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Sinnliche Songs mit emotionaler Sprengkraft

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Frickibär

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Ort: Mannheim


New PostErstellt: 13.11.06, 06:24  Betreff: Dampfmaschinen, Kontrapunkte und Bühnentornados  drucken  weiterempfehlen

Dampfmaschinen, Kontrapunkte und Bühnentornados
Beim "MM"-Festival purzeln mit 1200 Zuschauern sowie grandiosen Auftritten - vor allem von Wallis Bird - die Rekorde

Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz

Rekordbesuch und Rekordstimmung bei "Rock im Quadrat": 1200 Zuschauer drängen sich bei der Rock-Nacht des "Mannheimer Morgen" im randvollen Capitol, um die stärksten Newcomer des Jahres zu sehen - trotz massiver Konkurrenz wie dem ausverkauften Auftritt von Hollywood-Star Juliette Lewis und ihrer Punkband The Licks im Karlstorbahnhof sowie dem "Enjoy Jazz"-Abschlusskonzert in der Alten Feuerwache. Die enorme Resonanz verdankt sich auch der Tatsache, dass Programmmacher Georg Spindler schon früh im Jahr d i e Senkrechtstarterin entdeckt und verpflichtet hat: Wallis Birds energiegeladene Triovorstellung geht dann auch als einer der absoluten Höhepunkte in die achtjährige Geschichte des Festivals ein, das von engelhorn trendhouse, HM-Interdrink und der Sparkasse Rhein Neckar Nord gesponsert wird.

Was nicht heißt, dass die vier anderen Acts sich verstecken müssen. Im Gegenteil: Die Sängerin, Pianistin und Gitarristin Anna Lena zeigt dem bereits um 20 Uhr vollen Saal, dass Jugend nicht vor Klasse schützt. Wer ihre erstaunlich ausgereifte, mal kraft-, mal gefühlsstarke Rockstimme hört, käme nie auf die Idee, dass die Odenwälderin erst 18 Jahre alt ist. Getragen wird sie von den Perfect Men um den glänzenden Gitarristen Joerg Dudys, die selbst in lang gezogenen Jam-Momenten nie das Ziel aus den Augen verlieren: den Song. Umbo (Bass) und Marcel Milotte (Schlagzeug) setzen rhythmisch erste Maßstäbe, während Perkussionist Carlos Serrano del Rio schwebende Leichtigkeit einbringt. Und da die Frontfrau die Plattentellerschule bei den großen Songwriterinnen von Joni Mitchell bis Aimee Mann intensiv absolviert hat, zieht sich Qualität wie ein roter Faden durch ihre 45 Minuten - mit der Pianoballade "Love Is Like A Pendulum" als Höhepunkt. "Es war mir eine Ehre, bei ,Rock im Quadrat' spielen zu dürfen", ist ihr gerührtes Schlusswort nach "meinem ersten Konzert mit einem echten Schlagzeuger" - ein Beleg, wie sehr die Tradition des Festivals sich als Ansporn für hoffnungsvolle Talente bewährt hat.

Nach kurzer Umbauphase übernimmt Falk das Regiment. Der Songwriter von der Popakademie knüpft mit seiner Band an die druckvolle Intensität der Vorgängerin an, bewegt sich dabei aber mehr im stilistischen Beritt der "Neuen Mannheimer Schule": Deutsche Texte mit Mut zum Gefühl, soulig gesungen. Im Capitol klingt der 28-Jährige phasenweise wie eine rockige Ausgabe des frühen Laith Al-Deen, mit dem er sich den Schlagzeuger David Mette teilt.

Kontrapunkt. Nach zwei derartigen musikalischen Dampfmaschinen kann ein Tempowechsel nicht schaden. Den liefert die Heidelberger Band Sensu mit bewundernswerter Kompromisslosigkeit. Stefan Lindenaus Kontrabass-Intro zeigt den Weg Richtung Ruhe, der halbakustische Sound braucht seine Zeit, um sich gegen die große Kulisse durchzusetzen. Aber ein Erfolgsfaktor von "Rock im Quadrat" ist von Anfang an das fachkundige, aufgeschlossene Publikum gewesen, von dem ein großer Teil spätestens beim Song "Tirol" merkt, dass sich in diesen leisen Tönen viel Kreativität, Witz und Ironie verbergen. Wer außer den Sensu-Sängern Jan Wiele und Bastian Strauch traut sich heute außerhalb der Hamburger Schule schon noch, ein Wort wie Bewusstsein in einen Refrain zu packen? Nichtsdestotrotz hätte das anhaltende Interesse der Zuschauer den einen oder anderen Verstoß gegen das Tempo-Stillhalteabkommen verdient.

In die Dramaturgie des Abends passt dieses Atemholen indes perfekt, schließlich folgt auf Ruhe gerne Sturm. Den entfesselt der irische Bühnentornado Wallis Bird ansatzlos, selbst die Saiten ihrer Gitarre kapitulieren mehrmals vor ihrer Energie. Man fühlt sich an die Urgewalt erinnert, mit der Melissa Etheridges "Bring Me Some Water" und "Like The Way I Do" 1988 nicht nur in die Frauenrockwelt einbrachen - nur, dass die 23-jährige Irin gesanglich und songwriterisch einen erstaunlich eigenständigen, extrem facettenreichen Stil kultiviert. Der charmant-bodenständigen Sängerin verzeiht man sogar süße Lügen wie "Mannheim ist viel cooler als London", ihr neuer Wohnort. Da auch das Brüderpaar Christian (Schlagzeug) und Michael Vinne (Bass) in einer eigenen Liga Rhythmen abliefert, wird dieser Auftritt zu einem absoluten Stimmungshöhepunkt, den mancher etablierte Popstar nicht erreicht. Gut, dass U2 sich gerade von Wallis Birds neuer Plattenfirma Island verabschiedet haben - der Marketing-Etat wäre gut investiert.

Es gibt Angenehmeres, als nach Wallis Bird auftreten zu müssen. Aber statt zu flüchten und etwa in der Schweiz um musikalisches Asyl zu bitten, nimmt die Popakademie-Band Momentaufnahme die Herausforderung an. Und macht alles richtig: Mit Vollgas-R&B, bei dem Destiny's Child die Ohren klingeln müssten, hält die Band um Frontfrau Denise Modjallal und den kreativen Kopf Daniel Nitt kurz nach Mitternacht die meisten Zuschauer bei der Stange, dann ziehen sie alle Register der modernen, urbanen Soulmusik, um diese Rock-Nacht der Rekorde würdig zu beenden.

Mannheimer Morgen
13. November 2006



Quelle: www.morgenweb.de


"doch wenn ich arm bin, habe ich nur meine träume. die träume breite ich aus vor deinen füßen. tritt leicht darauf, du trittst auf meine träume." (William Butler Yeats)


[editiert: 13.11.06, 06:24 von Frickibär]
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