dreck und Müll an jeder Hausecke. Armut, Gewalt und  Elend kennzeichneten diesen Stadtteil New Yorks.

Vor einiger Zeit war Joe schon einmal in dieser Gegend gewesen. Nicht direkt an diesem  Ort, aber zusammen mit seinem Vater und vor allem zu einem besseren Zeitpunkt. Gemeinsam besuchten sie damals ein Baseballspiel der berühmten NY Yankees, dessen Stadion sich in der Nähe befand.

Für die Missstände und das menschliche Elend in dieser Gegend hatte Joe zu der Zeit noch keine Augen gehabt. Damals war er zu jung dafür gewesen. Doch jetzt, wo er so durch die Straßen irrte, über Müllberge stieg und übelriechenden Rinnsalen auswich, spürte er die Blicke der Drogensüchtigen und die der teilweise verwahrlosten Kinder auf sich. Unbehagen und auch Angst überkam ihn. Er war ziellos durch die Straßen gelaufen und wusste nun nicht mehr, in welche Richtung er zurück musste. Hilfesuchend blickte er sich um, aber er war auf sich allein gestellt.

Instinktiv folgte er einer Art Hauptstraße in der Hoffnung, nach der nächsten Kreuzung eine U-Bahnstation zu finden. Das Licht einer kärglichen Straßenlampe verleitete ihn aber zunächst, einen Blick in eine abgelegene Seitenstraße, eine Art Sackgasse zu werfen. Vorsichtig ging er ein paar Schritte hinein, stolperte dabei über altes Gerümpel und blieb dann wie angewurzelt vor den weißen, auf den Boden gemalten Umrissen eines Menschen stehen. Starr schaute er die Kreidestriche an.

Sollte man hier seinen Vater..?

Joe traute sich gar nicht, diesen Gedanken zu beenden. Er war eindeutig in der South Bronx, aber war das hier der 52. Bezirk oder ein anderer? Alles begann sich plötzlich um ihn zu drehen und in seinem Kopf spukten Erinnerungen an den Vater. Panikartig drehte Joe sich herum. Doch gerade als er wieder auf die Hauptstraße laufen wollte, versperrten ihm drei im Dunkel stehende Gestalten den Weg. Völlig irritiert blickte Joe sie an. Wo kamen diese Typen plötzlich her und vor allem, was wollten sie von ihm?

Der Größte von den dreien machte einige Schritte auf Joe zu und die anderen folgten ihm. Automatisch trat Joe zurück, konnte aber nun ihre Gesichter erkennen. Die Jungen wirkten nicht viel älter als er. Der eine schien Puertoricaner zu sein und der andere Junge war ein ziemlich schmächtiger Schwarzer. Bei dem Großen handelte es sich um einen kräftigen Weißen, der Joe gefährlich musterte.

Um zu erkennen, dass er sich in einer sehr verfahrenen Situation befand, musste Joe kein Hellseher sein. Der direkte Weg zur Hauptstraße wurde von diesen Jungen versperrt, an den Seiten war vor lauter Müll kein Durchkommen und im Rücken hatte er nur eine dunkle Wand. Es war aussichtslos. Als einzige Möglichkeit blieb ihm entweder, sich seiner Haut zu wehren oder auch zu einem Umriss aus Kreide auf dem Asphalt zu werden.

Da Angriff für gewöhnlich die beste Verteidigung war, startete Joe zumindest einen vagen Versuch. Dabei bemühte er sich, seine Stimme so sicher wie möglich klingen zu lassen. "Was soll das? Was wollt ihr von mir?"

"He, schaut euch das Yankee-Baby an", und der Große warf ein überlegenes Grinsen  in seine Richtung. "Das Baby kann sogar schon sprechen und fragt doch tatsächlich, was wir von ihm wollen."

Der Puertoricaner trat an die Seite des Großen und schaute dabei auf seine Uhr. "So eine dumme Frage. Was werden wir schon wollen, um diese Zeit? Unseren Spaß natürlich."

Mit aufgerissenen Augen sah Joe auf das Handgelenk des Jungen. Auf einmal spürte er unwahrscheinliche Wut und Hass in sich aufkommen. Die Uhr am Arm des Puertoricaners kannte er nur zu gut, denn sie hatte seinem Vater gehört. Er hatte sie ihm einmal zum Geburtstag geschenkt und daher würde er sie unter Tausenden wiedererkennen. "Du! Wo hast du diese Uhr her?"

"Das geht dich doch wohl gar nichts an. An deiner Stelle würde ich lieber nicht so viele unnütze Fragen stellen."

Der Große hatte das Gespräch zunächst nur still verfolgt, machte jedoch auf einmal eine gefährliche Bewegung auf Joe zu und hielt ihm im nächsten Moment eine Pistole unter die Nase. "Du wolltest wissen, wo Rico die Uhr her hat? Daher; wo wir auch dieses Schmuckstück her haben. Von einem Toten, der das alles nicht mehr gebrauchen konnte", und dabei fuchtelte er Joe wie mit einem Spielzeug vor dem Gesicht herum. Der einzige, der sich die ganze Zeit über nicht von der Stelle rührte, war der junge Schwarze. Er hielt ein dickes, altes Buch unter dem Arm und schien gar kein Interesse an einer Auseinandersetzung zu haben.

Während Joe gerade all seinen Mut zusammennahm und sich sein Griff um den Baseballschläger entschlossen festigte, war plötzlich ein Mark und Bein durchdringender Schrei zu vernehmen. Dieser glich dem eines Tieres, dem eines Löwen. Wie aus dem Nichts stand da plötzlich ein Junge mit langen, blonden Haaren. Aber nein, das war kein gewöhnlicher Junge, er war...? Sein Gesicht sah dem eines Löwen ähnlich. Hellbrauner Flaum bedeckte die meisten Partien des Gesichtes sowie die Nase, die der einer Raubkatze glich. Der Mund, der nicht die Form von dem eines Menschen hatte, verbarg ein paar mächtige Reißzähne. Er konnte auch nicht viel älter als die anderen sein, aber seine ganze Haltung, seine Ausstrahlung deuteten auf unwahrscheinlich viel Kraft und Reife.

