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sheena
Tunnelexperte


Beiträge: 925


New PostErstellt: 08.11.09, 12:38     Betreff: Re: eine neue familie

TFA "

ich fürchte, sie wird auch nicht sehr viel lustiger werden.  tut mir leid. aber vllt. fällt mir ja später noch was fröhlicheres ein.

4. Kapitel – Auf der Suche nach Wärme

Stella wurde durch ein ungewohntes Geräusch geweckt. Da war noch etwas anderes als nur das inzwischen vertraute Knacken der Dampfleitungen, das Tropfen des Wassers sowie das Klopfen an die Rohre, von dem sie bisher nicht herausgefunden hatte, wodurch es verursacht wurde. Es schien ihr, als wäre es eigentlich gar kein richtiges Geräusch, sondern mehr eine Luftbewegung gewesen. Oder ein Traum? Sie blieb bewegungslos liegen und lauschte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Ihr Herz klopfte rasend, als hätte sie gerade einen Sprint hinter sich. Ganz vorsichtig tastete sie nach der Eisenstange, die sie immer neben sich bereit liegen hatte. Nach zehn atemlosen Minuten, in denen sie nichts weiter als Knacken, Klopfen, Zischen sowie das stete leise Tröpfeln wahrnahm, gab sie ihre angespannte Haltung auf und setzte sich tief durchatmend auf. Langsam beruhigte sich ihr Herz wieder. Stella suchte nach den Zündhölzern, fand sie am Kopfende und machte Licht. Sie schlich an die Tür, öffnete sie einen winzigen Spalt und lauschte noch einmal angestrengt. Alles war ruhig. Nichts schien verdächtig. Stella atmete erleichtert auf, schüttelte über sich selbst den Kopf und schloss leise wieder die Tür. Wie spät war es eigentlich und wie lange hatte sie geschlafen? Sie kramte in ihren Manteltaschen nach der alten Armbanduhr. Das Uhrglas war auf der Flucht zerbrochen, aber ansonsten funktionierte sie noch. Es war gerade 5.45 Uhr. Noch viel zu früh zum Aufstehen! Aber an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Doch oben war es noch dunkel und es würde sich nicht lohnen, sich schon wieder für Nichts und wieder Nichts kalte Füße zu holen. Nicht einmal Mr. Chan würde jetzt schon geöffnet haben. Was sollte sie also dort? Hier unten war es allerdings im Moment auch nicht gerade warm. Und da sie so aus dem Schlaf aufgeschreckt war, zitterte sie am ganzen Körper.  Es war dummerweise auch kein Brennholz mehr in dem Kämmerchen zu finden, denn das hatte sie am Abend zuvor aufgebraucht. 

Aber Stella fiel etwas anderes ein: der Plastiksack in der Ecke! Er war voll mit alten Bekleidungsstücken, die sie sich vorgestern von einigen Müllplätzen zusammengesucht hatte. Zu Beginn ihrer Zeit als freiwillige Obdachlose war es ihr sehr schwer gefallen, getragene Kleidung anzuziehen. Doch was blieb ihr weiter übrig? Als sie floh, war Sommer gewesen und sie hatte damals nur ein leichtes Kleid und Pumps getragen. Aber in den Kellern, in denen sie sich versteckt hatte, war es auch bei 32° C ziemlich frisch gewesen. Als die Nächte dann anfingen, empfindlich kalt zu werden, musste sie sich überwinden. Dazu kam noch, dass mit der Zeit Schmutz und Schweiß deutliche Spuren auf dem Kleid hinterlassen hatten. Es war einfach für ein Leben in den Tunneln nicht gemacht. Stella hatte begonnen, sich auf der Suche nach geeigneterer Kleidung auf den Hinterhöfen herumzudrücken und war ziemlich schnell fündig geworden. Sie staunte, was die Leute alles so wegwarfen und wurde sich bewusst, dass sie bis vor ein paar Wochen auch dazugehört hatte. Mittlerweile hatte sie herausgefunden, auf welchen Höfen und Müllplätzen die brauchbarsten Dinge zu finden waren. Allerdings musste man entweder schnell laufen können und durfte keine Angst vor Hauswarten und Hunden haben oder man musste hübsch sein und gut schmeicheln können. Letzteres setzte sie des Öfteren ein, um einige der Hausmeister dazu zu bringen, ihr das eine oder andere Stück zu überlassen.  

