Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge MembersMitglieder SucheSuche HilfeHilfe StatStatistik
ChatChat VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender BookmarksBookmarks
Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
Gast
New PostErstellt: 21.04.07, 03:33     Betreff:  Induzierte Umgangsverweigerung (PAS) Antwort mit Zitat  

Whisky: Mord im schottischen Schloss...


FPR 2002 Heft 06 256

Induzierte Umgangsverweigerung (PAS) und richterliche Kreativität*

Gerichtsgutachterin Brigitte Spangenberg und Richter am AG Ernst Spangenberg, Bickenbach

I. Einleitung

Familienrichter der ersten und zweiten Instanz sehen sich zunehmend vor der schwierigen Frage, wie sie im Falle eines nachgewiesenen PA-Syndroms beim Kind verfahren sollen. Wegen der Darstellung des PAS im Einzelnen wird auf die vielfältige Literatur verwiesen1. Gerichte versuchen die Bindungstoleranz des PA-induzierenden Elternteils durch Zwangsgeld, durch Aufklärung der Eltern und mediative Angebote2, durch konkrete Regelung und Überwachung des Umgangs3, durch Einsetzung eines Umgangspflegers4, durch Einsetzung eines Verfahrenspflegers5 oder durch Androhung rechtlicher Konsequenzen6 zu erzwingen. Die Effektivität eines Zwangsgeldes, einer Verfahrenspflegschaft oder jeglicher Drohung mit rechtlichen Konsequenzen ist gering, weil man einem Syndrom, das in seinen schweren Formen Krankheitswert hat, anders als mit Vernunftgründen oder Zwangsmitteln begegnen muss. In Ausnahmefällen, in denen der abgelehnte Elternteil bereit und in der Lage ist, die Verantwortung für sein Kind zu übernehmen, ist die Neuregelung der elterlichen Sorge gerechtfertigt7. Sie ist jedoch eine unter Kindeswohlgesichtspunkten einschneidende Maßnahme. Bei dieser Sachlage sind kreative Lösungen im Einzelfall gefragt. Wir stellen im Folgenden zwei Fälle dar, um die Möglichkeiten und Gefahren einer richterlichen Vermittlung zu veranschaulichen.

II. Fälle

Fall 18

Die Eltern des 1987 geborenen W sind seit 1997 geschieden. W wächst bei der Mutter auf. Durch eine leichte
Spangenberg, Spangenberg: Induzierte Umgangsverweigerung (PAS) und richterliche Kreativität FPR 2002 Heft 06 257 Vorheriger Seitenumbruch
Nächster Seitenumbruch

Behinderung hat W einen Entwicklungsrückstand von ca. vier Jahren. Seit der Trennung der Eltern hat der Vater sein Umgangsrecht wiederholt nur durch gerichtliche Intervention wahrnehmen können. Nunmehr beantragt die Mutter in zweiter Instanz die Aussetzung des Umgangs für unbestimmte Zeit. Sie trägt vor, W sei zu keinem Umgang mit dem Vater mehr bereit. Der Junge habe dafür gute Gründe. Sie könne ihn nicht zwingen. Das vom OLG eingeholte Sachverständigengutachten ergibt den Befund von mittlerem bis schwerem PAS. W weist seinen Vater kompromisslos zurück und verunglimpft ihn („der stinkt wie Leiche“ u.a.). Für seine Zurückweisung gibt er absurde Erklärungen und verwendet dabei entliehene Szenarien („In die Nähe von meinem Schlafzimmer hat er ein Loch in die Wand gebohrt und eine Kamera versteckt. Das fand ich gruselig und ich habe es nicht einmal gesehen.“ u.a.). W bezieht die Großmutter väterlicherseits in seine Verunglimpfung ein („Oma hat mir Lasagne [seine Lieblingsspeise] warm gemacht. Ich wollte mal reinstechen. Wie ein Mutteraffe hat sie es weggeworfen. Da musste ich hungern.“). W überhöht seine Mutter und malt von ihr im Test das Bild eines „wunderschönen, riesengroßen, bunten“ Schmetterlings. An seinen Vater habe er keinerlei positive Erinnerungen.