Alle vier; Joe eingeschlossen, stierten den fremden Jungen wie einen Außerirdischen an. Als erster löste sich der Schwarze aus seiner Erstarrung. Seine Augen sahen eher überrascht als erschrocken aus, aber trotzdem suchte er fluchtartig das Weite. Ehe er jedoch das Ende der Straße erreichte, tauchte plötzlich ein zweiter fremder, allerdings normaler Junge, aus der Dunkelheit auf und hinderte ihn am Verschwinden. Zwischen den beiden kam es zu einem leichten Handgemenge.

Während der Puertoricaner und der Große noch immer erschrocken dastanden, nutzte er die Gelegenheit, um sich bessere Chancen zu verschaffen. Mit seinem Baseballschläger versetzte er dem überraschten Großen einen zielsicheren Schlag gegen den Arm. Vor Schmerz aufschreiend ließ er die Pistole fallen. Allerdings hatte Joe nicht mit der schnellen Reaktion des Puertoricaners gerechnet, der sich mit ganzer Wucht auf ihn stürzte.

Kampferprobte Fäuste prasselten auf ihn nieder, und ihm blieb kaum eine Gelegenheit, sich zu verteidigen. Auf den Lippen schmeckte er Blut und an den Rippen verspürte er heftige Schmerzen. All seine Kräfte aufbietend, stieß er seinen Gegner von sich. Für einen kurzen Moment blieb ihm Zeit, um Luft zu holen und da sah er den blonden Jungen. Mit der bloßen Hand, eigentlich eher einer Pranke gleich, setzte er den Großen, der sich wieder aufgerappelt hatte, außer Gefecht. Dieser Moment der Unachtsamkeit wurde ihm jedoch zum Verhängnis. Ein kräftiger Schlag des Puertoricaners traf ihn genau in den Magen. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen und dann wurde er bewusstlos.

Erst nach einer ganzen Weile kam Joe zu sich. Sein Kopf dröhnte wie ein Presslufthammer, jede Bewegung schmerzte und es fiel ihm schwer, logisch zu denken. Was war passiert und wo waren die anderen abgeblieben? Als Joe etwas mühevoll versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, tauchte plötzlich dieser blonde Junge auf und half ihm. Erst jetzt wurde Joe die außergewöhnliche Erscheinung von ihm so recht bewusst und auch die Tatsache, dass er ihm sein Leben zu verdanken hatte. Fasziniert blickte er in dieses ungewöhnliche Gesicht mit den tiefblauen Augen, die so viel Wärme und Sanftmut ausstrahlten. Zum Dank wollte Joe dem Jungen die Hand reichen, aber er zögerte. Es schreckte ihn, diese pelzige Pfote mit den Krallen zu berühren. Obwohl es so eine einfache Geste gewesen wäre, konnte er sich nicht dazu überwinden und dafür schämte er sich. Einen Augenblick standen die beiden sich nur still anschauend gegenüber, bis der Junge sich zum Gehen abwandte. Erst da kam wieder Leben in Joe.

"He, warte bitte!" Den Baseballschläger vom Boden aufhebend, lief er ihm nach. "Warte doch, ich wollte dir danken."

Kurz verharrte der Junge und sah Joe fragend an.

"Na ja", verlegen begann Joe etwas zu stottern. "Du hast mir ja immerhin das Leben gerettet und ich wollte dir meinen Schläger schenken."

Noch immer hatte der Junge kein Wort gesprochen und Joe wurde etwas unsicher. "Er ist original aus einem Spiel der Yankees, und ich habe heute mit ihm gegen die Ohio Grizzleys gewonnen. Bitte nimm ihn."

Zögernd griff der Junge nach dem Schläger. Doch als er ihn dann in den Händen hielt, lächelte er Joe dankbar glücklich an. Von irgendwoher rief jemand einen Namen und der Junge wandte sich schnell ab. Kurz drehte er sich noch einmal herum und folgte dann seinem Freund, der am Ende der Straße auf ihn wartete.

Eine Zeitlang blickte Joe den beiden nach, wunderte sich allerdings, weil sie irgendwo im Dunkel der Sackgasse verschwanden. Von den anderen drei Typen war auch nirgends mehr eine Spur zu sehen, und nun war er wieder allein. Ehe er sich jedoch Gedanken zu machen brauchte, wie er nach Hause zurückfinden würde, ertönte von weitem die Sirene eines Polizeiwagens. Schon im nächsten Moment bog das Auto um die Ecke. Als erster stieg Andrews aus und lief sofort auf Joe zu.

"Junge, wir haben uns solche Sorgen gemacht... Mein Gott, was ist denn passiert?"

Jetzt erst merkte Joe, dass seine Sachen zerrissen und mit Blutflecken bedeckt waren. Er schaute an sich herunter und hob dabei die Schultern, als sei nichts weiter geschehen. "Nur eine kleine Auseinandersetzung... mit Dads Mördern..." Dann stieg er schweigend in das Polizeiauto und streifte mit den Augen ein letztes Mal die Stelle, wo sein Vater gelegen hatte. Es war vorbei und er wollte das alles nur noch so schnell wie möglich vergessen. 

***




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Kathrin

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New PostErstellt: 05.07.05, 09:10  Betreff: Re: BatB-Fanfic "Schicksalhafte Erinnerungen"  drucken  weiterempfehlen

Heute; zwanzig Jahre später:  

In Joes spärlich, aber gemütlich eingerichteter Junggesellenwohnung hatte Catherine ihm die ganze Zeit über still und aufmerksam zugehört.