Stella konnte sich erinnern, letztens eine alte Jogginghose gefunden zu haben. Sie musste in diesem Sack sein! Wieso bin ich nicht gestern schon auf die Idee gekommen? überlegte sie und wühlte in Kleidern herum. Und tatsächlich – da war das ausgebeulte Ding. Sie war unten an den Hosenbeinen etwas ausgefranst und roch muffig. Aber Stella hatte es sich schon längst abgewöhnt, in Bezug auf Aussehen und Geruch der Kleidung wählerisch zu sein. Diesen Luxus konnte man sich in so einer Situation einfach nicht leisten, obwohl sie immer bemüht war, halbwegs sauber zu wirken. Sie zog die Hose über die fadenscheinigen Strümpfe und sorgte mit einem Bindfaden dafür, dass das viel zu große Kleidungsstück nicht sofort wieder von ihrem zierlichen Körper rutschte. Stella sah an sich herunter und schüttelte den Kopf. Das war mit Sicherheit ein lächerlicher Anblick. Egal, unter dem langen Mantel würde es niemand sehen. Es achtete ja sowieso niemand auf sie. Die Zeiten, in denen sie mit Schönheit und Eleganz die Blicke auf sich zog, waren längst vorbei. Aber sich wie ein Eskimo einzumummeln konnte keine endgültige Lösung sein. Sie musste unbedingt wieder auf die Suche nach Brennholz gehen. Nicht nur, um sich wärmen, sondern auch, um wenigsten Wasser heißmachen zu können. Außerdem konnte sie dann auch Petroleum sparen. 

Sie hängte sich eine alte Schultasche über die Schulter, griff ihre Lampe sowie die Eisenstange und verließ den kleinen Verschlag. Da in Richtung Ausgang schon alles Holz, was dort herumgelegen hatte, aufgebraucht war, wollte Stella es diesmal in der anderen Richtung versuchen. Sie verspürte nämlich nicht die geringste Lust, eine halbe Stunde bis an die Oberfläche zu wandern und sich für die Holzsuche der Kälte auszusetzen. Allerdings kannte sie sich in den tieferen Gängen noch nicht so gut aus. Aber ihr fotografisches Gedächtnis und die Eisenstange, mit der sie Zeichen in den Boden ritzen konnte, würden ihr dabei helfen, wieder zurückzufinden. So machte sie sich also vorsichtig und neugierig auf den Weg.

Die junge Frau war noch gar nicht lange unterwegs, da fand sie auch schon, wonach sie suchte: einen Stapel alter, unbrauchbar gewordener Holzkisten, morsch und teilweise schon zerbrochen. Das war mindestens Vorrat für eine Woche! Da würde sie wohl einige Mal hin- und her laufen müssen, um das alles in ihr Versteck zu bringen. Stella lächelte und machte sich daran, ein paar Kisten zu zertreten, um das Material besser transportieren zu können. Sie stopfte, soviel sie tragen konnte, in die alte Tasche und machte sich auf den Rückweg. 

