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Monster im Paradies: Die weißen Päderasten von Bali

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New PostErstellt: 11.11.04, 22:49  Betreff: Monster im Paradies: Die weißen Päderasten von Bali  drucken  weiterempfehlen

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 11.11.04

Monster im Paradies: Die weißen Päderasten von Bali

Von Moritz Kleine-Brockhoff

Bali/Lombok. Tony reißt die Matratze an der Seite auf. Zwischen Ober- und Unterkante zieht er rundherum einen Stoffstreifen ab. Tony bindet eine Schlinge und steigt auf die Toilette. Das lose Ende des Stoffstreifens befestigt er an einem Gitterstab, oben, in dem kleinen Fenster, durch das ein wenig Luft in seine stickige Gefängniszelle dringt. Und dann springt Tony von der Toilette. Kurz danach hängt sein Körper ruhig an der Wand. Der hagere Australier hieß mit richtigem Namen William Brown. Seit 1982 hatte er in Indonesien immer wieder Sex mit Jungen unter 15 gehabt. Im Januar wurde der Päderast auf der Insel Bali verhaftet, im Mai verurteilt.
13 Jahre soll er im Gefängnis bleiben, in der ersten Nacht bringt er sich um. Kein Angehöriger will sich um die Leiche kümmern, sie wird verbrannt.

Brown war der zweite Ausländer, der in Indonesien wegen Päderastie belangt wurde. 2002 kam der Italiener Mario Mannara mit fünf Monaten Haft davon. Was nach Einzelfällen aussieht, ist ein kleiner Teil eines großen Verbrechens: Kinderschänder aus dem Westen wandern in den Inselstaat aus, um sich leichter an Jungen vergehen zu können. Im Schatten von Sextourismusschlagzeilen aus Kambodscha, Thailand und den Philippinen missbrauchten Exilpäderasten in Indonesien jahrzehntelang ungestört Kinder.

Dr. Suryani ist eine kräftige Balinesin mit rundem Gesicht, sie trägt ein weites Gewand, keine Schuhe. "Letztens war wieder ein Junge bei mir", sagt sie ruhig, "ein Ausländer war in ihn eingedrungen." Dr. Suryani leitet CASA, das Komitee gegen sexuelle Misshandlung in Bali. In ihrem Büro steht ein großes Sofa mit rotem Samtbezug, darauf sitzt am Fußende ein Teddybär. Dort lag im Februar auch ein Opfer von Tony. Der Junge konnte wochenlang kaum gehen, weil er Entzündungen im After hatte. Mit Hypnose versuchte Dr. Suryani, seine psychischen Wunden zu heilen. "Es geht ihm nicht besser", sagt die Ärztin leise. Tony hatte im Januar einen 13-Jährigen und einen 15-Jährigen zum Nacktbaden gelockt und sich dann an beiden vergangen.
Weil die Jungen zur Polizei gingen, kam die Tat vor Gericht. "Eine große Ausnahme", meint Dr. Suryani. "Opfer gehen praktisch nie zur Polizei. Es ist schwierig, über das Erlebte zu sprechen. Und es fehlt Vertrauen zu Polizeibeamten."

Wolken kleben an den Hängen des Pohan-Vulkans. Es nieselt, leichter Wind treibt dünne Nebelschwaden. Oben, in der Mitte von Bali, ist die Luft klar und kühl. Am Bratan-See spielen Touristen für 100 US-Dollar Golf. Danach fahren sie zurück in den Süden, in die schicken Hotels und Villen von Ubud oder Nusa Dua. Auf der anderen Seite des Vulkans liegt ein anderes Bali: Der Norden und der Osten sind trocken und arm. Dort sind hinter dem mächtigen Agung-Vulkan Dörfer, in denen Kinder in Lumpen barfuß über Lehmboden laufen. Im armen Osten und Norden bedienen sich die Päderasten. "Alle sind Weiße. Sie sprechen Indonesisch und Balinesisch", steht in einem unveröffentlichten UN-Bericht, "sie bieten sich als Pflegevater für Kinder an, zahlen Essen und Schulgebühren, den Eltern geben sie Geld. Wenn Vertrauen aufgebaut ist, nehmen die Ausländer ihre Opfer zu Ausflügen oder für immer mit." Manche Päderasten sollen Stiftungen für Kinder gegründet haben. Ein Franzose habe von Mitte der siebziger Jahre an Jugendliche misshandelt, Dorfbewohner vertrieben ihn erst 2001. Laut UN-Papier schätzen Ermittler, dass es in Ost- und Nordbali Tausende Opfer gibt.