Als Joe sie am Nachmittag zu einem Maxwell-Spezial-Abendbrot eingeladen hatte, rechnete sie nicht mit einem solchen Abend. Im Grunde wusste sie gar nicht, was sie da erwartete, denn es war nicht Joes Art, jemanden zum Essen nach Hause zu bitten. Zuerst gab es ein etwas eigenartiges, aber gut schmeckendes Gericht und dann hatte er zu erzählen begonnen, von Anfang bis Ende ohne aufzuhören.

Jetzt, als er mit seiner Geschichte fertig war, vermochte Catherine nichts zu sagen. Es ging ihr alles sehr nahe. Durch die Ereignisse von damals tat sich aber plötzlich eine Möglichkeit für sie auf, mit der sie nie zu hoffen gewagt hätte.

Joe wusste nicht so recht, was er von ihrem Schweigen halten sollte. "Bestimmt bist du jetzt sauer, Cathy, weil ich dir diesen Abend gestohlen und nur die Ohren vollgejammert habe. Wobei sich das Ganze ja auch noch ein bisschen verrückt anhörte."

"Nein, Joe, ich hörte dir gerne zu, ich weiß nur nicht...", hilflos hob sie die Schultern. "Das mit deinem Vater tut mir sehr leid. Es tut mir für dich leid."

Er stand auf und schenkte ihr etwas zu trinken nach. "Mein Vater ist heute, fast auf den Tag genau, zwanzig Jahre tot. Ich wollte vergessen, aber nach all den Jahren tut es noch genauso weh. Ich brauchte einfach jemanden, mit dem ich reden konnte."

"He, dazu sind Freunde doch da, zum Reden. Ich danke dir, dass du es mir erzählt hast."

Ein müdes Lächeln lag in Joes Gesicht und er war froh, dass Catherine bei ihm war. Am meisten beschäftigte Catherine aber Joes Beschreibung über diesen außergewöhnlichen Jungen. Schon bei seinen Schilderungen war es ihr schwergefallen, ihre Aufregung zu verbergen. Das konnte damals nur Vincent gewesen sein, dessen war sie sich fast sicher. Doch davon durfte sie Joe nichts sagen. So viele Jahren waren seither vergangen, und Joe war nicht mehr der Junge von vor zwanzig Jahren. Catherine wusste das, Joe wusste das und beide standen mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität. Wie würde er jetzt als erwachsener Mann auf Vincent reagieren? Könnte er ihn genauso akzeptieren, ohne Fragen und ohne Furcht? An diesem Abend erzählte Catherine Joe noch nichts von Vincent, aber trotzdem redeten sie noch lange und als Cathy ging, umarmten sie sich für einen kurzen Augenblick.

Zu Hause, als Catherine schon im Bett lag, hatte die Idee, die sie schon den ganzen Abend verfolgte, sich zu einem fixen Gedanken geformt. Es war schon immer ihr Wunsch gewesen, dass die beiden wichtigsten Menschen in ihrem Leben einander kennen lernen und vielleicht Freunde werden könnten. Bisher hatte sie nie einen Weg gefunden, um sich diesen Traum zu erfüllen. Plötzlich hatte aber das Schicksal einen Schachzug gemacht und überließ ihr die Entscheidung in diesem Spiel. Wie es ausgehen würde, konnte sie nicht absehen, doch sie konnte die Figuren sich ein Stück näher bringen.

Nachdem Catherine endlich eingeschlafen war, erschienen ihr im Traum diese beiden so grundverschiedenen Jungen, die zu Freunden hätten werden können, aber durch zwei unterschiedliche Welten getrennt wurden. Am Morgen, als sie aufwachte, wusste sie jedoch, dass es dafür noch nicht zu spät war. 

***

 "Was ist denn hier los?"

Gleich am frühen Morgen bot sich Catherine ein grauenvoller Anblick. Man hatte ihren Schreibtisch mit Akten überhäuft und irgendwo darunter versteckt, klingelte das Telefon.

"Bin ich jetzt das Archiv oder der Mülleimer? Wieso liegt das alles hier bei mir?" Dabei warf sie der Sekretärin keinen begeisterten Blick zu.

Die junge Frau war erst neu bei der Staatsanwaltschaft und daher noch etwas unsicher. "Na ja, man sagte mir, Sie bearbeiten diese Fälle zusammen mit Mr. Maxwell. Da er nicht da ist, dachte ich..."

Weiter kam sie mit Sprechen gar nicht, denn Catherine ließ sie einfach stehen und stürmte in Joes Büro. Es war leer. Kopfschüttelnd stand sie im Zimmer. "Das darf doch nicht wahr sein. Wo steckt der Kerl?"

Die Sekretärin war hinter Cathy aufgetaucht. "Ich sagte ihnen doch, er ist nicht da. Soviel ich weiß, hat er ein paar Tage frei genommen."

Was war nur in Joe gefahren? Er machte doch sonst nie frei, ohne sich nicht mindestens schon ein Jahr vorher um einen passenden Ersatz zu kümmern. Es war auch nicht seine Art, sie mit der ganzen Arbeit allein sitzen zu lassen. Am liebsten hätte Catherine ihrem Boss kräftig die Meinung gesagt, aber er war ja nicht da und das beunruhigte sie. "Also gut, wollen wir mal sehen, wie wir den Kram so schnell wie möglich von meinem Tisch bekommen."

Bis zum Nachmittag schafften sie es gemeinsam, fast alle Unterlagen den jeweiligen Fällen zuzuordnen. Nachdem Cathy auf ihrem Schreibtisch wieder etwas Licht sah, ließ sie die Arbeit für diesen Tag Arbeit sein und machte Feierabend. Ein paar Mal hatte sie schon versucht, Joe zu Hause zu erreichen, doch es ging nie jemand ans Telefon. Auf dem Nachhauseweg wollte sie schnell noch einmal bei ihm vorbeischauen. Leider hatte sie da aber auch kein Glück und ratlos ging Cathy heim. 