Als sie sich ihrer Unterkunft näherte, beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl, eine seltsame Beklemmung, die sie sich nicht erklären konnte. Es war die gleiche ungute Ahnung, die sie damals empfand, als sie feststellte, dass David dahinter gekommen war, dass sie seine miesen Geschäfte durchschaut hatte. Noch bevor er sie zur Rede gestellt hatte, wusste sie, dass er es wusste.  Zu allem Überfluss kannte er auch ihre Fähigkeit, alles, was sie jemals gesehen hatte, haarklein wiedergeben zu können. Er war einst stolz darauf gewesen und hatte immer gern mit der Gabe seiner jungen Frau angegeben. Bis sie ihm unbequem wurde. Da fing er an, sie zu bedrohen und diesen Drohungen mit körperlicher Gewalt Nachdruck zu verleihen. Monatelang hatte sie es ertragen, ertragen müssen, weil sie niemanden hatte, an den sie sich hätte wenden können. Außerdem war sie der Meinung gewesen, dass auch ihr Sohn Schutz vor dem Vater brauchte, bis sie bemerkte, dass der 13-jährige Jared mit Haut und Haaren für seinen Dad eingenommen war. Er vergötterte David, folgte ihm auf Schritt und Tritt, ahmte ihn nach und tat alles, um ihm zu gefallen. Als der Junge sah, wie sein Vater sie behandelte, dauerte es nicht lange und er hatte allen Respekt vor ihr verloren. Der Teenager fing an, mit ihr in dem gleichen verachtenden Ton zu reden und sie bewusst zu beleidigen wie es sein Vater tat.  Der gab ihm dabei auch noch Rückendeckung und entschuldigte es mit der Pubertät. Eines Tages vergriff sich Jared an ihrer Handtasche, um sich die Kreditkarte zu nehmen. Er versuchte nicht einmal, es zu verheimlichen.  Als sie von ihm mit Nachdruck die Herausgabe verlangte, lachte er sie aus.  Dann machte sie den Fehler, ihm die Karte aus der Hand reißen zu wollen – da schlug er zu! In diesem Moment wurde ihr endgültig schmerzhaft klar, dass sie den Sohn an den Vater verloren hatte. Aber nicht der heiße Schmerz auf ihrer Wange war es, der ihr zu schaffen machte, sondern der Schmerz im Herzen, feststellen zu müssen, dass dieses einst so liebe Kind nicht wieder zu erkennen war. Sie konnte es nicht fassen und überlegte lange, wann und wo sie etwas hätte anders machen müssen. Aber der Übergang war so schleichend gekommen, dass es einen direkten Moment vermutlich gar nicht gab. 

Als Stella bewusst geworden war, dass sie nun nichts mehr besaß, überhaupt nichts mehr, was ihr noch wichtig war und sie hier halten konnte, fasste sie den Entschluss, sich scheiden zu lassen, nach Europa zurückzugehen und dort neu anzufangen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass David darüber ganz anders dachte, obwohl er offensichtlich gar nichts mehr für sie empfand. Sie wusste viel zu viel und darüber hinaus konnte sein männliches Ego es nicht zulassen, als Eheversager vor seinen Freunden und Geschäftspartnern dazustehen.  So fing er also an, sie einzusperren und von seinen Schlägern überwachen zu lassen. Stella hatte mehrere Versuche gestartet, zu entkommen. Die beiden Muskelprotze hatten sie aber immer wieder gefunden und eingefangen. Jedes Mal rastete David völlig aus und prügelte sie windelweich. Danach hatte er ihr im Ehebett auf äußerst brutale Weise gezeigt, welche ihr Pflichten als seine Ehefrau waren. Allerdings hatte er es nach ihrem letzten Ausbruchsversuch zu arg getrieben und ihr mit seinen Schlägen und Tritten sehr schwere innere Verletzungen zugefügt. Sogar sein Hausarzt, der sonst immer auf seiner Seite stand und ihre Verletzungen als Lappalien herunterspielte, hatte aufgegeben und zu ihrem Glück dafür gesorgt, dass David es zuließ, sie in’s  St. Sinai Hospital einliefern zu lassen. Vermutlich hatte der alte Quacksalber Angst vor David und den Behörden bekommen, sollte sie ihm unter den Händen wegsterben. Die Ärzte hatten sie mehrere Stunden operieren müssen, um ihr Leben zu retten. Zur Erinnerung trug sie nun für den Rest ihres Lebens eine riesige Narbe auf dem Bauch. Für die Ärzte hatte sie selbstverständlich einen „Unfall“ gehabt, an dem sie natürlich selbst Schuld gewesen war. Aber dieser Aufenthalt im Krankenhaus war ihr Glück im Unglück, denn sie hatte von dort in einem unbeobachteten Moment fliehen können. Allerdings war ihr Verschwinden nicht allzu lange unentdeckt geblieben und die Männer hatten sie durch halb New York gehetzt. Bis hierher!

