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Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen
Staatsterror durch staatliche Eingriffe in das Familienleben
Verletzung von Menschenrechten, Kinderrechten, Bürgerrechten durch Entscheiden und Handeln staatlicher Behörden im familienrechtlichen Bereich, in der Kinder- und Jugendhilfe, in der Familienhilfe unter anderem mit den Spezialgebieten Jugendamtsversagen und Jugendamtsterror
Fokus auf die innerdeutsche Situation, sowie auf Erfahrungen und Beobachtungen in Fällen internationaler Kindesentführung und grenzüberschreitender Sorgerechts- und Umgangsrechtskonflikten
Fokus auf andere Länder, andere Sitten, andere Situtationen
Fokus auf internationale Vergleiche bei Kompetenzen und Funktionalitäten von juristischen, sozialen und administrativen Behörden

"Spurensuche nach Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen"
ist ein in assoziiertes Projekt zur
angewandten Feldforschung mit teilnehmender Beobachtung
"Systemkritik: Deutsche Justizverbrechen"
http://www.systemkritik.de/

 

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Gast
New PostErstellt: 12.04.07, 00:34     Betreff: Aktionismus der Hilflosen Antwort mit Zitat  

11. April 2007

FALL KEVIN UND DIE FOLGEN
Aktionismus der Hilflosen

Von Julia Jüttner, Bremen

Kevins Tod schockierte Deutschland: sein kleiner Leichnam, gefunden im Kühlschrank des drogenkranken Ziehvaters. Vier Wochen vor der Bürgerschaftswahl zieht die Bremer Sozialpolitik jetzt Konsequenzen. Maßnahmen, die von Aktionismus und Hilflosigkeit zeugen.

Bremen - Kevins Schicksal als Kind unter staatlicher Vormundschaft gab den Blick frei auf die dramatischen Zustände der Bremer Jugend- und Sozialpolitik. Der Junge starb an den Folgen schwerster Misshandlungen, obwohl er unter der Obhut des Bremer Jugendamtes stand. Heute legte Jugend- und Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter einen konkreten Fahrplan für die Neustrukturierung der Jugendhilfe in Bremen vor.

Kevin Grab: Nachbarn bringen Stofftiere und Blumen
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SPIEGEL ONLINE

Kevin Grab: Nachbarn bringen Stofftiere und Blumen
Demnach sollen noch am Tag einer Krisenmeldung Sozialarbeiter der entsprechenden Familie einen Hausbesuch abstatten und entscheiden, ob das Kind in Obhut genommen werden muss. Entscheiden die Fachkräfte, das Kind in der Familie zu lassen, müssen konkrete und präzise Vereinbarungen mit den Eltern getroffen werden. Eine Entscheidung nur nach Aktenlage wie im Fall Kevin dürfe es nicht mehr geben, sagte die Senatorin. Der Kontakt zu den Familien und der Einblick in die Familien sollen intensiviert werden. Von den Mitarbeitern werde eine "sorgfältige Dokumentation jedes Falles gefordert, die exakt aufgelistete Kriterien zu erfüllen hat".

Kevins drogensüchtige Mutter Sandra K. und sein ebenfalls süchtiger und gewalttätiger Ziehvater Bernd K. hatten die Behörden immer wieder ausgetrickst, gegeneinander ausgespielt, abgewimmelt und ihnen haarsträubende Lügengeschichten aufgetischt, so dass Kevin nach jedem Heim- oder Klinikaufenthalt wieder nach Hause kam. Alle Verantwortlichen in Bremen kannten den Fall Kevin: das Jugendamt, das Amt für Soziale Dienste, ein Kinderheim und die Politik. Alle hätten wissen müssen, dass Kevins Leben in Gefahr war. Und doch entdeckten Mitarbeiter des Jugendamtes am 10. Oktober 2006 im Beisein der Polizei den in Mülltüten eingewickelten Leichnam des Zweijährigen im Kühlschrank. Der mit Methadon und Ersatzdrogen wie Ritalin und Diazepam vollgepumpte Bernd K. hatte nur stumm auf die Kühlschranktür gezeigt.

Drei Betreuer waren zu diesem Zeitpunkt für rund 650 Amtsvormundschaften in Bremen verantwortlich. Erste Sofortmaßnahme nach Kevins tragischem Tod war die Personalverstärkung bei der Amtsvormundschaft und in den Erziehungsberatungsstellen. Mittlerweile betreut eine Sozialarbeiterin hundert Kinder. Seit 1. Februar gibt es ein Kinder- und Jugendschutztelefon, das rund um die Uhr besetzt ist.

Nun sollen auch andere strukturelle Defizite behoben und die Verfahrensabläufe innerhalb der Ämter verbessert werden. "Wir haben aus dem Fall Kevin gelernt", so Staatsrat Joachim Schuster. Gestern beschloss der Senat ein Gesetz, wonach alle Erziehungsberechtigten vom Gesundheitsamt zu Früherkennungs-Untersuchungen aufgefordert werden. Nun legt die Senatorin nach: Eltern in ausgesuchten Wohnvierteln sollen bis zu einem Jahr nach der Geburt regelmäßig zu Hause besucht werden, wobei vor allem die Lebenssituation des Kindes im Vordergrund steht. Das würde vorerst 1200 Bremer Kinder betreffen.