***

Die Tage um diese Jahreszeit wurden allmählich verdächtig kürzer, und Catherine hatte gar nicht bemerkt, dass es draußen schon dunkel war. Verwundert schaute sie auf die Uhr, als es sacht an ihre Balkontür klopfte. Sie hatte zwar noch nicht mit Vincent gerechnet, freute sich aber sehr, ihn zu sehen.

"Hallo", und zur Begrüßung gab sie ihm einen Kuss. "Schön, dass du da bist. Komm doch bitte herein."

Von ihrer Spontaneität immer ein wenig überrumpelt, stand Vincent zögernd da. "Es ist so eine schöne Nacht, lass uns doch bitte hier draußen bleiben."

"Gern, wie du möchtest. Ich hole mir nur schnell einen Pullover." Kurz verschwand sie in ihrem Wohnzimmer und erschien im nächsten Moment wieder mit einem flauschigen Pulli. Beide machten es sich bequem und Cathy kuschelte sich gemütlich an Vincent. Er spielte mit ihrem Haar.

"Du kamst gestern spät nach Hause und warst dann sehr schnell eingeschlafen."

"Warum hast du dich nicht gemeldet?"

"Du sahst so müde aus. Ich wollte dich nicht um deinen Schlaf bringen."

Catherine lächelte in sich hinein. "Ja, du hast recht. Ich war hundemüde, sonst hätte ich dich ja bemerkt. Im Nachhinein begann sie, ihm von dem gestrigen Abend zu erzählen, von Joe, von seiner Einladung und vor allem seine Geschichte.

Nachdenklich hörte Vincent ihr zu und am Ende lag ein seltsamer Ausdruck auf seinem Gesicht.

"Vincent, erinnerst du dich an diesen Sommer? Warst du jemals in der South Bronx?"

Für Vincent kamen diese Erlebnisse und Erinnerungen sehr überraschend. "Es ist lange her."

"Du meinst... du warst..." Catherine war plötzlich ganz aufgeregt. "Du kennst Joe? Ihr kennt euch?" Was ihr gestern noch wie ein Traum erschienen war, nahm auf einmal Gestalt an und rückte der Wirklichkeit immer näher.

Nur für Vincent ging es alles ein bisschen schnell. Er fühlte ihre Aufregung, wollte aber keine falschen Hoffnungen wecken und suchte nach den richtigen Worten. "Bitte, Catherine, seither sind viele Jahre vergangen. Erhoffe dir nicht zu viel von einer Kindheitserinnerung. Ich spürte gestern deine innere Erregung, deinen Drang nach Erkenntnis. Nur ich weiß nicht, ob es ein günstiger Zeitpunkt dafür ist."

"Aber..." Aus ihrer Stimme klang Enttäuschung und ihre Augen leuchteten herausfordernd Sie wusste, es war ungerecht, ihn zu drängen, denn er litt genauso darunter, keinen gemeinsamen Bezug zu ihren Freunden in der oberen Welt zu haben. Wie oft hatte sie gedacht: "Es wäre schön, wenn jetzt Joe oder Jenny da sein könnten. Es wäre schön, keine Geheimnisse mehr vor ihnen zu haben."

Zwar hatte Cathy dies nie ausgesprochen, doch Vincents feines Gespür erahnte ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte nur zu genau. "Komm morgen abends in die Tunnel und ich werde dir meine Geschichte dazu erzählen." Dann sah er sie noch einmal mit unendlich viel Zärtlichkeit an und wurde wieder eins mit der Nacht. 

***




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[editiert: 05.07.05, 09:11 von Kathrin]
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New PostErstellt: 05.07.05, 09:14  Betreff: Re: BatB-Fanfic "Schicksalhafte Erinnerungen"  drucken  weiterempfehlen

Damals: 

Es gab keinen Platz in Vaters Kammer, der nicht irgendwelche Bücher beherbergte. Nirgends war eine freie, graue Felswand zu erkennen. Auf Vincent übte diese Welt der Bücher immer eine besondere Faszination aus. Egal, ob er nun die Abenteuer des Tom Sawyer miterlebte oder gemeinsam mit Robinson Crusoe eine einsame Insel erforschte, immer war es etwas Besonderes und ließ ihn ein ganz normaler Junge sein. Hin und wieder blätterte er auch in Vaters wissenschaftlichen Enzyklopädien, aber allzu sehr konnte er sich als Fünfzehnjähriger nicht dafür begeistern. Lieber nahm er manchmal einen Gedichtband zur Hand und folgte den Dichtern auf ihren verträumten Pfaden.

Vincent wollte Vater gerade ein Buch zurückbringen, als er ihn suchend in seiner Kammer vorfand. Staub hing in seinem Bart und er war so vertieft, dass er Vincent gar nicht bemerkte.

"Vater, kann ich dir helfen?" Auf die Wendeltreppe gelehnt, beobachtete Vincent ihn.

"Ah, du bist es, Junge." Sich den Staub aus den Sachen streichend, richtete Vater sich auf. "Gut, dass du gekommen bist. Ich suche eines meiner alten medizinischen Nachschlagewerke und kann es nirgends finden. Für Sammler wäre es sicherlich wegen seines Alters ein Rarität, aber für mich ist es immer noch sehr hilfreich. Habt ihr Kinder euch in letzter Zeit ein Buch davon angesehen?"

Die Treppe verlassend, trat Vincent näher in den Raum. "Nein, eigentlich nicht." Dabei schüttelte er den Kopf und vereinzelte Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht.

