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sheena
Tunnelexperte


Beiträge: 925


New PostErstellt: 08.11.09, 13:11     Betreff: Re: eine neue familie

6. Kapitel – Verborgene Wunderwelt 

Stella löschte die Laterne, damit sie der Lichtschein nicht verraten konnte. Ganz vorsichtig blickte sie durch die Öffnung, die nicht größer war als eine Dachluke und konnte kaum fassen, was sie dort sah. Ihre Augen weiteten sich und sie hielt wie verzaubert den Atem an: frontal fiel der Blick auf scharfkantige Felsen, bizarre Gesteinsformationen, vermutlich mehrere hunderttausend Jahre alt, die einen riesigen Dom bildeten. Stella wandte fassungslos den Blick nach links, in die Richtung, aus der das Rauschen kam und schnappte nach Luft. In Höhe ihres Verstecks gähnte in der Felswand eine riesige Öffnung, aus der, gleich silberner Haarsträhnen, Wasserfälle in die Tiefe stürzten. Das Licht, welches sie bis hierher gelockt hatte, fiel von sehr weit oben durch den gleichen Schacht ins Innere dieses enormen Gewölbes. Angesichts dieser Ausmaße kam sich Stella winzig wie eine Ameise vor. Die Luft flirrte, als hätte jemand Silberflitter in die Luft geworfen, der mit Glühwürmchen um die Wette tanzte. Sie kannte zwar Wasserfälle aus ihrer Heimat, aber sie hätte nie vermutet, dass man so etwas Wundervolles tief in der Erde unter einer Millionenmetropole wie New York finden würde.  

Stella rutschte noch näher an die Öffnung, um sehen zu können, woher die Stimmen kamen. Auf der gegenüberliegenden Seite, am Ufer des Auslaufs, wo sich das Wasser schon wieder etwas beruhigte, entdeckte sie fünf Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren, die mit Holz und Werkzeug hantierten. Offensichtlich wollten sie etwas bauen. Ein wenig abseits hockte ein kleinerer Junge auf dem nackten Felsboden und schaute neugierig den Großen zu. Vermutlich hätte er gern mitgearbeitet, aber wenn man noch so klein ist, schicken einen die Älteren immer weg, weil man angeblich nur stören würde! Stella kannte das aus ihrer Kindheit. Ihre großen Schwestern hatten sie auch nie mitmachen lassen, egal, wobei.  

An der Felswand hinter der kleinen Gruppe hatte es sich eine ältere, hagere Frau mit gütigem Gesicht bequem gemacht. Ihr Haar war zu einem Dutt aufgesteckt. Sie saß auf einer Decke, hatte sich an die Wand gelehnte und strickte. Neben ihr stand ein Korb mit Äpfeln. Ab und zu schaute sie lächelnd zu den Kindern hinüber und schüttelte amüsiert den Kopf. Stella bemerkte, dass alle Kinder und auch die Frau dieselbe merkwürdige Kleidung trugen wie ihr kleines Modell vor dem Spielzeugladen. Nun hatte sie eine Ahnung, wo das Kerlchen und das große Mädchen, das ihn gesucht hatte, leben könnten. Wenn die beiden zu denen da unten gehörten, waren sie anscheinend gar nicht so sehr zu bedauern, denn dann hätten sie Unterkunft, Nahrung, eine Familie und offensichtlich Spaß. 

Stella machte es sich in ihrem Versteck etwas bequemer und sah lächelnd den kleinen Handwerkern zu. Nach einer Weile nahm das Projekt der Kinder langsam Gestalt an. Anscheinend wollten sich die Burschen ein Floß zusammenbauen. Sie hämmerten Nägel in Holzbretter und banden Stricke um Stangen, lachten und stritten, überlegten und rissen wieder auseinander, um von vorn anzufangen. Man hörte Wortfetzen wie: „Aber Vater hat gesagt.....“ und „Vincent hat mir gezeigt..... „ oder auch „Mouse wollte doch noch........“.  