Nach Kenntnis des Gutachtens beraumt der Senatsvorsitzende Anhörungstermin an, zu dem er Mutter, Vater, W und die Sachverständige lädt. Als alle auf dem Gerichtsflur warten, separiert der Richter W von der Mutter und ihren Begleitpersonen, indem er die Sachverständige bittet, W ins Spielzimmer zu begleiten. Dort überzeugt er sich gemeinsam mit der Sachverständigen vom guten Allgemeinzustand des Kindes, um sodann mit W und dem Vater in die Kantine des OLG „auf ein Eis“ zu gehen. Auf dem Weg zur Kantine weist der Vorsitzende den Jungen auf den Bau des Landesmuseums hin. Beim Eisessen leitet er ein Gespräch über Dinosaurier ein. W taut auf. Andere Freizeitangebote der Stadt werden erörtert. W geht auf den Vorschlag des Vorsitzenden ein, mit dem Vater die Dinosaurier im Landesmuseum zu besichtigen. Vater und Sohn unterhalten sich frei. Nach ca.30 Minuten kehrt der Richter mit Vater und Sohn, die sich an der Hand halten, zurück. Er übergibt das Kind der Sachverständigen zur Nachbeobachtung und beginnt die Verhandlung, in der er seine Beobachtungen den Eltern und den Verfahrensbevollmächtigten über das Diktat auf Band mitteilt. Ohne weitere Diskussionen abzuwarten, erörtert er die Modalitäten des Umgangs: Wie kommt das Kind zum Museum?, weitere Aktivitäten, Einschaltung des Kinderschutzbundes für betreuten Umgang etc. In der Nachbeobachtung wirkt W zuerst deutlich erleichtert („Danke, danke. Mal beim Papa und mal bei der Mama, bei beiden“). Dann kommen ihm erhebliche Zweifel („was die Mama dazu sagt“). Nach Abschluss der Verhandlung kommt der Richter ins Spielzimmer zurück und teilt W mit, sein Vater werde ihn am Samstag abholen, um mit ihm ins Museum zu gehen.

Seitdem finden regelmäßige Vater-Sohn-Kontakte statt, wie eine Nachfrage des Richters bei Mutter und Vater nach Ablauf von drei Monaten ergab. In Zukunft wird der Umgang nicht mehr wie seither von der Mutter sondern vom Kinderschutzbund begleitet.

Fall 2

Wählen wir als Alternative einen PAS-Fall vor dem Familienrichter erster Instanz.

Der Richter erkennt bei der Anhörung des siebeneinhalbjährigen F unter vier Augen, dass es sich um ein Kind mit PAS handelt. Er bittet den nichtehelichen Vater des Kindes hinzu und überzeugt sich, dass das Kind trotz erheblicher Vorwürfe gegen seinen Vater angstfrei reagiert. Danach schickt er Vater und Sohn auf einen Spielplatz innerhalb des vom Gericht einzusehenden Sportgeländes und fordert die Rechtsanwälte der Eltern auf, gemeinsam den „Umgang“ zu beobachten, während er mit der Mutter spricht. Da der Vater sich kindgerecht verhält, bewerten die Prozessbevollmächtigten den Probeumgang als positiv. Weitere Umgangstermine werden mit allen Beteiligten vorbesprochen. Die Anbahnung eines dauerhaften Umgangs scheitert. Das Umgangsverfahren ist inzwischen in zweiter Instanz anhängig.

III. Nachgedanken

Beide Richter haben die betroffenen Kinder von der Mutter separiert und damit ihrer direkten Einwirkung entzogen. Die Kinder konnten ihrem Vater unbeeinflusst begegnen. In beiden Fällen hat der Richter die Kontaktanbahnung vermittelt. In beiden Fällen haben die Kinder positiv reagiert. Die eigentliche Schwierigkeit besteht darin, den umgangsverweigernden Elternteil „umzustimmen“.