Vom Pohan-Vulkan führt die Straße in Serpentinen herunter zu Balis Nordküste. Hier wohnt Alit Kertaraharja, ein Ermittler von CASA. Er sucht seit Jahren Päderasten und warnt in Dörfern vor allein stehenden Ausländern, die Hilfe für Jungen anbieten. So wie "Helfer" Dolly Dunn, der jahrelang zwischen Lombok und Bali pendelte. Er gab Kindern Drogen, sobald sie benebelt waren, begannen Dollys Sexspiele samt Analsextortur. Der Australier wurde erst an seiner nächsten Reisestation verhaftet, in Honduras. Ermittler Alit erzählt von dem Deutschen O., der im Süden gewohnt, ständig Mädchen aus Osten abgeholt und in ein Hotel im Norden gebracht habe. "Wir haben die Polizei über so viele Fälle informiert, mit zwei Ausnahmen tat sie nichts", sagt Alit ernst. "Viele Beamte haben keine Ahnung von Päderastie. Andere sind faul. Manche wissen alles und werden von den Ausländern geschmiert. Im Moment fordern wir vergeblich Ermittlungen gegen einen Briten in Ostbali und einen Franzosen in Lovina."

Lovina ist das einzige Touristenzentrum in Nordbali: Schöne Delphine schwimmen vor einem hässlichem Strand aus schwarzem Sand. Agus, ein 22-Jähriger mit Augenringen, sitzt auf einer dreckigen Steinbank und starrt aufs Meer. "Ich kenne alle, die hier mit der Sache zu tun haben", meint er kalt. Über sich sagt Agus nur: "Ich war lange dabei und bin ihnen jetzt zu alt. Jetzt lasse ich sie genauso fallen. Nach Mario muss auch der Franzose weg." Agus war jung, als er Mario Mannara traf. Er nickt kurz mit dem Kopf nach rechts, in Richtung des Hotels, in dem der Päderast aus Italien verhaftet wurde.

Der Hotelmanager soll für Geld Dutzende Kinder zu Mannara gebracht haben, auch Agus. Das gleiche tat der Manager angeblich auch für M., einen Franzosen. Er kam als Tourist und zog Ende der neunziger Jahre als Rentner nach Lovina. "M. mag Zehnjährige", sagt Agus, "er verschenkte reihenweise Fahrräder, Jungs standen Schlange. Nachmittags lud er 20 zum Essen ins Hotel ein und suchte ein paar aus, die übernachteten. Ich habe gesehen, wie M. Oral- und Analsex mit ihnen hatte.
Heute treibt er es diskreter, holt Kinder aus Ostbali in sein Haus."

M. wohnt über Lovina. Vom Strand landeinwärts steil bergauf, dann rechts ab und durch ein kleines Tal, das weiße Haus steht an einem schönen Flecken: Vulkan im Rücken, links und rechts Reisterrassen, geradeaus geht dunkelblaues Meer in hellblauen Himmel über. "M. ist nicht da", sagt eine Frau an einem Kiosk, "klar hat er ab und an Jungs bei sich, das weiß doch jeder." Als der Italiener Mario festgenommen wurde, versuchte M., sein Grundstück zu verkaufen. Päderasten-Jäger Alit gab sich als Makler aus, beim Hausbesuch seien vier Jungen da gewesen. Eine Mutter aus der Nachbarschaft sagt, dass ihre Kinder nicht mehr zu M. dürften. "Da passiert Schlechtes", sagt sie nur. In der Gegend führt ein Deutscher ein Restaurant, der mit dem Franzosen Karten spielt. Ihm sei nichts aufgefallen. "Ach ja, ich habe gehört, dass M. einen meiner Angestellten missbraucht habe", sagt der Deutsche dann plötzlich, "und M. hat mir erzählt, dass er Kinder aus einem Heim holen wollte, wo die Zustände erbärmlich seien. Komisch."