Der Kleine hatte sich unbemerkt dichter an die Baustelle herangeschoben und reckte den Hals, um besser sehen zu können. Das war allerdings nicht sehr klug, denn ein älterer Junge mit Brille trug ein langes Brett unter dem Arm und drehte sich nun unerwartet herum. Er erwischte versehentlich mit dem einen Ende des Brettes den Knirps an der Schulter. Der Kleine schrie laut auf und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm. „Jacob, was ist los?“ rief die Frau erschrocken und rappelte sich, so schnell es ihr möglich war, auf. Die anderen Kinder ließen augenblicklich alles fallen und stürzten auf den Jungen zu, der sich bemühte, die Zähne zusammenzubeißen und nicht zu weinen. Die Frau prüfte besorgt, ob er sich wirklich ernsthaft verletzt hatte, konnte aber nichts feststellen und streichelte mit tröstenden Worten den Arm des kleinen Unglücksraben. Der Große mit der Brille stand mit betroffener Miene daneben. „Es tut mir so leid, Jacob. Ich hab dich nicht gesehen.“ entschuldigte er sich. Dann wandte er sich an die Frau: „Wirklich, Mary, ich hab das nicht mit Absicht getan!“ Mary nickte verstehend: „Ist schon gut, Eric.“ Der Kleine schniefte:„Ich weiß ja, dass das keine Absicht war. Hab mich nur so erschrockt.“ Ein anderer Junge mit rostrotem Haar rief dazwischen: „Das heißt aber ‚erschreckt‘!“. „Nein“, meinte ein Dritter, „das heißt ‚erschrocken‘!“ Die Frau hob beschwichtigend eine Hand und meinte mit sanfter Stimme: „Wir werden nachher zu Vater gehen und ihn um ein Wörterbuch bitten. Dann könnt ihr nachschauen, was richtig ist!“ Sie zog den Jungen, den alle ‚Jacob‘ genannt hatten, zu sich auf die Decke, drückte ihm einen Apfel in die linke, ein Buch in die rechte Hand und gab ihm einen Kuss auf den rotbraunen Wuschelkopf. Er rückte sich zurecht, lehnte sich, wie die Frau, an die Felswand und wischte noch einmal kurz mit dem Ärmel über Augen und Nase. Bevor er sich seinem Buch zuwandte, schaute er noch einmal sehnsüchtig zu den Großen hinüber und seufzte. Plötzlich wanderte sein Blick die gegenüberliegende Felswand hinauf und blieb an Stellas Ausguck hängen. Er kniff die Augen zusammen und sah ihr für einen kurzen Moment direkt ins Gesicht. Sie duckte sich. Hatte sie recht gesehen? Das war doch der Knirps, den sie porträtiert hatte! Der vom Spielzeugladen! Diese blauen Augen – das musste er sein! Sie wartete auf irgendeine Reaktion des Jungen, die sie verraten würde. Aber alles blieb ruhig. Vorsichtig schaute sie noch einmal hinüber. Der Kleine fixierte immer noch ihr Versteck, rührte sich aber nicht. Er schien den anderen seine Entdeckung noch nicht mitgeteilt zu haben, denn alle gingen weiterhin ruhig ihren Tätigkeiten nach. Stella erwiderte nun seinen Blick und legte dabei einen Finger an die Lippen. Eine stille Bitte, sie nicht zu verraten. Einen Moment schien der Kleine zu überlegen, dann nickte er kaum wahrnehmbar. 

Die junge Frau hatte nun ungefähr eine halbe Stunde in ihrem Versteck gehockt und spürte, wie die Kälte wieder in ihr hochkroch. Darüber hinaus war es sicher besser, jetzt hier zu verschwinden. Sie trennte sich zwar nur ungern von diesem Anblick der Harmonie und Freundlichkeit, aber sie hatte schließlich noch einen weiten Weg vor sich, der noch dazu bergauf ging. Sie kroch den Gang zurück, bis es wieder möglich war, aufrecht zu stehen und streckte sich, um Gelenke und Muskeln zu lockern, die von der kauernden Haltung zu schmerzen begonnen hatten. Stella zündete ihre Laterne wieder an und machte sich nachdenklich auf den Rückweg. Sie war fasziniert davon, wie freundschaftlich, respektvoll und geduldig die Kinder miteinander umgingen. So konnte es also auch gehen, nicht nur mit Schadenfreude, Hohn und Gewalt, wie sie es von Jared und seinen Freunden kannte. 