"Hm, wahrscheinlich liegt es hier irgendwo dazwischen", schon wandte Vater sich wieder einem Stapel Bücher zu.

Als Vincent in seine Kammer zurückging, fiel ihm Devin ein. Bei ihm sah er vor kurzem ein solches Buch. Vincent hatte sich nicht gleich daran erinnert, weil er es nur flüchtig sah, als einige Jungen es lachend zuschlugen. Später zeigte Devin ihm dann die angeblich so amüsanten Bilder, bei denen es sich um die Zeichnungen von männlichen und weiblichen Homo sapiens handelte. Da Vincent nichts Außergewöhnliches oder gar Lustiges daran finden konnte, hatte er es ziemlich schnell wieder vergessen. Doch jetzt wollte er Devin noch einmal danach fragen.

Am Spiegelteich fand Vincent den Freund. Gemeinsam mit einigen anderen Tunnelkindern baute er gerade ein Floß zusammen. Als habe er Vincents Anwesenheit gespürt, drehte er sich um und schaute nach oben. "Hallo, einen kleinen Moment. Ich komme gleich." Wie ein erfahrener Bauleiter gab Devin noch einige Anweisungen und kletterte dann zu Vincent hinauf. "Morgen können wir schon die erste Probefahrt machen. Du kommst doch mit, oder?"

Das Leuchten in Vincents Augen war Devin Antwort genug, aber er sah noch etwas anderes darin. Seit klein auf waren die beiden unzertrennlich gewesen und teilten ihre Freundschaft oft ohne Worte.

"Du bist aber nicht nur wegen dem Floß hergekommen. Stimmt's?"

"Das Buch, Devin, hast du es Vater zurückgebracht?"

Zuerst wusste er nicht was Vincent meinte. "Welches Buch?"

Aufmerksam musterte Vincent den Freund. Obwohl er sich seiner Loyalität immer sicher sein konnte, so war er aber nicht vor seiner übersprühenden Energie und seinen verrückten Einfällen gefeit. "Du weißt schon, das mit den Zeichnungen..."

"Ach ja". Devin kratzte sich am Hinterkopf. "Ich habe es zurück in Vaters Kammer geschafft, denn er wusste nicht, dass ich es mir ausgeliehen hatte. Wieso fragst du?"

Nachdem Vincent ihm erzählt hatte, dass das Buch kostbar sei und Vater es suche, wurde Devin plötzlich etwas blass um die Nase. "Oh! Schatze es gibt Ärger; wenn der alte Herr es nicht findet. Vincent, ich habe es wirklich zurückgebracht. Allerdings könnte ich mir denken, wer das Buch hat, falls es nicht schon weg ist."

"Weg?" Jetzt verstand Vincent ihn nicht. "Was meinst du mit weg? Wo soll denn das Buch hin sein?"

"In letzter Zeit sind doch öfter ältere Sachen von Tunnelbewohnern verschwunden..."

Zum Rätselraten hatte Vincent im Augenblick allerdings gar keine Lust. "Ja, aber was hat denn dies damit zu tun?"

"Vor geraumer Zeit beobachtete ich Skip, wie er einige Dinge nach oben brachte, alte Dinge, darunter auch ein paar Bücher Er scheint eine Schwäche für solche Sachen zu haben."

"Du meinst...?" Vincent war sprachlos. Der schüchterne, schmächtige Schwarze, der kaum jemals in Erscheinung trat, sollte ein Dieb sein?

Als sie die Kammer des Jungen, die er zusammen mit anderen Kindern bewohnte, erreichten, fanden sie niemanden vor. Sicherlich hielten sich die meisten am Spiegelteich auf, nur von Skip war nirgends eine Spur zu sehen. Zunächst schauten die beiden sich in der Kammer um, konnten aber kein Buch entdecken.

"Was machen wir jetzt?" ratlos blickte Vincent Devin an.

"Wir gehen nach oben. Ich beobachtete Skip vor kurzem und weiß, wo und mit welchen Typen er sich trifft."

Als Devin sich zum Gehen bereit machte, hielt Vincent ihn am Arm fest. "Bist du dir ganz sicher? Vielleicht hat er das Buch ja gar nicht."

Gekonnt löste er sich aus dem Griff des Freundes. "Vertrau mir. Falls du aber lieber hier bleiben möchtest, ist es auch o.k."

Für Vincent würde es nicht der erste nächtliche Ausflug werden, aber er war sich der dabei bestehenden Gefahr nur zu sehr bewusst. Dazu kam Vaters strenges Verbot für diese risikovollen Besuche in die obere Welt. Wortlos folgte er Devin aber trotzdem. Durch Tunnel, die kaum genutzt wurden und meist recht unwegsam waren, gelangten sie in eine der rauesten Gegenden New Yorks, in die South Bronx.

Im Keller eines alten, unbewohnten Hauses kamen sie dann an die Oberfläche. Von dem Gebäude selbst standen nur noch die Grundmauern und nur das Kellergeschoss schien am besten erhalten. Forschend streifte Devin mit einem Blick die Umgebung. "Es ist keiner weiter hier. Du kannst herauskommen, Vincent."

Die Dunkelheit bedeckte zwar das wüste Umfeld, verlieh diesem Stadtteil aber auch gleichzeitig etwas Gespenstisches. "Meinst du wir sind hier richtig?"

"Ja, wir müssen dort hinüber." Devin zeigte auf ein zugemauertes Fenster; was sicherlich einmal zu einem Laden gehörte.

Die Tür zu dem ehemaligen Geschäft ging plötzlich auf, ein spärlicher Lichtschein fiel auf die Straße und drei Gestalten traten heraus.

"Devin, da... da ist Skip. Hat er das Buch dabei?"

"Entschuldige, aber das kann ich auf diese Entfernung beim besten Willen nicht erkennen. Aber wenigstens glaubst du mir jetzt, dass da irgend etwas nicht stimmt."