Balis Hauptstadt Denpasar, Polizeihauptquartier, erster Stock: Im Büro des Polizeichefs Made Pastika summen zwei Klimaanlagen. "Ja, ich habe gehört, dass es bei uns ein Päderasten-Netzwerk gibt. Und ich glaube das. Aber wir haben keine Beweise." Der angesehene Pastika gilt als unbestechlich, kompetent und fleißig. Warum gab es dann seit Januar, seit der Festnahme des Kinderschänders Tony, keinen weiteren Ermittlungserfolg? "Ein Problem ist, dass Dorfbewohner Ausländer schützen, sie erkennen Päderasten selten, sie glauben, die Männer helfen ihren Kindern nur. Opfer reden aus Scham nicht.
Schweigen, Armut und balinesische Gutgläubigkeit werden von Kinderschändern ausgenutzt." Auf Bali leben viele Ausländer. Fast alle sind unbescholten, manche helfen Armen ehrlich, Generalverdacht wäre falsch.

Die Propellermaschine surrt über das Meer, 25 Flugminuten liegen zwischen Bali und Lombok. Die Inseln ähneln sich: stolze Vulkane, Touristen, die an schöne Ecken Geld bringen, Armut in entlegenen Gegenden, viele korrekte Auswanderer. Und einige Exilpäderasten. "Allein zu mir kommt alle vier Monate ein verletztes Kind. Wenn ich nur an die Dunkelziffer denke, wird mir schlecht", sagt Dian Aryani von der Tunis-Alam-Stiftung. Dian hilft Kindern, die sexuell missbraucht wurden. Im hinteren Teil ihres Hauses liegen kleine Badeschlappen vor Türen. Wer nicht weiter weiß, darf einziehen. "Einmal kam ein Junge, der aus dem After blutete. Trotz ärztlicher Hilfe dauerte es Tage, bis das Bluten aufhörte. D. hatte ihn verletzt." D. ist ein auf Lombok berüchtigter Holländer. Er soll nach den Kriterien Aussehen, Verschwiegenheit und Gehorsamkeit Jungen für "Stipendien" aussuchen, soll Dutzenden das Schulgeld bezahlt und sich an ihnen vergangen haben.

In Lomboks Touristenzentrum Senggigi säumen wenige gute und viele durchschnittliche Hotels die Küstenstraße. Eines hatte P., ein anderer Holländer, zum Päderastennest gemacht. "Der Chef ist nicht da", sagt ein Kellner und geht schnell weg. In einem ähnlichen Hotel auf der anderen Straßenseite wollen Angestellte sich auch nicht unterhalten. Ihr bester Stammgast ist ein Deutscher mit Vollbart. J. kommt seit gut 20 Jahren, er soll ebenfalls "Stipendien" vergeben und immer viele Jungs und eine Videokamera auf dem Zimmer haben. Filme mag wohl auch D., ein weiterer Deutscher, der in Senggigi ein Haus hat und dort Kindern Pornos zeigen soll. D. wird von vielen Jungen mit Spitznamen "Große Bank" genannt, weil er ihnen oft Geld gibt.

Wenn am Strand kitschig schön die Sonne ins Meer fällt, stapfen müde Surfer mit ihren Brettern unter den Armen aus dem Wasser. Der beste Surfer in Senggigi ist ein 30-Jähriger mit strahlend weißen Zähnen. Früher war er Straßenkind, Beute von Päderasten. "Sie agieren so dreist", meint er, "dass bei uns auf Lombok noch nie einer verhaftet wurde, ist unfassbar."

Wir müssen selbst die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.
Mahatma Gandhi


[editiert: 11.11.04, 23:02 von Redaktion]
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