5. Kapitel - Neugier 

Stella öffnete, so vorsichtig und leise es bei diesem baufälligen Ding möglich war, die Tür zu ihrem Kämmerchen. Aber da war natürlich niemand, alles war ruhig und dunkel. Erleichtert machte sie sich daran, ein Feuer in Gang zu bringen, um sich Wasser kochen zu können. Sie brauchte was Warmes. Ein Kaffee wäre jetzt herrlich, dachte sie sehnsüchtig. Mit Milch und ganz viel Zucker. Dazu ein Schokocroissant! Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, hielt sie die kalten Hände über das Feuer. Ihr Blick viel auf die Zeichnungen. Irgendetwas war anders. Stella zog nachdenklich die Stirn kraus und überlegte, was es war. Da fiel ihr wieder ein, dass sie am Abend zuvor als Letztes das Bildnis von dem süßen Jungen angesehen hatte. Es hatte auf dem kleinen Papierstapel ganz obenauf gelegen, das wusste sie genau! Jetzt war da das Gesicht des jungen Studenten aus Frankreich zu sehen, der ihr statt Geld einen seiner Burger schenkte und dann das Bild gar nicht haben wollte.  Wo aber war die Zeichnung von dem Kleinen? Sie blätterte alles nochmals durch. Nichts! Es war verschwunden! Womöglich hatte sie es versehentlich mit ihrem langen Mantel von der Kiste gewischt, die als Tischchen diente. Stella suchte den ganzen Raum ab, aber sie fand es nirgendwo. Es blieb verschwunden. Ob sich ihre komische Ahnung bestätigte? War vielleicht doch jemand hier gewesen? Aber wer klaute denn eine Bleistiftzeichnung? Sie blätterte nochmals alles durch und – fand das Bild! Es lag ganz zu unterst! Ich glaube, ich werde langsam verrückt! Ständig glaube ich, mich würde jemand verfolgen! dachte sie und strich sich mit der Hand über die Stirn, als würden dadurch diese unangenehmen Gedanken verschwinden.  

Da hörte Stella es vor der Tür rascheln! Ein Reflex ließ sie nach der Eisenstange greifen und sich in die Ecke hinter der Tür hocken. „Wer ist da?“. Natürlich bekam sie keine Antwort, aber ihr war so, als höre sie ein leises unterdrücktes Kichern. Das konnten nur diese Kinder sein! Sie mussten ihr Versteck entdeckt haben. Stella riss beherzt die Tür auf. „Was wollen Sie von mir?“ fragte sie laut in die Dunkelheit. Sie musste sich große Mühe geben, das Zittern in ihrer Stimme nicht hören zu lassen. Wieder kam keine Antwort. Sie huschte in den kleinen Raum zurück, schlug die Tür hinter zu und lehnte sich dagegen, als würde sie dadurch verhindern können, dass doch jemand zu ihr eindrang. Also doch! dachte sie. Ich bin doch noch nicht irre. Hier war tatsächlich jemand drin und hat in meinen Zeichnungen gewühlt! Ob es wirklich nur Kinder waren? Wenn ja, wieso trieben die sich denn schon zu so früher Stunde hier herum? Es war gerade erst 7:30 Uhr! Aber ein Erwachsener hätte vermutlich versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Warum sonst hätte er sich zu solch einer Zeit auf den Weg zu ihr machen sollen? Oder nicht? Sie war völlig durcheinander. Was mache ich denn jetzt? Umziehen? Aber wohin denn? Kann ich sicher sein, dass sie mich nicht auch woanders finden? Die wohnen sicher schon viel länger hier unten als ich und kennen sich bei Weitem besser aus. Der Gedanke daran, aus ihrem kleinen Unterschlupf wieder ausziehen zu müssen, um weiterhin ihre Ruhe haben zu können, war ihr mehr als lästig. Inzwischen hatte sie soviel Kram zusammengeschafft, dass es sehr mühselig wäre, es an einen anderen Ort zu schleppen. Andererseits wäre es ja vielleicht gar nicht schlecht, jemanden in der Nähe zu wissen, der einem im Notfall helfen konnte. Man müsste nur herausfinden, mit wem man es wirklich zu tun hatte. Waren es gute Menschen? Wer Kinder bei sich hat, konnte doch eigentlich nur gut sein, oder nicht? Sie schüttelte innerlich den Kopf und musste an David und Jared denken. Die beiden waren alles, aber bestimmt keine guten Menschen! Wenn Stella herausfinden wollte, wer da um ihr Kämmerchen schlich, sich ihre Sachen ansah und zu wem derjenige gehörte, würde sie sich wohl überwinden und den Kontakt suchen müssen. 