Stella musste auf ihrem Rückweg wieder vorbei an den gähnenden Mäulern, die ihr merkwürdigerweise gar nicht mehr so unheimlich vorkamen. Als sie an dem ersten Durchbruch vorbeigehen wollte, stellte sie fest, dass man das Rauschen des Wassers durch diesen Tunnel noch viel deutlicher wahrnehmen konnte. Das hatte sie vorhin gar nicht bemerkt, weil sie sich nur auf das Licht konzentriert hatte. Stella zögerte und überlegte, ob sie sich nicht doch noch schnell mal in diesem Teil umsehen sollte. Die Neugier siegte über die Müdigkeit. Obwohl sie ja eigentlich schon längst auf dem Rückweg sein wollte, bog sie nun doch nach rechts ab. Auch hier verzweigte sich der Weg nach einigen Metern. Aber am Ende des einen Ganges sah sie wiederum Licht. Diesen betrat sie. Diesmal wurde es nicht enger und es ging auch weiterhin bergab. Sie konnte bequem aufrecht bis zum Ende gehen. „Wieso hab ich denn diesen Weg nicht gleich genommen?“ murmelte sie in sich hinein. „Nöö, da kriecht man lieber wie eine Blindschleiche auf dem Bauch und holt sich aufgeschrammte Knie und n Schnupfen!“ Schon von weitem konnte man die Reflektionen des Wassers erkennen, die wie hektische kleine Spots über die Tunnelwände huschten. Einen Moment blieb Stella stehen und schaute den tanzenden Lichtflecken zu. Sie musste sich auf gleicher Höhe mit dem Gewässer befinden. Tatsächlich – am Ende des Ganges stand sie direkt am Ufer des Flusses, der zur rechten Seite hin in den Wasserfall überging. Stella hielt inne und lehnte sich an die Felsen, um diesen unglaublichen Anblick in sich aufnehmen zu können. An den Felswänden hatte sich wie ein dicker Teppich ein Geflecht von Moosen gebildet,  über den man unwillkürlich mit der Hand streichen wollte. Myriaden von Wassertropfen blitzten in diesem Gewebe wie Silber auf. Das alles hatte etwas Berauschendes und Mystisches. Stella stand da und staunte wie ein Kind auf dem Weihnachtsmarkt. Sie schloss die Augen und horchte nur noch auf das Rauschen des Wassers. Sie sog den Duft der feuchten Luft ein, der sich mit dem von Erde mischte. Sie spürte den feinen Wasserstaub auf ihrem Gesicht und fühlte, wie er sich wie ein Schleier auf ihr Haar legte. Plötzlich stellte sie fest, dass in der Geräuschkulisse etwas fehlte. Sie hörte die Kinder nicht mehr! Langsam öffnete Stella die Augen und lauschte angestrengt. Wurden die Stimmen vom Rauschen des Wasserfalls verschlungen oder war sie tatsächlich allein in diesem riesigen Gewölbe? Schritt für Schritt schob sie sich auf dem schmalen Uferweg entlang in Richtung Fallkante, um dann seitlich auf den frei fallenden Fluss und den darunterliegenden See blicken zu können. Von ihrem Versteck aus war es schon ein atemberaubender Anblick gewesen, aber von hier aus in die Tiefe zu blicken ließ sie taumeln. Das feinzerstäubte Wasser und das Licht zauberten über dem Auslauf des Wasserfalls einen Regenbogen. Eine Märchenkulisse!  Alles schien so unwirklich und war doch da vor ihr zu sehen!



[editiert: 08.11.09, 13:19 von sheena]

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