Verlegen sah Vincent den Freund von der Seite an. Er hatte ihn begleitet, um ihn nicht zu enttäuschen. Obwohl er von dem Vorhaben nicht überzeugt gewesen war. Doch nun bestätigte sich Devins Behauptung und Vincent schämte sich seiner Zweifel. Für Devin gab es aber keinen Grund, Vincent deswegen Vorwürfe zu machen, höchstens sich selbst, weil er oft gegen Vincents Instinkt handelte und dabei sich, aber vor allem Vincent in Gefahr brachte. "Am besten du wartest hier. Ich schnappe mir Skip, frage ihn nach dem Buch und dann verschwinden wir wieder von hier."

"Kommt gar nicht in Frage", und schon war Vincent um die nächste Hauswand geschlichen, huschte aber noch einmal zurück.

"He, wo bleibst du denn? Skip ist sonst verschwunden."

Erstaunt und kopfschüttelnd lief Devin ihm nach. Kreuz und quer folgten sie den drei Burschen durch das Viertel. Zum Glück für Vincent beachtete man sie kaum. Mit ihren geflickten Westen und Hosen fielen sie nicht auf Selbst Vincent mit seiner übergestreiften Kapuze schenkte man keine Beachtung.

Vorsichtig pirschten sich die beiden näher an die drei heran, als sie in einer menschenleeren Seitenstraße verschwanden. Aus sicherer Entfernung, versteckt hinter einem Berg aus Papier, Kartons und irgend etwas Übelriechendem, beobachteten sie dann, wie die zwei Gefährten von Skip einem fremden Jungen provozierend den Weg verstellten. Der Junge gehörte sichtlich nicht in diese Gegend, dafür war er zu fein angezogen. Wahrscheinlich hatte er sich verirrt und traf nun ausgerechnet auf ein paar streitsüchtige Halbwüchsige.

Stumm sah Vincent zu Devin, in der Hoffnung, er habe eine Idee. Leider war das nicht der Fall, denn er fluchte leise vor sich hin: "Mein Gott, der Typ fehlt uns gerade noch. Was wollen die denn von ihm?" Für Devin war klar; dass es nun schwieriger sein würde, an das Buch zu gelangen. Oder vielleicht auch nicht? Wer konnte schon mit solch einer Situation rechnen? Während Devin immer noch nach einer Möglichkeit suchte, Skip allein anzutreffen, stellte Vincent entsetzt fest, dass der größte und kräftigste Bursche von den dreien eine Pistole besaß. Eiskalt fuchtelte er damit herum und schien keine Skrupel zu haben, jeden Augenblick einfach abzudrücken.

Vincent wollte, musste etwas tun, musste es verhindern, aber wie? Zum Überlegen blieb nicht genügend Zeit und dann tat er es einfach. Brüllend sprang Vincent aus seinem Versteck hervor. Ehe Devin richtig begriff, oder ihn hätte zurückhalten können, stand Vincent schon vor den Jungen und diese starrten ihn erschrocken an. Sogar Skip rührte sich nicht, obwohl er Vincent kannte, aber sicherlich nicht an diesem Ort mit ihm gerechnet hatte. Dann kam aber als erstes wieder Leben in ihn. Weglaufen konnte er jedoch nicht, denn da war schon Devin zur Stelle und versperrte ihm den Weg.

"Ich will das Buch!"

Es fest an sich pressend, starrte Skip ihn an.

"He, ich sag es nicht noch einmal...", und mit einem schnellen Griff riß Devin es an sich. Dabei verlor Skip das Gleichgewicht, fiel hin, rappelte sich wieder auf und lief wie gehetzt davon.

Zufrieden drehte Devin sich zu Vincent herum und sah ihn in einer wilden Prügelei mit Skips Begleitern. Der fremde Junge lag bewusstlos am Boden. Kurzerhand griff Devin in die Schlägerei ein. Als der eine Angreifer durch einen Prankenhieb von Vincent schwer verletzt wurde, gab der andere auf. Mehr schleichend als rennend, verließen die Typen fluchtartig die Straße.

Devin wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. "Puh, und das alles wegen so einem dämlichen Buch. Jetzt sollten wir uns aber schleunigst auf den Rückweg machen."

Auf das Ende der Straße weisend, sagte Vincent: "Geh schon voraus, ich komme gleich nach." Dann kniete er bei dem dunkelhaarigen Jungen nieder und half ihm auf die Beine.

"Vincent, komm!" Ungeduldig wartete Devin auf ihn. "Was habt ihr denn so lange gemacht?"

Stolz präsentierte Vincent ihm einen Baseballschläger und Devins Augen wurden groß. "Der Junge hat ihn mir geschenkt."

"Einfach so?"

"Einfach so", spielerisch drehte er ihn hin und her. Ein leichter Schein von, Trauer lag aber dabei um seine Augen. "Er wollte mir die..." Der Rest des Satzes erstickte allerdings in dem Geheul von Polizeisirenen und für beide wurde es höchste Zeit, in den Tunneln zu verschwinden.

"Was wolltest du mir vorhin sagen, Vincent?"

"Ach, nichts weiter..." Er kämpfte tapfer gegen seine Enttäuschung an. Was hätte schon ein freundschaftlicher Händedruck zwischen Fremden bedeutet? Vielleicht war es besser so und wahrscheinlich würden sie einander nie wieder begegnen.

"Los, red' schon."

"Ich weiß nur nicht, was man mit solch einem Schläger spielt?"

Lachend kroch Devin durch einen niedrigen Tunnel. "Da bist du jetzt Besitzer eines einzigartigen Baseballschlägers und weißt nicht, was man damit macht. Nein, so etwas, aber keine Angst, ich zeig es dir." Und fröhlich erreichten sie Vincents Kammer. Der eine froh über das gerettete Medizinbuch, und der andere glücklich über einen original Yankee-Schläger; dessen Handhabung er erst noch lernen musste.

