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doro · Mitglied Beiträge: 695

"Der Hörer muss selbst Antworten finden"
Der Zschopauer Jonathan Leistner wandelt beeindruckend auf den Spuren Xavier Naidoos

Zschopau. Eigentlich sind Liedermacher im wörtlichen Sinn gerade ziemlich in - so lange sie nicht so heißen: Moderne Songpoeten von Adam Green bis Peterlicht bestimmen den Ton in Klubs und vielen iPod-Playlisten. Unter "Liedermachern" versteht man allerdings oft verkniffene Menschen, die mit ihrer mahnend gezupften Akustik-Gitarre unbedingt eine Botschaft loswerden wollen. Sauerbiermänner eben.

Dass sich der Zschopauer Jonathan Leistner trotzdem Liedermacher nennt, hat einen einfachen Grund: "Ich singe nunmal alles in Deutsch. ,Songwriter' klingt da einfach unpassend. Da nehme ich den Begriff ,Liedermacher' für mich einfach wörtlich", sagt er. Wie falsch und gleichzeitig richtig er damit liegt, zeigt seine eben erschienene Debüt-CD "Nicht mehr weniger". Vom Kern her sind die 13 Stücke einfache Lieder, Beobachtungen aus dem Lebens- und Seelenalltag, erlebt im Erzgebirge. Provinz? Zschopau liegt genau so in Mitteleuropa wie Mannheim, und daher ist die Machart der Lieder zwar überraschend, aber durchaus passend: Leistner wandelt bei der Umsetzung seiner vor allem am Klavier entstandenen Stücke verblüffend geschickt auf den Spuren von Xavier Naidoo. Nicht nur, dass der bekennende Christ einerseits viel von seinem Glauben einfließen lässt, andererseits aber seine Texte meist sehr interpretations-offen lässt: Auch stimmlich sprengt der überaus talentierte Zschopauer den Rahmen eines "Liedermachers". Mit viel samtigem Schmelz und Pop-Appeal formt er seine Gedanken, packt er seinen Hörer. Sowas hat man in der Region in dieser Güteklasse lange nicht gehört.

Dass "Nicht mehr weniger" Musik auf national konkurrenzfähigem Niveau bietet, liegt natürlich auch an der Produktion. Das junge Wiesbadener Courage-Label hat Leistner bei einem Festival entdeckt, vom Fleck weg unter Vertrag genommen und den Aufenthalt in einem Top-Studio ermöglicht, wo die Lieder mit stylischen Keyboards aufgewertet wurden. "Live singe ich nur zum Klavier und manchmal mit Percussion-Begleitung. Es soll sich ja nicht anhören wie auf Platte", sagt er. Großen Beitrag daran hatte Ralf Gustke: Der Schlagzeuger der Söhne Mannheims ersann und spielte für die Platte alle Trommelparts, was den Naidoo-Touch von Leistner verstärkte.
Noch singt der Zschopauer vor allem in Kirchgemeinden - die zahlen Gagen, während er anderswo gegen die Tür spielen müsste. "Die Musik ist mittlerweile mein Nebenberuf, sie hilft die Familie zu ernähren", sagt der studierte Religionslehrer. Allerdings will er sich nicht auf Religionsthemen festlegen - als christlicher Liedermacher sieht er sich nicht. Damit eckt er in der einschlägigen Szene auch ziemlich an, etwa wenn er in "Fragen" singt: "Ist Gott nun wirklich Gott der ganzen Welt?" und in dem Stück keine Antwort gibt - nicht einmal indirekt. "Ich will einfach, dass die Hörer sich in meinen Liedern finden, dass sie Momente und Empfindungen aus ihrem Leben wiedererkennen. Ich will anregen zu fragen, aber keine Antworten geben. Die muss jeder selbst finden", sagt er.

Live

Jonathan Leistner tritt am 29. Dezember im Gemeindehaus Zschopau auf. Am 25. Januar ist er in Auerbach bei Gelenau zu erleben.www.jonathanleistner.de

Quelle: http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/1419313.html

Ich will mit dem gehen, den ich liebe. Ich will nicht ausrechnen, was es kostet. Ich will nicht nachdenken, ob es gut ist. Ich will nicht wissen, ob er mich liebt. Ich will mit dem gehen, den ich liebe.

Brecht