Defibrillator-Forum

Anett · Mitglied Beiträge: 315 Ort: Sachsen

Hallo, alle zusammen,
ich habe heute in die Bundestagssitzung reingeschaut, da ging es um geplante Verbesserungen für Behinderte, ein neues Bundesteilhabegesetz wurde beschlossen.
Wenn ich mir so überlege, welche Vergünstigungen der Schwerbeschaedigtenausweis außerhalb des Berufslebens bringt, ist das nicht allzuviel. Von der günstigen Beförderung von Besitzern des Merkzeichens "G" mal abgesehen.
Im vorletzten Sommer war ich in London. Dort kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bei Vorlage des Schwerbeschaedigtenausweises kommt man in nahezu alle Sehenswürdigkeiten kostenfrei rein.Man muss sich größtenteils nicht mal anstellen, sondern wird gleich nach vorn durchgewunken.Das galt für London Eye genauso wie für Christ Church in Oxford.Da ist bei uns in Deutschland noch viel Luft nach oben.
Zumal gerade diejenigen, die von einer (EU-) Rente leben, sicher nicht so gut aufgestellt sind, sich wirkliche Teilhabe am kulturellen Leben leisten zu können.
Was habt ihr da so für Erfahrungen gemacht, hier und anderswo?
Gruß Anett

SilkeB · Mitglied Beiträge: 126 Ort: Buchholz i.d.N.

Hallo Anett,
was das angeht, ist Deutschland eine echte Servicewüste. Das gabe ich auch schon festgestellt.
Ohne entsprechenden Buchstaben, bringen auch meine 60% om Alltag nix :-/
Gruß, Silke

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CPVT; 2013 prophylaktische ICD Implantation; seit 2016 lebensrettender Begleiter, Dez 2018 Implantation eines 2-Kammersystems in den Muskel

Anett · Mitglied Beiträge: 315 Ort: Sachsen

In London wurde man wie ein V.I.P. behandelt, sobald das Einlasspersonal den Ausweis zu sehen bekam. Die Leute waren dann sowas von zuvorkommend und freundlich.Am Anfang war mir das fast schon peinlich. Eigentlich hatten wir lediglich nachgefragt, ob es mit dem Ausweis Ermäßigung gibt.Zum Schluss fand mein Sohn das ganz lustig, dass die Leute sich dann so "überschlugen".
Na ja, zurück zu Hause kam dann ganz schnell das Erwachen, ha, ha,...
Servicewueste Deutschland stimmt schon irgendwie.

Gitarremann · Mitglied Beiträge: 819

Naja aber was will man denn genau verbessern? Klar gäbe es einige Punkte, wo man da ansetzen könnte, aber drei Wochen später sitzt doch der erste Behinderte schon in einer Talkshow und erklärt, dass er ganz normal behandelt und nicht bevorzugt werden möchte oder kurz nachdem die Parkplatzsituation verbessert wird, damit man nicht mehr so weit laufen muß, kommt ein übereifriger Gehbehinderter, der der Welt unbedingt zeigen möchte, was man alles schaffen kann, wenn man nur will und meint, er muß einen Marathon mitstolpern. Das macht es den Entscheidungsträgern in der Politik auch nicht gerade leicht.

Oder was würde passieren, wenn eine gute Fee käme, man hat einen Wunsch frei und wünscht sich, dass Behinderte hier ab sofort genauso behandelt werden wie in England und – PENG – dürfte kein Defi-Träger mehr Auto fahren.

Ich schaue manchmal unter meine Füße, ob da wohl ein Verfallsdatum schon steht
manche Menschen, die bestell'n mir Grüße, obwohl sie nicht wissen wollen wie's mir geht
ich brauche wirklich keine Einbauküche, ich will mir auch kein kleines Häuschen bau'n
Was ich gerne hätt' das wäre eine Schaukel, dann würd' ich schaukeln und in den Himmel schau'n

Anett · Mitglied Beiträge: 315 Ort: Sachsen

Da ist schon was Wahres dran. Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Das mit dem "Marathon stolpern" hat was.
In diese Kategorie falle ich allerdings nicht.Ich wäre bei meiner Mini-EU-Rente schon froh, wenn es ab und zu in relevanten Bereichen Vergünstigungen gäbe.

Gitarremann · Mitglied Beiträge: 819

Jo, hat eben immer alles zwei Seiten. Aber natürlich ist es auch nicht richtig, sich alles gefallen zu lassen und so hinzunehmen, wie es ist, wenn es offensichtlich auch anders geht. Bei mir war das so ähnlich, wie ich es beschrieb. Ich hatte auf Arbeit gerade langwierig und halbwegs verständlich erklärt wie eingeschränkt ich bin und was ich alles darf und nicht darf und dass ich körperlich eben keine besonderen Leistungen mehr vollbringen kann, da kommt dieser Fußballer im Fernsehen, der meinte, er müsse nun seine Profikarriere auch mit Defi fortsetzen. Total super, 5 Jahre Überzeugungsarbeit in 20 Minuten kaputt gemacht.