Konkret sollen Maßnahmen in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro dem Jugendhilfeausschuss nächste Woche vorgelegt werden. Darunter auch der Ausbau des Familienhebammenprogramms sowie die Betreuung drogenabhängiger Eltern, idealer Weise ab der 24. Schwangerschaftswoche. Auch Kevins Mutter hatte mit zwölf Jahren begonnen zu trinken, mit 14 Heroin zu spritzen. Sieben Jahre ihres Lebens hatte sie im Gefängnis gesessen. Ihr Lebensgefährte Bernd K. begann seine Drogenkarriere mit 13 Jahren, ebenso lange saß er insgesamt in Haft.

Das Ermittlungsverfahren wegen Kindestötung gegen den 41-Jährigen steht kurz vor dem Abschluss. "Die Anklageschrift wird in den nächsten Wochen fertig sein", erklärt der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft Jörn Hauschild. Das Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen Bernd K. sei eingestellt worden, sagt Hauschild. Kevins Mutter war im November 2005 auf ihrem Bett an einem Milzriss verblutet. Die Notärztin vermutete, dass Bernd K. seine Freundin erschlagen hat. Ein Gutachten sollte klären, ob der Milzriss durch einen Sturz oder durch einen Tritt verursacht worden ist, brachte jedoch keine Erkenntnis über die Todesursache.

Wie seine Mutter ist Kevin auf dem Waller Friedhof in Bremen beigesetzt. Wenige Meter vom Gräberfeld der Schwestern des evangelischen Diakonissenhauses bewachen ein weißer Teddy mit einem roten Herz im Arm und ein weißer Porzellanengel den kleinen Erdhügel, unter dem der weiß lackierte Kindersarg begraben ist. Kein Stein erinnert an den Zweijährigen, nur ein kleines grünes Holzschild. Zehn Stiefmütterchen, verwelkte Narzissen und rote Tulpen schmücken sein Grab. "Immer wieder kommen Nachbarn vorbei und bringen frische Blumen", sagt die Frau im Friedhofsbüro.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,476690,00.html

FALL KEVIN UND DIE FOLGEN
Aktionismus der Hilflosen (2)

Von Julia Jüttner, Bremen

Die Nachbarschaft wollte eine Grabpflege organisieren. Doch noch kümmert sich das Amt für Soziale Dienste um die Grabstätte. Neben Kevin sind seine Mutter Sandra und sein tot geborenen Bruder Joshua Bernd beigesetzt. Zwei weiße Blätter Papier in Glassichtfolie ersetzen Grabsteine, ein grauer Stoff-Delphin thront auf den beiden armseligen Einzelgräbern.

Die Stofftiere und Kerzen vor Kevins Zuhause in der Kulmerstraße in Gröpelingen sind verschwunden. Nichts erinnert mehr an die Tragödie vom Oktober vergangenen Jahres. Hinter einer Wiese am Wendekreis der Sackgasse stehen drei Betonblöcke, je vier Stockwerke hoch, Satellitenschüsseln an den Balkonen. In dem rechten Wohnblock durchlebte Kevin die zwei qualvollen Jahre seines Lebens. Die Sozialwohnung steht leer, wie viele andere in dem Haus auch. In einigen wurden Obdachlose untergebracht.

Die Menschen in den polierten Einfamilienhäusern mit frischen Primeln im Vorgarten in der Nähe der Sozialbauten wünschen sich die unliebsamen Nachbarn weg, nach Kevins tragischem Tod erst recht. "Ich kannte den Jungen nicht", sagt Waltraud B. "Aber man hat sich doch mitschuldig gefühlt." Ihr Nachbar sagt: "Wenn die Polizei anrückt, dann nur weil es dort wieder hoch hergeht. Die schmoren in ihrem Saft und werden immer krimineller."

Eine Blockbewohnerin erinnert sich gut an den hochgewachsenen Bernd K. mit dem Pferdeschwanz. Oft habe er laut gepöbelt, mit seiner Gaspistole herumgefuchtelt und Nachbarn bedroht. Einem soll er mit Schlägen sogar das Trommelfell zerstört haben. Ihre Mutter habe Kevin manchmal im Arm seiner unter Drogen stehenden, vor sich hin heulenden Mutter gesehen. Das Junkie-Elternpaar sei allen aufgefallen. "Aber das sind nicht die einzigen, die hier Hilfe brauchen."

Nach der Statistik des Bundeskriminalamtes wurden der Polizei im vergangenen Jahr rund 3000 Fälle von Kindesmisshandlung gemeldet - das sind 50 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher. Senatorin Rosenkötter will die Eskalation in sozial schwachen Familien verhindern und nicht erst eingreifen, wenn die In-Obhutnahme eines Kindes zur Diskussion steht. "Unser Ziel ist es, das bestehende Präventionssystem wesentlich zu verbessern. Wir wollen das Netz der Schutz- und Früherkennungsmaßnahmen so eng wie möglich knüpfen um die größtmögliche Sicherheit für unsere Kinder zu erreichen", sagt Rosenkötter wenige Wochen vor dem 13. Mai: Dann wählt Bremen eine neue Bürgerschaft.

Das Maßnahmen-Paket zur Verbesserung der Bremer Jugendhilfe hat nur einen Haken: "Klar ist, dass alle Maßnahmen auf freiwilliger Basis beruhen", sagt Staatsrat Schuster. "Niemand kann dazu gezwungen werden."

Die Frage bleibt, ob Menschen wie Bernd K. Sozialarbeitern freiwillig die Tür öffnen.

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,476690-2,00.html


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