***




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Kathrin

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New PostErstellt: 05.07.05, 09:15  Betreff: Re: BatB-Fanfic "Schicksalhafte Erinnerungen"  drucken  weiterempfehlen

Heute:

Gedankenverloren spielte Catherine mit einem Kissen auf Vincents Bett. Jetzt hatte sie die Geschichte von jedem gehört, und nun lag es zum Teil an ihr, ob es nach so vielen Jahren ein Ende davon geben würde.

"An was denkst du gerade?"

"Wie bitte?" verwirrt blickte sie auf.

Vincent setzte sich neben sie. "Du träumst mit offenen Augen und siehst dabei wunderschön aus."

In seinen Komplimenten lag immer so viel Liebe, dass es Cathy leichte Röte in die Wangen trieb und ihr Herz zu Zerspringen drohte. "Ich träumte von dir und Joe. Was gewesen wäre, wenn ihr zwei euch damals hättet besser kennen lernen können."

"Dir liegt sehr viel daran, nicht wahr? Ich kann es in deinen Augen lesen und in deinem Herzen fühlen."

Von dem Kissen ablassend, ergriff sie seine Hand. "Ja, es liegt mir sehr viel daran, mehr als ich glaubte. Ich habe doch keinen weiter, außer euch. Ihr seid meine Familie." Tränen kullerten über ihr Gesicht. Sie hatte nicht weinen wollen, aber der Druck auf ihrer Seele suchte sich einen befreienden Weg.

Zärtlich zog Vincent sie an seine Schulter und ihr leises Schluchzen erstarb in seinen  Armen. Vincent hatte gehofft, durch diesen Blick in die Vergangenheit würde es ihm leichter fallen, eine Entscheidung zu treffen. Doch noch immer waren da Zweifel und Ängste vor einer Begegnung mit Joe. Dieses Mal ging es um mehr, als einen harmlosen Händedruck oder einen Baseballschläger. "Catherine, ich werde mich mit Joe treffen."

Den Kopf von seiner Schulter hebend, schaute sie ihn mit verweinten Augen an. "Wirklich? Ich wollte dich nicht drängen."

"Nein, das hast du nicht. Es ist meine eigene Entscheidung und außerdem habe ich mich damals bei ihm nicht für den Schläger bedankt."

Glücklich hakte sie sich bei ihm unter; als er sie nach oben brachte. "Was ich dich eigentlich noch fragen wollte. Dieser Skip, was ist aus ihm geworden?"

Nachdenklich runzelte Vincent die Stirn. "So weit ich mich erinnere, kam er trotz allem in die Tunnel zurück. Devin verabreichte ihm nachträglich eine Portion Prügel und irgendwie verlor Skip dann jegliches Interesse an den Sachen anderer Leute. Vater erhielt sein Buch zurück und erfuhr nie etwas von dieser Aktion."

Seine Schilderungen hatten Cathy bewiesen, dass Vincent im Grunde auch ein ganz normaler Junge mit Dummheiten und Streichen gewesen war. Schmunzelnd verabschiedete sie sich mit einem Kuss von ihm. "Ich gebe dir Bescheid, wenn ich mit Joe gesprochen habe."  

***  

Da Joe am folgenden Tag noch immer nicht im Büro erschien und auch nicht auf Catherines Anrufe reagierte, begann sie sich allmählich Sorgen zu machen. Anstatt nach Hause zu gehen, führte sie ihr Weg nach Feierabend bei ihm vorbei.

"Komm schon, mach auf." Ungeduldig klopfte sie an seine Tür; aber erst nach einer ganzen Weile hörte sie ihn rufen.

"Ich bin nicht da und will nicht gestört werden."

Dieses Mal klopfte sie nicht mehr so sanft an, denn langsam wurde sie ärgerlich. "Ich bin es, Catherine. Hör zu, ich rühre mich nicht eher von der Stelle, bis du aufgemacht hast."

Es dauerte noch einige Minuten und dann erschien ein müde wirkender Joe mit zerrissenen Jeans in der Tür. Sein Anblick war ungewohnt. Um die Stirn trug er ein Tuch, alles jungenhafte, spitzbübische war aus seinem Gesicht gewichen, seine Augen blickten traurig und ein Dreitagebart ließ ihn um einige Jahre älter erscheinen. "Entschuldige, ich habe nicht mit Besuch gerechnet."

"Ja, das sieht man. Darf ich aber trotzdem hereinkommen?"

Wortlos trat er beiseite und wies mit einer kurzen Handbewegung nach drinnen.

"Sag mal, was ist los mit dir? Du meldest dich nicht, du willst niemanden sehen und siehst aus wie einer von der Straße."

Seine Stimme klang unsicher und einsam. "Ich brauchte die letzten Tage einfach ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Ich... ach, du verstehst das nicht."

Cathy erkannte Ihren Boss nicht wieder. So aufgelöst und verletzlich hatte sie ihn noch nie gesehen. "Bitte, dann versuch, es mir zu erklären. Ich möchte dir doch helfen", sacht berührte sie seinen Arm.

"Weißt du, wo ich die letzten Tage zubrachte? In der South Bronx, da wo man sonst nicht freiwillig hingeht. Da, wo für viele das Leben schon vorbei ist, ehe es überhaupt richtig begann. Die Mörder meines Vaters wurden nie gefasst und ich suche nach Antworten. Ich möchte verstehen. Seit zwanzig Jahren stelle ich mir immer wieder die gleiche Frage ,Warum?' Der Todestag seines Vaters hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Jahrelang hatte er die Erinnerungen und den Schmerz daran unterdrückt, doch plötzlich brach es aus ihm heraus.