Ich schaue manchmal unter meine Füße, ob da wohl ein Verfallsdatum schon steht
manche Menschen, die bestell'n mir Grüße, obwohl sie nicht wissen wollen wie's mir geht
ich brauche wirklich keine Einbauküche, ich will mir auch kein kleines Häuschen bau'n
Was ich gerne hätt' das wäre eine Schaukel, dann würd' ich schaukeln und in den Himmel schau'n

Anett · Mitglied Beiträge: 315 Ort: Sachsen

Das ist echt Mist! Du meinst bestimmt Daniel Engelbrecht von den Stuttgarter Kickers.Das habe ich damals auch gelesen. Ich glaube auch, mit Defi ist nicht gleich mit Defi. Jeder hat eine andere Grunderkrankung und auch eine andere Arbeitsplatzsituation.
Wenn der meint, seine Gesundheit auf dem Rasen riskieren zu müssen, dann muss er das halt tun.Ich kann in meinem Beruf nicht mit einer Horde mir anvertrauter Kinder losziehen und dann halt aller Wochen umfallen, möglichst noch auf der Straße. Und die Kinder stehen dann allein da...

dasPaul · Mitglied Beiträge: 246 Ort: Dresden

Zitat: Gitarremann

dieser Fußballer im Fernsehen, der meinte, er müsse nun seine Profikarriere auch mit Defi fortsetzen.

Wenn ich dann Sprüche lese wie "Es war der Kampf um diese minimale Chance, seine Karriere weiterführen zu können. Um jeden Preis" frage ich mich auch...

Mal davon abgesehen das mich Fussball soviel interessiert wie Hip Hop kann ich es nicht nachvollziehen bzw. finde es fast etwas traurig wenn man nix anderes mehr im Leben findet das es noch Lebenswert machen könnte als Fussball. Vermutlich zahlt sich das jahrelange harte Training, der Drill und die Gruppenzugehörigkeit in der Beziehung aus (Achtung Ironie). Naja, vermutlich sieht es besser aus auf dem Spielfeld als Held umzukippen als Zuhause mit Depressionen über die verlorene Spielerkariere einzugehen.

Aber um nicht abzuschweifen. Ich habe dieses "G" im Schwerbehindertenausweis und da ich ergänzend Sozialhilfe bekomme kann ich mir so eine Jahreskarte zulegen mit der ich kostenlos die lokalen Verkehrsbetriebe nutzen kann und wenn ich mich nicht irre auch die Regionalbahnen der DB in ganz Deutschland. Ich könnte theoretisch mit der Bahn durch ganz Deutschland eiern solange wie ich will und solange ich in Regio Züge einsteige. Ironischerweise hat meine Herzleistung 2013 so nachgelassen das ich einfach nicht mehr in der Lage bin das Angebot wahrzunehmen. Selbst ein Museumsbesuch geht bei mir nur noch 30 Minuten stehen und dann maximal eine Stunde mit dem Auto Fahrweg insgesamt. Danach verlassen mich sehr schnell die Kräfte.
Also wer die Möglichkeit hat sollte alles Mitnehmen solange es noch geht.

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<=Mensch ohne Windows® | HNCM/DCM - Biotronik ICD №2 - Ablation - HTX-Listung=>

Anett · Mitglied Beiträge: 315 Ort: Sachsen

Mit dem heldenhaften Umfallen ist das so eine Sache, funktioniert vermutlich am ehesten in einer großen Arena, sprich im Stadion.Mit zigtausend Zuschauern.Ich bräuchte das sicher nicht! Bei uns Normalos sind die Zuschauer eher geneigt von einer Dosis zuviel Alkohol auszugehen, wenn wir da so auf der Straße liegen.Nix mit Held sein. Aber Spaß beiseite, manchmal denke ich auch, für das entsprechende Gehalt und den entsprechenden Ruhm machen manche Leute alles.
An "das Paul": Es ist schade, dass du so eingeschränkt bist, dass du die Möglichkeiten, die du hättest, gar nicht so wahrnehmen kannst.Aber man soll die Hoffnung nie aufgeben. Vielleicht geht es dir eines Tages wieder besser!

Reiner111 · Mitglied Beiträge: 290 Ort: Schönefeld

Zitat: Anett

Ich wäre bei meiner Mini-EU-Rente schon froh, wenn es ab und zu in relevanten Bereichen Vergünstigungen gäbe.

Ich finde es ist eine Unverschämtheit wie wir EU Rentner vom Staat behandelt werden.Das fängt bei den menschenverachtenden Mini-Renten für uns Behinderte an,und hört beim regelmäßigen "nackig machen" vorm Sozialamt nicht auf.

Bestes Beispiel war die Rentenerhöhung am 1.7. die mir 25€ gebracht hat,die aber natürlich voll auf die EU-Rente angerechnet wurde.Und dafür gibt es dann am 1.1. eine Erhöhung der Grundsicherung in Höhe von sage und schreibe 5€.

Und das die Zuverdienstgrenzen verbessert werden sollen mag ja für normale Rentner prima sein,geht aber völlig an der Lebenswirklichkeit von mir als EU-Rentner vorbei.Ich bin schon froh wenn ich den Tag problemlos überstehe,an arbeiten ist da überhaupt nicht zu denken.

Bist du krank geworden und kannst nichts mehr leisten behandelt dich der Staat so als wärest du nur noch ein Stück Sch.....

Gruß Reiner