Stella machte sich aber zunächst einmal „Frühstück“. Sie goss das inzwischen kochende Wasser in die alte Blechdose, die ihr als Tasse diente und gab einige Krümel Tee dazu. Langsam trank sie dieses leicht angefärbte Wasser, damit der Magen endlich ein wenig Ruhe gab. Sie schaute noch einmal in der Kiste nach, die sie für Vorräte, wenn sie denn mal welche hatte, benutzte. Aber da fand sich absolut nichts Nahrhaftes mehr. Nicht einmal ein alter Keks. Stella seufzte. War es schon wieder Zeit zum Betteln gehen? Oh, wie sie das hasste! Sie zählte die Geldstücke nach, die sie noch übrig hatte. 6 Cent und ein Knopf! Großartig! Gedankenverloren kaute sie an einer trockenen Nudel und fragte sich, ob sie den Winter auf diese Weise überleben würde. Es musste etwas passieren, das stand fest. Die Idee, mit den Anderen Kontakt aufzunehmen, setzte sich immer mehr in ihrem Kopf fest. Wenn die schon länger so lebten, dann wussten die vielleicht noch andere Möglichkeiten, sich Nahrung zu besorgen als an den Hintertüren der Restaurants zu betteln. Aber würden die ihre Quellen preisgeben und mit ihr teilen? Und waren die legal? Sie würde auf keinen Fall straffällig werden wollen! Dann war da noch die Frage, wie und wo sie die Anderen finden würde. Sollte sie ihnen erst einmal nachschleichen und beobachten oder gleich offen auf sie zugehen? In Anbetracht dessen, dass die hier eingedrungen waren und in ihren Sachen rumgewühlt hatten, konnte es ja möglich sein, dass die bösartig waren. Andererseits hatten sie nichts zerstört oder gestohlen. Sie hatten ihr auch nicht aufgelauert, um ihr etwas anzutun. Stella seufzte. Zögernd stellte sie die geleerte Büchse beiseite und begann, die alte Tasche neu zupacken, diesmal mit Skizzenblock und Stiften. Ebenso steckte sie ihre Handtasche ein, die sie bei der Flucht noch bei sich hatte. Der Inhalt konnte durchaus nützlich sein. Sie löschte das kleine Feuer, nahm Lampe sowie Eisenstange und machte sich auf den Weg. 