Catherine konnte nur zu gut nachempfinden, was in ihm vorging. Tröstend redete sie auf Joe ein und gab ihm zu verstehen, dass er nicht allein war. Ganz vorsichtig begann sie, ihn im Nachhinein zu fragen: "Hast du manchmal an diesen Jungen gedacht, der dir das Leben rettete?"

"Ich habe mir öfter versucht vorzustellen, was passiert wäre, wenn es ihn nicht gegeben hätte. Und ich fragte mich oft, was aus ihm geworden ist."

Genau das hatte Catherine eigentlich hören wollen, aber irgendwie überkamen sie jetzt Zweifel. War es wirklich der geeignete Zeitpunkt? Wie würde Joe diese Begegnung aufnehmen? "Da gibt es jemanden, den ich dir gern vorstellen würde. Jemanden, der mir in meinem Leben sehr wichtig und mehr als nur ein Freund ist. Er könnte vielleicht die Antwort auf einen Teil deiner Fragen sein. Wäre es möglich, dass du heute Abend, elf Uhr zu mir kommen könntest?"

Aufmerksam musterte er Catherine und schenkte ihr dann ein dankbares Lächeln. "Ich weiß nicht, warum du das alles für mich tust, aber ich bin froh, einen Freund wie dich zu haben. O.K., ich werde kommen und gebe mir sogar Mühe, pünktlich zu sein." Da war es wieder, Joes altes, spitzbübisches Grinsen. Die Traurigkeit in seinen Augen war verschwunden und man merkte ihm die Erleichterung an. Das Reden hatte ihm gut getan und Catherine atmete erleichtert auf. Zu Anfang glaubte sie noch, das Schicksal in einer Art Schachspiel zu beherrschen, doch in der Zwischenzeit hatte sie lernen müssen, wie lebendig und teilweise unberechenbar die Figuren in Wirklichkeit waren.  

***  

Pünktlich elf Uhr erschien Joe bei ihr. Frisch rasiert und ganz leger, schick angezogen. "Mein altes Outfit gefiel mir nicht mehr. Hoffe, du bist zufrieden?" Und wie ein Dressman drehte er sich einmal um die eigene Achse.

"Ja, so gefällst du mir schon wieder viel besser. Aber es wird Zeit. Lass uns gehen."

"Wir treffen deinen Freund nicht hier? Das ist ja alles ziemlich geheimnisvoll."

Kurz angebunden erwiderte Catherine: "Er wartet im Park auf uns."

Ohne weitere Fragen folgte Joe ihr. Er wusste, sie würde schon ihre Gründe haben, doch irgendein Gefühl, welches er nicht zu deuten vermochte, machte sich in ihm breit. Als sie den Park betraten, hielt Catherine kurz inne.

"Ich sollte dir vielleicht sagen, dass er etwas ungewöhnlich ist. Sein Aussehen, es ist..." Zögernd suchte sie nach den richtigen Worten. Es fiel ihr schwerer als sie gedacht hatte. Immerhin war sie das erste Mal in solch einer Situation.

Beruhigend ergriff Joe ihre Hand. "He, deine Freunde sind auch meine Freunde. Egal, wer und was sie sind."

Nach einigen hundert Metern erreichten beide eine Baumgruppe. Sicher und weit genug entfernt von Wegen und Parklampen Der Mond gab aber genügend Licht, dass sie einander gut sehen konnten.

"Du kennst ja vielleicht dunkle Ecken hier im Park! Wo ist denn nun dein geheimnisvoller Freund?" Seine Augen noch etwas an die Dunkelheit gewöhnend, schaute Joe sich suchend um.

"Ich bin hier." Eine raue, wohlklingende Stimme drang aus Richtung der Baumgruppe zu ihm.

Catherine stand einige Schritte abseits, mit klopfendem Herzen und zitternden Knien. Im hellen Schein des Mondes gab Vincent sich dann zu erkennen. Joe glaubte zu träumen. Fasziniert starrte er ihn nur an. Das war der Junge von damals, nur erwachsen. Die langen, blonden Haare, die blauen Augen, und vor allem dieses Gesicht hatte er nicht vergessen können. Fassungslos vermochte er nichts zu sagen. Nur seine Wangenknochen bewegten sich und deuteten auf seine Überraschung und Aufregung hin. Erst ganz allmählich fand er seine Stimme wieder. "Vincent? Ja, Vincent war dein Name. Jetzt erinnere ich mich wieder. Dein Freund rief dich damals so, nicht wahr?" Und plötzlich, ohne zu überlegen, reichte er Vincent die Hand. Eine Geste, die so viel ausdrückte und keiner Worte bedurfte.

Mit Tränen in den Augen verfolgte Catherine diese Szene. Sie konnte gar nicht glauben, wie einfach es doch war. Langsam ging sie auf beide zu. In der Zwischenzeit hatte Vincent Joes Hand ergriffen, erst etwas zögernd, doch dann ganz fest. Wie lange hatte er auf diesen Augenblick gewartet? Im Stillen immer darauf gehofft.

Dieses Bild würde Catherine nie vergessen, denn soeben hatte sich ein Traum erfüllt. Die zwei wichtigsten Menschen in ihrem Leben wurden Freunde und die Brücke zwischen ihrer und Vincents Welt ein Stück größer.

Das ist eben das uns oft das Leben
Erschwerendste, dass wir meinen,
mit diesem oder jenem unserer Erlebnisse
allein zu stehen, als wären gerade
wir von einem besonderen Schicksal betroffen;
dass wir so leicht vergessen,
dass wir inmitten einer unendlich
ungeheueren Welt gleicher und
verwandter Schicksale leben,
kurz, dass das Menschenleben
eine gemeinsame
und keine einsame Sache ist.

(Gedicht: Christian Morgenstern)

  > ENDE <




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