Der Amtsrichter hat darauf vertraut, es genüge, die Parteivertreter vom positiven Ausgang des Probeumgangs zu überzeugen und das Ergebnis schriftlich zu fixieren. Er hat der Mutter die Möglichkeit offen gelassen zu behaupten und zu induzieren, dass der Probeumgang dem Kind geschadet habe. Die Erfolgsaussichten des Amtsrichters wären besser gewesen, wenn er der Mutter gemeinsam mit ihrem Anwalt den Augenschein geboten hätte und sich im Anschluss an die Verhandlung noch einmal vom Wohlergehen des Kindes überzeugt hätte.

Der Senatsvorsitzende hat das Ergebnis des Probeumgangs zu einer für die Mutter unangreifbaren Feststellung gemacht, indem er den Ablauf in Gegenwart aller Beteiligten protokolliert hat. Seine Fragen zur Ausgestaltung des künftigen Umgangs enthalten die Vorannahme9, dieser sei als Folge des geglückten Probeumgangs selbstverständlich. Rückzugsmöglichkeiten auf ihre Verweigerungshaltung hat der Vorsitzende durch seine Verhandlungsführung im Gegensatz zum Amtsrichter nicht gelassen.

Beachtenswert scheint uns, mit kreativen Lösungen beim Kinde anzusetzen, die Hauptaufgabe jedoch im Umstimmen des PAS-erzeugenden Elternteiles zu sehen. Wichtig ist es, dem PAS-erzeugenden Elternteil die Grundlosigkeit seiner Befürchtung anschaulich zu machen, d.h. ihn in Gegenwart von Zeugen das unproblematische Zusammensein zwischen Kind und umgangsberechtigtem Elternteil beobachten zu lassen. Allerdings bietet auch ein vor den Augen des PAS-erzeugenden Elternteils geglückter Umgang keine Gewähr für eine neue Einsicht, wie die Äußerung einer Mutter beim Beobachten eines Probeumgangs beweist: „Der Wolf im Schafspelz“.

Es sollte eine „erdrückende“ Beweislage zu Lasten des PAS-induzierenden Elternteiles geschaffen werden. Hilfreich ist, wenn die Sachautorität von Gericht, Sachverständigen, Parteienvertreter und eine breit gefächerte Aufklärung zusammenwirken.

*Die Autorin Brigitte Spangenberg ist Gerichtsgutachterin, der Autor Ernst Spangenberg ist Richter am AG Groß-Gerau (Familienrichter); beide Autoren sind Mediatoren (BAFM).

1Gardner, The Parental Alienation Syndrom, 1992; Gardner, www.rgardner.com/refs/pas_peereviewarticles.html, 3. 8. 2001; Klenner, FamRZ 1995, 1529; Kodjoe/Koeppel, DAVorm 1998, 9; Leitner/Schoeler, DAVorm 1998, 850; Krause, JAmt 2002, 2; anderer Meinung: Salzgeber/Stadler, FPR 1999, 231; dies., KindPrax 1999, 107 und AK14 des DFGT 2001 (Leitung: Stadler), die ein PA-Syndrom von Krankheitswert verneinen.

2OLG Frankfurt a.M., FamRZ 2001, 638.

3AG Rinteln, ZfJ 1998, 344.

4BezG Erfurt, NJW-RR 1993, 1481 = FamRZ 1994, 921.

5OLG Frankfurt a.M., Entsch. v. 13. 7. 2000 - 5 WF 112/00.

6OLG Frankfurt a.M., FamRZ 2001, 638.

7OLG Frankfurt a.M., Entsch. v. 4. 5. 2000 - 3 UF 146/99; KG, FamRZ 2000, 1606.

8Das Verfahren fand vor dem 6. Familiensenat des OLG Frankfurt a.M. statt, dessen Vorsitzenden Dr. Dieter Weychardt wir für seine Mithilfe danken.

9Vgl. Spangenberg/Spangenberg, FamRZ 1996, 332.




[editiert: 03.05.07, 17:55 von Admin]
nach oben
Sortierung ändern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 82 von 161
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Design © trevorj