Stella wollte zuerst den Weg nehmen, der sie zu den alten Holzkisten geführt hatte. Aber dann dachte sie, dass das unsinnig wäre. Da sie den Unbekannten vorhin nicht begegnet war, mussten die aus einem anderen Gang gekommen sein. Der Weg, den sie benutzt hatte, wurde von einem anderen, kleineren Tunnel gekreuzt. Doch welcher der beiden Abzweige war denn nun der richtige? Sie entschied sich kurzerhand für den linken, aber nach einer viertel Stunde wurde der Gang immer niedriger und enger. Selbst sie, die relativ klein und zierlich war, musste sich schon in gebückter Haltung hindurchzwängen. Plötzlich war vor ihr eine Wand. Hier war also Endstation. Stella schnaufte enttäuscht und machte kehrt. Als sie am Ausgangpunkt angekommen war und nun den vor ihr liegenden Tunnelgang weitergehen wollte, stolperte sie über ein kleines Päckchen, das genau in der Mitte der Kreuzung lag. Erstaunt wollte sie danach greifen, zuckte dann aber zurück und schaute mit pochendem Herzen in jeden der Gänge. Aber da war niemand!  Es musste aber in der Zwischenzeit jemand hier gewesen sein, denn das Päckchen hatte vorher nicht dort gelegen. Das hätte sie bemerkt! Ob das eine Falle war? Stella fühlte sich plötzlich beobachtet und sehr unbehaglich. Vorsichtig stieß sie mit der Eisenstange an das, was da vor ihr lag. Es war eine Papiertüte mit irgendetwas darin. Sie wartete einen Moment, ob sich irgendwo etwas regen würde. Aber es explodierte nichts und es schlang sich auch nicht plötzlich ein Strick um sie, keine Falltür öffnete sich unter ihr und es schrillten auch keine Alarmglocken. Als all ihre schlimmen Erwartungen ausblieben, fing sie an, so lange mit der Stange an der Tüte herumzustochern, bis das Papier zerriss und etwas über den Boden rollte. Mit der Lampe beleuchtete sie dieses verdächtige Etwas. Sie konnte ihr Glück kaum fassen – ein Apfel und ein Stück trockenes Brot! Stella vergaß jede Vorsicht, ließ die Stange fallen, hockte sich auf den Boden und stopfte sich gierig das Brot in den Mund. Natürlich war das keine gute Idee, denn sie verschluckte sich daran und musste heftig husten. Sie brauchte eine Weile, um sich von dem Hustenanfall zu erholen. Als das Atmen wieder leichter fiel, versuchte Stella es noch einmal – diesmal allerdings mit  kleinen Stückchen und langsamem, gründlichem Kauen, um diese Mahlzeit so lange wie nur möglich genießen zu können. Sie lehnte sich an die kalte Wand, schloss selig die Augen und lächelte. Plötzlich kam ihr ein unangenehmer Gedanke: Was, wenn das hier jemand  verloren hat? Hoffentlich hab ich  jetzt niemandem etwas weggegessen? Könnte aber auch sein, dass meine „Schatten“ es absichtlich hier hinterlassen haben. Extra für mich? Na, wie auch immer – ich bin demjenigen jedenfalls sehr dankbar. Stella räusperte sich und rief ein lautes „Danke!“ in die Tunnel! Sie lauschte einen Moment lang, ob sie Antwort bekommen würde. Als sich wiederum nichts Außergewöhnliches tat, rappelte sie sich wieder auf und klopfte überflüssigerweise den Staub vom Mantel. Der Apfel verschwand in der Tasche. Für später, dachte sie, wer weiß, wann ich mal wieder so ein Glück habe! Dann betrat sie den nächsten Gang. 

Dieser Weg war bedeutend bequemer zu passieren. Es fiel ihr auf, dass sich in Kopfhöhe zwei Rohre durch diesen Tunnel zogen. Ab und zu hörte man dieses helle Klopfen, wie Stella es schon bis in ihr Versteck gehört hatte, nur viel deutlicher. Nach 10 Minuten musste sich die junge Frau erneut zwischen zwei Wegen entscheiden. Es schien ihr richtig zu sein, weiterhin den Rohren zu folgen. Die Durchgänge, die in unregelmäßigen Abständen rechts und links abzweigten, gähnten ihr wie riesige Mäuler entgegen. Bildete sie sich das ein oder wurde es dort vorn heller? Tatsächlich – je tiefer man in’s Innere vordrang, desto mehr wich die Dunkelheit. Da war auch ein Rauschen zu vernehmen, das immer stärker wurde. Sie überlegte, ob sie dem nachgehen sollte, aber dann würde sie den Weg mit den Rohren verlassen müssen. Die verschwanden nämlich im letzten der Durchgänge, die sie passieren mussten. Stella wählte das Licht, denn sie würde die Rohre auf dem Rückweg schon wieder finden. Wo wäre ich wohl jetzt, wenn ich den gleichen Weg an der Oberfläche zurückgelegt hätte? Nach meinen schmerzenden Füßen zu urteilen, wäre das sicher schon Alaska! Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte Stella, dass sie schon fast anderthalb Stunden unterwegs war. Bei dem Gedanken daran, dass der gleiche Weg ja noch einmal zurückgelegt werden musste, um wieder „nach Hause“ zu kommen, stöhnte sie leise. Daran hätte ich schon viel eher denken müssen! Aber erst will ich noch wissen, was da vorn so rauscht und woher das Licht kommt!  

Während Stella bisher immer bergab gegangen war, ging ihr Weg plötzlich in eine Steigung über und es wurde extrem eng. Sie musste auf allen Vieren kriechen, um den Anstieg zu bewältigen. Es war überaus anstrengend und schweißtreibend, aber sie musste unbedingt wissen, was da vorn war. Die Öffnung, durch die das Licht fiel, war nicht mehr weit entfernt. Sie hielt inne und lauschte wieder. Da waren Stimmen! Ja, helle Kinderstimmen! 



[editiert: 08.11.09, 13:10 von sheena]
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