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sheena
Tunnelexperte


Beiträge: 925


New PostErstellt: 07.11.09, 19:24     Betreff: Re: eine neue familie

3. Kapitel – Arme und reichte Jungen

In der winzigen Behausung angekommen, legte Stella ihre Sachen beiseite und machte Feuer in ihrem provisorischen Kamin, um ihr Geschenk aufzuwärmen. Sie stopfte einen der Kohlensäcke in den Spalt unter der Tür, damit es nicht gar so sehr zog.  Dann hockte sie sich auf ihren „Diwan“, starrte in die kleine Flamme und dachte über den huschenden Schatten nach. War es wirklich eines dieser Kinder gewesen oder vielleicht nur ein Tier? Während ihrer Überlegungen löste sie den Schal von ihrem Kopf. Zum Vorschein kam eine fast weißblonde Haarpracht, die ihr in weichen Wellen fast bis zur Hüfte reichte und ihre skandinavische Herkunft verriet. Sie schlüpfte aus den kaputten Schuhen, zog die Beine auf ihr Bett, versteckte die kalten Füße unter ihrem langen Mantel und zog sich eine der alten muffigen Feuerwehrdecken über die Schultern. Während sich ihr Süppchen langsam erwärmte, blätterte sie in ihren Skizzen herum. Immer wieder wanderte ihr Blick zu der Zeichnung, die sie von dem kleinen, etwa fünfjährigen Jungen mit den großen strahlendblauen Augen, dem rotbraunen Wuschelkopf und der merkwürdig zusammengestellten Kleidung angefertigt hatte. Er trug keine normale Jacke, sondern eine Art Steppweste, die nicht geknöpft, sondern mit kleinen Lederschnüren zugebunden war. Darunter sah man einen viel zu großen, sehr dicken Rollkragenpullover, der aus verschieden Wollresten gestrickt worden zu sein schien. Zum Schutz vor der Kälte trug er dicke Fausthandschuhe und eine dunkelblaue Wollmütze mit großer Bommel. Damit ihm die zu langen Ärmel seines Pullovers nicht über die Hände rutschten, hatte man zur Befestigung weiche Lederschnüre um seine Unterarme gewickelt. Die kleinen Füße steckten in kniehohen Stiefeln, deren Schäfte vermutlich aus einer alten Felljacke zusammengebastelt worden waren. Diese waren ebenfalls mit Lederschnüren umwickelt worden, damit sie ihm nicht herunterrutschen.

Er hatte vor diesem Spielzeugladen gestanden und war ganz in die Auslagen vertieft, so dass sie ihn unauffällig beobachten konnte. Irgendwann war ein älteres Mädchen aufgetaucht, die ein ähnliches Outfit trug. Sie war wohl schon eine geraume Zeit auf der Suche nach dem Jungen gewesen, denn sie hatte erleichtert aufgeatmet, als sie ihn dort mit leuchtenden Augen vor dem Schaufenster stehen sah. Die etwa 13-jährige hatte den Kleinen kurz in den Arm genommen, leise, aber zärtlich mit ihm geschimpft und ihn dann, trotz seines jammernden Protestes, mit sich genommen.


Stella tat der Kleine immer noch ein bisschen leid, weil es ganz so aussah, als wenn auch er immer nur die Verlockungen des Lebens ansehen, aber nie besitzen durfte. Und dann wurde dieses Vergnügen auch noch abgebrochen, bevor er sich hatte satt sehen können. Armer kleiner Kerl, dachte Stella. Wenn ich doch nur so könnte, wie ich gern wollte! seufzte sie leise in sich hinein. Du wüsstest sicher auch die kleinsten Geschenke zu schätzen. Wenn ich dagegen an meinen Sohn denke – der war schon im Kleinkindalter mit nichts zufrieden. Ganz der Papa!  Es war völlig egal gewesen, was man dem Kind schenkte, nach zwei Minuten war es uninteressant und landete in der nächsten Ecke. Manches hatte der Junge nicht einmal ausgepackt. Er ließ sich durch kaum etwas begeistern. Spielzeug, Bücher, Musikinstrumente - nichts interessierte ihn. Sein Vater hatte ihn sehr zeitig an seinem Computer herumspielen lassen. Damit konnte sich das Kind stundenlang beschäftigen. Er bekam dann auch mit fünf Jahren seinen eigenen kleinen Kindercomputer. Aber der war nach zwei Wochen schrottreif, weil das Ding natürlich viel primitiver war als der seines Daddy's. Also flog das Gerät, weil es Jared's Ansprüchen nicht genügte, in einem Wutanfall durch die Gegend. Erst als er alt genug für einen richtigen Computer war, konnte man ihm mit teurer Technik und Unmengen von Spielen ein kleines Lächeln abringen. Allerdings musste es immer das Teuerste sein. Als Jared in der vierten Klasse war, glich sein Kinderzimmer bereits einem Flugzeugcockpit.

Es fing langsam in dem kleinen Raum an, verführerisch zu duften. Stella kramte ihren alten Plastiklöffel hervor und rührte vorsichtig in dem Töpfchen. Sie schüttete eine handvoll Instantnudeln in die Brühe und rührte weiter, bis die Nudeln bissfest waren. Sie nahm einen alten Fetzen zur Hand, um sich nicht zu verbrennen, hielt sich das Töpfchen unters Kinn und löffelte langsam, mit geschlossenen Augen die Suppe. Dabei dachte sie lächelnd und dankbar an Mr. Chan und seine ältere Schwester. Stella fühlte, wie die heiße Flüssigkeit ihre Speiseröhre entlang hinunter zum Magen rann und sich die Wärme von dort aus über den gesamten Körper bis in die Finger- und Zehenspitzen verteilte. Ein herrliches Gefühl! Es war das Köstlichste, was sie in den letzten Tagen zu sich genommen hatte. Diese Suppe hatte nur einen winzigen Fehler – sie war viel zu schnell aufgegessen! Sie seufzte vor Behaglichkeit. Endlich mal wieder mit halbwegs vollem Magen und warmen Füßen ins Bett! Sonst hatte sie ja immer nur das gegessen, was andere nicht mehr wollten. Meistens kaltes und teilweise überlagertes oder vertrocknetes Zeug, dass ihr mitleidige Seelen heimlich aus den Hintertüren der Restaurants zusteckten.

Stella stellte das kleine leere Gefäß auf den Boden, kippte auf ihrem Lager einfach zur Seite und genoss das warme Gefühl. Sie sah noch einen Moment den langsam verlöschenden Flammen in ihrem Ofen zu und war kurz darauf eingeschlafen.


 

 



[editiert: 07.11.09, 19:32 von sheena]
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